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(Co-)Alkoholiker und Wut auf den Alkoholiker trotz eingeschränkten Kontakts

D

David Banner

Gast
Hallo!

Ich habe ein "Problem" mit einem alkoholabhängigen Mitglied meiner Familie, meiner (2 Jahre jüngeren) Schwester.
Dass sie Alkoholikerin ist, steht fest, das ist nicht nur eine Befürchtung.

Ich habe seit einiger Zeit nur noch sehr, sehr wenig Kontakt zu ihr, was mir nach diversen Katastrophen (Anrufe morgens um halb vier "Ich kann mich nicht bewegen, was soll ich tun" etc) gut tut. So langsam kriege ich mein eigenes Leben wieder auf die Reihe und denke, dass ich das akute Co-Problem langsam in den Griff kriege.

Meine Frage an euch:
Wie geht ihr mit der Wut um?

Ich bin diffus wütend, weil:
- sie mit ihrem Verhalten meine Familie zerstört hat
- meine Mutter an ihr festgehalten hat, obwohl das Leben mit ihr unerträglich war
- ich nicht früher irgendwas unternommen habe und da ausgezogen bin
- sie mich früher immer beschimpft, beleidigt, ausgelacht hat
- sie mich im Umfeld blamiert hat
- sie einfach nicht kapiert, dass nicht die ganze Welt böse ist, sondern dass ihr Verhalten verursacht hat, dass sie ist, wo sie ist
- sie immer nur sich sieht und was ihr angetan wurde
-...

Die Liste ist lang. Ich bin auf meine Mutter, auf mich, auf sie wütend. Aber jetzt ist sie ja "krank" und es gibt da dieses kindliche Bewusstsein in mir, das denkt, Kranken kann man nichts vorwerfen. Argh!

Ich dreh mich ein bisschen im Kreis und wär froh, mal eine Stimme von außen zu hören, die da ganz unbefangen herangeht.

Danke! :)
Hallo Joey,

eine richtige 100 % Antwort gibt es (meiner Meinung nach) hierbei kaum.

zur Wut auf Deine Mutter:

Einerseits ist die Wut auf Deine Mutter wahrscheinlich daherkommend, dass Du denkst, Deine Mutter müsste sich anders verhalten gegenüber Deiner Schwester - Die Mutter ist allerdings selbstverantwortlich - oder anders: wenn Du Deine Wut in Abhängigkeit zu dem Verhalten Deiner Mutter setzt, bist Du abhängig; und hast als einzige Chance die Hoffnung, dass Deine Mutter ihr Verhalten ändert.

Also der Stressfaktor auf Deine Mutter ( Deine Wut betreffend) kann evtl. reduziert werden; wenn Du es annehmen kannst, dass Deine Mutter ihr Verhalten so händelt, wie sie es möchte und kann.

Ich gehe davon aus, dass dies sehr schwer ist, einem nahestehenden Menschen diese Freiheit einzuräumen, dass er sein Verhalten so händeln kann, wie er das möchte ( Ich drücke Dir dabei die Daumen, dass Du es schaffst, gelassener gegenüber dem Verhalten Deiner Mutter zu werden; denn falls Du es schaffst, dann wirst Du hierbei Erleichterung finden; Deine Wut betreffend).

zur Wut auf Deine Schwester:

mm... klingt wie ein schwerer Vorwurf, wenn Deine Schwester die Familie zerstört hat. Wenn dem so ist (das setze ich voraus), dann haben die Angehörigen Deiner Familie (vermutlich) ein ähnliches Problem wie Du mit ihrem Verhalten zu Deiner Schwester. Denn: wenn jemand krank ist, und die wollen vielleicht gerne die Schwester verantwortlich sehen für ihr Handeln, dann reagieren sie vermutlich genervt auf das Verhalten der Schwester.

