Hallo,
ich möchte einen wichtigen Punkt zu bedenken geben. Respektlosigkeit zeigt sich nicht immer nur in offensichtlich respektlosen Worten. Auch wenn man, wie du immer möglichst ruhig und vermeintlich sachlich bleibt, kann man respektlos sein.
Ich vermute, dass er sich von dir überhaupt nicht respektiert fühlt (Auch wenn du ihm nie den Vogel zeigst und keine Schimpfwörter benutzt und nicht laut wirst.) Du gibst ihm vermutlich (bewusst oder unbewusst) häufig das Gefühl, als würdest du ihn nicht als ebenbürtigen Partner sehen. Ich weiß nicht, ob das wirklich stimmt, aber ich kann gut nachvollziehen, dass er so empfindet, weil auch ich bei deinen Beiträgen diesen Eindruck gewinne. Dein Verhalten legt diese Vermutung nahe, auch wenn sie vielleicht falsch ist. Das heißt, dass auch du an deinem Verhalten arbeiten musst und nicht nur er.
Hast du mal versucht, seine Vorwürfe, die dir so ungerechtfertigt erscheinen, tatsächlich ernst zu nehmen, statt ihm immer nur zu sagen, dass sein Eindruck falsch ist?
Wenn ich ihn darauf anspreche, dass es mich verletzt winkt er ab und stellt sich selbst als Opfer hin. Ich habe ihm nach unserer letzten Diskussion gesagt, dass ich seine Art und Weise mit mir zu reden nicht in Ordnung finde und es mich verletzt und ich mich über eine Entschuldigung freuen würde. In ruhigem Ton, wie immer. Er antwortete, dass ich mich eigentlich entschuldigen müsste, weil ich ihm solche Vorwürfe machen würde, ob ich denn wirklich so schlecht von ihm denken würde ect.
Ich war erstmal vor den Kopf gestoßen und reagierte ruhig aber bestimmt, dass ich nicht schlecht von ihm denken würde, es sei einfach Verhaltenskritik, die ich ihm mitteilen würde. Ausserdem war der Wunsch auf Besserung seines Verhaltens ja auch einfach nur ein WUNSCH. Kein Befehl.
Kannst du erkennen, dass du ihn mit dieser Reaktion nicht ernstnimmst? Du vermittelst ihm damit nur, dass sein Eindruck falsch ist, dass er falsch liegt und somit der Fehler bei ihm liegt. Also im Endeffekt wieder, dass er dir nicht ebenbürtig ist. Eine wirklich gute Kommunikation deinerseits, wäre gewesen, wenn du ihn Ernst genommen und gefragt hättest, warum er glaubt, dass du schlecht von ihm denkst. Aber bitte nicht mit einem "Warum denn das, das stimmt doch gar nicht!" oder ähnlichem, sondern eher mit einem: "Oh je, wirke ich tatsächlich so? Das tut mir leid! Womit hab ich diesen Eindruck erweckt?" Wenn er dir dann gesagt hätte, was an deinem Verhalten ihn glauben lässt, dass du schlecht von ihm denkst, wäre es weiterhin wichtig, das Ernst zu nehmen und nicht damit abzutun, dass er da was missverstanden oder ihn den falschen Hals bekommen hat. (Noch schlimmer wäre es natürlich, die beleidigte Leberwurst zu spielen.
) Ernst nehmen heißt, ehrlich versuchen zu verstehen, warum dein Verhalten solche Gedanken in ihm auslöst. (Wenn du es nicht nachvollziehen kannst, dann weiter nachfragen.) Das heißt aber wiederum nicht, dass du Verständnis heucheln sollst, wo keines ist. Wichtig ist vor allem das ehrliche (!) Bemühen, es zu verstehen. Dafür musst du aber auch bereit sein, dich selber und dein Verhalten in Frage zu stellen und nicht immer nur davon auszugehen, dass lediglich er etwas ändern muss.
Wir machten ab, dass ich mich melden würde, sobald ich wüsste, bis wann die erste Sitzung dauern würde
Dein Beispiel mit der Nachhilfe zeigt recht schön, dass du wenig Bereitschaft zeigst, den Fehler auch mal bei dir zu suchen. Wie Nordrheiner bereits schön erklärt hat, war es hier völlig nachvollziehbar, dass dein Freund davon ausging, bereits frühzeitig eine Nachricht mit einer groben Einschätzung der Lage, von dir zu erhalten. Deshalb wäre eine Entschuldigung deinerseits eigentlich nicht zu viel verlangt gewesen. Wäre dir ein Zacken aus der Krone gebrochen, wenn du gesagt hättest: "Tut mir leid, da hab ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich dachte, es sein klar, dass ich mich erst melde, wenn ich fertig bin. War blöd von mir. Habs nicht böse gemeint."
Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass ich mit meinem Beitrag keineswegs sagen möchte, dass er alles richtig und du womöglich alles falsch machst. Es geht nicht um richtig oder falsch. Es geht einfach um ein gutes Miteinander und zu diesem trägst du, so scheint mir, nicht wirklich viel mehr bei, als er. Du kannst nicht ihn verändern, indem du stur auf deinem Standpunkt bleibst. Ich denke, er bräuchte viel mehr echte (!) Wertschätzung von dir, damit er nicht dauernd das Gefühl hat, sich rechtfertigen und verteidigen zu müssen. Dadurch besteht vielleicht die Chance, dass zwischen euch eine Atmosphäre wächst, in der er auch deine Verletzungen und damit deine Kritik an seinem Verhalten, annehmen und daran arbeiten kann.
Liebe Grüße
M.