Hallo Lena,
habe Dank für Deine Antwort! Mir fällt es schwer meine Gedanken bezüglich des Themas zu "ordnen". Aber ich will es dennoch versuchen.
Aus einer Begegnung mit einer gläubigen Christin heraus entstand vor kurzem der Wunsch, manches von dem, was sie erlebt, lebt und ausdrückt durch ihr Leben nachvollziehen zu können. Da ich selbst jahrelang nach meiner ganz persönlichen "Wahrheit" gesucht habe, sehe ich in dem Glauben an Gott und die Bibel ebenfalls den Wunsch nach Erkenntnis (der eigenen Wahrheit).
Ich selbst kann jedoch in der Bibel kaum etwas finden, was mich anspricht. Das Leben des Jesus als Sinnbild für Auf- und Hingabe ist ein leuchtendes Beispiel, welches mich durchaus berührt. Er - Jesus - hat weiss Gott seine persönliche Wahrheit in absoluter Bedingungslosigkeit gelebt.
Was er getan hat, war eine einzige Rebellion gegen das damals Vorherrschende, gegen die Lehrmeinung der Priester, gegen die gesellschaftlichen Werte und Normen. Er hat einzig sich selbst, seine
Erkenntnis der Wahrheit und Wirklichkeit als Mittelpunkt gesehen und gelebt, was seiner Meinung nach das "Richtige" war. Wundervoll!
Doch das kann unter keinen Umständen übernommen oder gar "nach gelebt" werden. Sein Tun und Handeln entsprang seiner Wahrheit, bzw. der ihm gegebenen Erkenntnis, dass es da etwas gab, was ihn führte, sich durch die Aufgabe der persönlichen Geschichte (seiner Wünsche und Begierden) durch ihn ausdrückte. Er nannte es "Gott".
Es ist und bleibt mir jedoch unverständlich, wie Menschen auch heute noch die Bibel zB wortwörtlich nehmen können. Die Menschen beschrieben Jesus Leben, Gott aus ihrem damaligen Empfinden und alltäglichen Leben heraus. Und darin einen absoluten Leitfaden für das eigene Leben zu sehen, ist für mich kein Fortschritt (nicht einmal in spiritueller Hinsicht) sondern ein einziger Rückschritt. Es blendet die Entwicklung der Menschheit der letzten
2000 Jahre nahezu vollständig aus, sofern ein lebendiger Austausch ausbleibt. Und dieser kann in meinen Augen nur bedeuten, dass ein jeder für sich persönlich nach Berührungspunkten in seinem Leben sucht.
Deswegen fragte ich auch nach einer möglichen kritischen Auseinandersetzung.
In uns ist alles enthalten. Darin liegt Lebendigkeit. Dazu braucht es keinen Gott noch einen Teufel. Keine Hölle oder die Verdammnis. Wir sind dazu verdammt zu leben. Das ist die einzige Parallele die ich erkennen kann. Doch dies ist nicht die "Hölle auf Erden", so es sich immer wieder auch so anfühlen mag. Es gibt immer wieder einen Morgen, der die Möglichkeit des Paradieses beinhaltet.
Im Erkennen der persönlichen Wahrheit, des Lebenssinns drückt sich für mich die Möglichkeit aus, in den "Himmel zu kommen". Aber - "Hier und Jetzt". Worauf warten, wenn das Himmelreich schon da ist und für jeden zu jeder Zeit zugänglich? Diesen "Sinn" - diese "Wahrheit" zu erkennen - das ist der "wahre" Leidensweg, dass ist für mich so etwas wie "Kreuzigung". Denn darin kann die Erkenntnis liegen, dass das eigene Leben gegenüber dem "Unbekannten" so nichtig ist, dass in der Hingabe etwas unfassbares geschieht - Leben. Unbedingt und absolut frei von jeglicher Vorstellung. Kein "Bild", dass die Wirklichkeit verhüllt sondern einfaches Sein ohne Bedingungen. Darin aufzugehen heisst, dass die Vorstellung von uns selbst als unabhängige Identität "stirbt", sich auflöst. Darin könnte man durchaus so etwas wie "Wiedergeburt" sehen. Aber "jetzt und hier".
Buddha, so heisst es, wurde vom Kaiser gefragt, welches der höchste Sinn der "heiligen Wahrheit" sei. Er antwortete "Offene Weite, Nichts von heilig."
Das ist es, was mir widerfahren ist. In der Suche nach Gott, nach mir fand ich oder fand mich dieses "Offene" - darin ist alles. Und nichts. Das zu erklären ist mir nicht gegeben. Das zu definieren lehne ich ab.
Das Leben geschieht "Jetzt". Und gerade "Jetzt" ist da das Paradies, das Himmelreich Gottes gegenwärtig. Und Gott, so scheint mir, ist auch nur ein weiterer Ausdruck für - ICH.
Herzlichst
Raaspo