Inwieweit es besser ist, dann eher gelassener auf das Verhalten der Schwester zu reagieren, oder der Schwester Aufmerksamkeit zu schenken... - die Grenzen werden mitunter fliessend, wenn jemand nervlich erkrankt ist ( habe sowas ähnliches mal erlebt)... also es ist ja vermutlich keiner in Deiner Familie ein ausgebildeter Therapeut, Psychologe oder ähnliches ( wobei die vermutlich bei Ihrer eigenen Familie auch anders, als in den Lehrbüchern, reagieren würden)... der die Sache entsprechend distanziert beurteilen könnte; und einzuschätzen vermag, was Deiner Schwester am ehesten hilft.

Das eigentliche Problem ist meiner Meinung nach: Das Verhältnis zu optimaler Hilfe für Sie; und im Umkehrschluß auch: die eigene Einsicht - inwieweit vermag Deine Schwester sachlich ihr Problem zu artikulieren? Inwieweit vermag Deine Schwester sachlich nach Hilfe zu bitten?

Denn ab dem Punkt, wo Deine Schwester selber ihre Situation erkennen kann, kann die Hilfe viel besser sie erreichen.

Und ich kann mir gut vorstellen, dass der Prozess zwischen Wut, Hilflosigkeit, Helfen wollen und teils Gleichgültigkeit hin- und herschwenkt...

Und mitunter ist die Entscheidung eine Entziehungskur für die Schwester zu beschließen nach aussen vielleicht ein guter Gedanke... - aber so kann das Leben ein Leben lang ein Mysterium bleiben; wenn Deine Schwester diese Einsicht bei sich selber keinesfalls hat; sondern sich (unterbewusst womöglich) über Anerkennung und Beachtung von der Familie freut; weil sie so sich gesehen fühlt... und vielleicht selber schlecht bemerkt, wie es ihr wirklich geht - und was sie den anderen antut... -

Das alles ist von aussen schwer zu beurteilen - Du kannst im Grunde zwischen 2 Extremen wählen:

1.) Deine Schwester ist zurechnungsfähig und erkennt ihr Problem; dann ist sie auch verantwortlich für ihr Handeln; und Deine Wut ist berechtigt, wenn sie offensichtlich der Familie schadet...

2.) Deine Schwester ist in ihrem Krankheitszustand auf schwer nachvollziehbare Weise gefangen... und es ist schwer eigene Einsichten von ihr zu hören - in diesem Fall würde ich die Wut nochmal überdenken..

In jedem der beiden Fälle ist es genauso wie bei der Wut auf Deine Mutter:

Nämlich: Es ist die Wut auf jemand anderen. Welche Garantie Dir deine Schwester geben kann, ihr Verhalten zu ändern... ist schwer zu sagen - auf jeden Fall auch hier: wenn Du dich abhängig von der Erwartungshaltung gegenüber dem Verhalten Deiner Schwester ( betreffend Deiner Wut) machst, dann kann es sein, dass Du länger auf sie wütend sein wirst.

Entspannender wäre die Einsicht, wenn Du es (irgendwie) hinnehmen könntest, dass Deine Schwester (vermutlich nur zum Teil) ihr Verhalten selber bewusst steuert; und somit verantwortlich ist.

Dann könnte Dich diese Wut kaum in Beschlag nehmen.

zur Wut auf Dich selbst:

( Das Du nicht früher reagiert, und da weg gezogen bist):

- Das ist die Situation, wo Du am Meisten etwas für Dich aktiv tun kannst.

Wie Du über Dich selber denkst.
Wie hart Du über Dich urteilst, was Dein Verhalten (z.b. früher da weg zu ziehen) angeht.

Wenn Du dir selber leichter, oder eher verzeihen kannst; bzw. lernen kannst Dir zu verzeihen und Fehler einzuräumen...

dann wirst Du schon bald bei der Wut auf Dich selber Dich erleichtert fühlen, weil die Wut verschwinden wird.

Liebe Grüße

David :)
 
Zuletzt bearbeitet:
T

Tztz...

Gast
Und man sieht ja ganz deutlich wie sehr Du unter der Alkoholkrankheit Deiner Schwester leidest, wie soll es dann denn erst Recht einem Kind gehen?
Sehe ich ähnlich wie die TE. Da werden mal wieder Eltern- und Kinderrechte missachtet (Recht auf beide Elternteile, Eltern- und Kinderrecht, Kinderrechtskonvention usw.), um Familien auseinanderzureißen und Märkte zu bedienen.

Familien zu unterstützen, anstatt sie zu zerstören, gibts schon lange nicht mehr, und Querdenken noch weniger.
 

Tuesday

Aktives Mitglied
Es ist nur etwas völlig anderes, aufgrund dieser Gefühle blind zu handeln.
Mit der Wut: Es befreit mich ganz einfach. Wenn ich diese Wut annehme als mein Gefühl, das nunmal gelegentlich da ist und sie nicht innerlich bewerte, abwerte und wegdrücke, dann geht es mir besser, dann erlaube ich wenigstens mir, so zu sein. Das ist so, als würde ich sonst versuchen, meine Hand auf dem Deckel eines pfeifenden Teepotts zu haben. Es ist so. Und ich werd einfach zuschauen, wie lang sie bleibt, ob sie sich wandelt und was sie mir sagen möchte.
Gefühle sind nicht logisch und sie fragen auch nicht nach einer Berechtigung. Das ist nicht ihre Aufgabe.

Darum sollte man sie nicht zur Seite drücken. Auch Wut und Aggression haben ihre Zeit und ihren Ort. Dir wurde viel genommen und vieles ging kaputt, was dir wichtig war. Die Wut ist ein Zeichen von Selbstwert. Niemand hat das Recht, dir Dinge wegzunehmen, irgendetwas zu zerstören, was dir wichtig ist, deine Grenzen zu überschreiten oder dir eine Verantwortung aufzudrücken, die einfach nicht deine ist.

Es ist nur etwas völlig anderes, aufgrund dieser Gefühle blind zu handeln. Damit nämlich verletzt du wieder andere.

Es geht eher darum, dass du lernst, Grenzen zu ziehen und auf Abstand zu gehen. Das ist dir gelungen. Damit hat die Wut etwas Gutes in deinem Leben bewirkt und so sollte es bleiben.

Auch Menschen, die krank sind, haben eine Verantwortung. Man kann nicht sagen, man sei ja schließlic halkoholkrank. Wenn man das durchgehen lässt, ist das ein Zeichen von Co-Abhängigkeit. Man unterstützt damit die Sucht des Anderen, indem man ihm die Verantwortung abnimmt. Erst dann, wenn du ihm die Verantwortung zusprichst und Konsequenzen ziehst, zwingst du den Kranken dazu, dass er etwas in seinem Leben ändert.

Natürlich kann man einen völlig zugedröhnten Menschen nicht zur Rechenschaft ziehen. Das tut das deutsche Recht auch nicht. Da greifen dann mildernde Umstände. Aber je nach Tat führt es immerhin zur Bewährung, will heißen, man bekommt eine Chance, aber wenn man sich keine Hilfe holt und sich der Zustand nicht bessert, muss man seine Strafe absitzen. So ist es bei deiner Schwester. Du kannst ihr nicht die Verantwortung zuschieben, in den Momenten, in denen sie völlig besoffen ist. Aber es gibt trockene Momlente dazwischen, in denen sie handlungsfähig ist und in denen sie die Wahl hat. Genau dann kannst du die Grenze ziehen und genau dann kannst du sie in die Verantwortung nehmen. An der Stelle nämlich kann sie sich Hilfe holen. Dann ist ihre Krankheit keine Entschuldigung mehr.


Tuesday
 

Fragende

Aktives Mitglied
@Fragende: Da hast du einige sehr wertvolle Hinweise gegeben. Genau das "Spinnennetz" an gegenseitigen Erwartungen etc ist das, worin ich lange Zeit geklebt habe. Jetzt kann ich es wenigstens sehen. Ich denke, das entwickelt sich, wenn man innerlich immer auf der Lauer liegt und schon die Ohren spitzt, ob irgendwo grad eine Katastrophe anrollt... wenn man über Jahre so auf der Lauer gelebt hat, ist es ziemlich schwierig, das abzustellen. Man ist irgendwie übertrieben wachsam.
Klar bist du übertrieben wachsam und hast Angst. Das ist einer der Schäden. Die Angst vor solchen neuen Katastrophen ist sehr groß. Schon alleine deshalb, weil man das nicht wirklich beeinflussen kann. Man muss die Katastrophe aushalten, wenn sie da ist, kann aber vorher nichts verhindern oder verändern. Da fühlt man sich ausgeliefert und das ist ein schlimmes Gefühl.

Mit der Wut: Es befreit mich ganz einfach. Wenn ich diese Wut annehme als mein Gefühl, das nunmal gelegentlich da ist und sie nicht innerlich bewerte, abwerte und wegdrücke, dann geht es mir besser, dann erlaube ich wenigstens mir, so zu sein. Das ist so, als würde ich sonst versuchen, meine Hand auf dem Deckel eines pfeifenden Teepotts zu haben. Es ist so. Und ich werd einfach zuschauen, wie lang sie bleibt, ob sie sich wandelt und was sie mir sagen möchte.
Apropos gegenseitige Abhängigkeit. Du machst es davon abhängig, ob du wütend sein darfst oder nicht, wie die Krankheit deiner Schwester einzuschätzen ist. Weißt, wie ich das meine? Du bist nicht sauer, weil du eben sauer bist. Sondern du sagst, ich wäre gerne sauer, aber dazu müsste ich wissen, ob meine Schwester jetzt krank, sehr krank oder gar nicht krank ist. Warum? Du kannst doch sauer sein, wann immer du willst. Das ist doch deine Sache :) Es gibt auf der Welt keine Art von 'Bußgeld-Katalog', wo drin steht, über was, warum oder wann man über was, warum oder wie sauer sein darf. Das hört sich jetzt sicher erst mal komisch an. Aber ich meine das nicht schlimm. Gar nicht. Es kann auch entlasten, wenn man sich das klar macht. Du darfst sauer sein, wann immer du willst, auf was du willst und warum du willst. Und das bestimmst du alleine :)

Oder anders gesagt, nur du selbst, kannst dir diese Wut 'erlauben'. Ich kann dich schon gut verstehen. Mir wurden auch so manche Gefühl 'weggeredet'/abgesprochen. Ich weiß, es ist schwer, dann trotzdem die Gefühle zu finden und halten.

Es würde dir jetzt auch nicht mehr wirklich was nützen (denke ich), wenn deine Schwester sagen würde, dass du auf sie sauer sein kannst. Dann würde wahrscheinlich eher was Anderes passieren. Du würdest es dir nicht mehr erlauben, wütend zu sein, weil sie es jetzt doch eingesehen hat... ;)

Die Idee von Gast in eine Gruppe für Co-Abhängige zu gehen, finde ich sehr gut. Oft stellt sich da dann raus, dass die kranke Familienstruktur auch schon lange vor der substanzbezogenen Abhängigkeit da war. Und dass das nicht unbedingt was mit Alkohol oder Drogen zu tun hat.

Ist wirklich auch sehr spannend, was man darüber alles lernen kann. Zum Beispiel ist so eine kranke Familienstruktur, wenn es ein schwarzes Schaf (also im Sinne von: hat nichts wirklich gemacht, ist aber immer Schuld) in der Familie gibt.

Lieben Gruß
Fragende
 
G

Gast

Gast
Folgendes: Ich kann verstehen, was du meinst, ok. Von außen betrachtet ist das immer so einfach: Da ist einer, der trinkt und da ist die "doofe" Frau/ Mutter/ Kind oder der "blinde" Vater/ Partner/ Kind oder sonst was. Hahaha, die sind ja doof, das die sich das geben, was? Könnten doch einfach rausspazieren! Gibt ja überall Hilfe, finanziell abhängig ist eine Frau ja nicht mehr, seit sie fröhlich hartzen kann, ist ja in unseren Zeiten auch nicht mehr das Sozialstigma, nicht mehr die Schande im Dorf etc... (in kleinen Dörfern wirst du diesen Ruf übrigens nie wieder los.)

Ganz knallhart: Auf deiner Argumentationsschiene könnte man nun sagen: So ein blöder Sohn, der hätte doch einfach zum Jugendamt gehen können! Die helfen dabei doch! Gibt doch überall Anlaufstellen!
Aber ist das fair?

Ich will dich nicht angreifen, ich bitte dich, das zu Ende zu denken:

Meine Frage an dich: Wie soll ich ein Problem lösen, dass ich nicht mal als solches sehen kann? Man SIEHT es nicht. Das ist ja das Verheerende daran. Ich bin nun echt nicht blöd, aber ich habe es einfach nicht sehen/ mir eingestehen können. Du findest immer einen Weg, das auszublenden, es zu rechtfertigen.
In diese Geschichte rutscht man derart unversehens rein, dass ich dein Statement mit "hätte sie sich doch einfach getrennt, weil sie Verantwortung für ihren Sohn übernommen hat" einfach nicht gelten lassen kann.
Wieder meine Frage: Mit wievielen Alkis hattest du zu tun und bist du selbst Co-Alki?

Ich würde dich gerne auf eine gedankliche Reise einladen und ich würde mich ehrlich freuen, wenn du versuchst, dir das vorzustellen - vielleicht kannst du dann verstehen, warum ich bei deinen Statement etwas unfreundlich geworden bin:
Du hast einen Partner, den du sehr liebst. Ihr habt einen Sohn, er ist klein und dein Glück scheint perfekt. Endlich hast du eine kleine Familie und das Leben könnte nicht besser laufen. Wäre da nicht...
Erst ist es eine "Entspannung" - naja, das Feierabendbier. Ist doch normal, dass Männer Bier trinken, nicht wahr? Außerdem ist er dann immer so locker und charmant.
Dann ist es eine berufliche Stressphase - nun ja, dann gönnt er sich halt abends mal ein zweites Bierchen. Der Arme, damit kommt er wenigstens herunter.
An den Wochenenden geht ihr "feiern" - ihr seid ja noch junge Eltern und in geselliger Runde trinkt man mal über den Durst. Aber es ist so schön, wenn er lacht und entspannt ist!
Und dann ist da noch das harte Leben, das er hatte - da kann man das ja verstehen, dass er hin und wieder trinkt... gut, irgendwann braucht er dann morgens einen Schnaps, um mit dem Chef klarzukommen. Dass er dann noch fährt, gefällt dir nicht, aber was solls. Dann hat er wenigstens ruhige Hände...

Es geht immer so weiter. Ich habe es nicht mal geschnallt, als meine Schwester (mindestens) einen Sechserträger am Tag platt machte. Sie konnte schon früher eine Flasche puren Vodka trinken, während ein Kumpel und ich, die uns die andere Flasche geteilt (!) haben, uns die Seele aus dem Leib gekotzt haben.
Ich habe es einfach nicht gesehen. Ein sehr traurigmachender Satz, weil ich mir natürlich auch die Frage stelle, ob ich sie hätte retten können, wenn ich es früher gesehen hätte. Wenn ist das Zauberwort in diesen Geschichten. Wir suchen bei uns die Verantwortung dafür, dass der andere trinkt, wir sind wohl nicht gut genug, denn wären wir es, dann würde er aufhören, oder? Wir versuchen immer mehr zu geben und reinzulieben, irgendwann muss er doch sehen... wir haben so viel gegeben, vielleicht merkt er dann, wie schön das Leben sein kann, dass es Menschen gibt, die ihn lieben... wir versuchen, seine Verletzungen zu kompensieren und ihm zu geben, was die Welt ihm verwehrt hat. Und auch deshalb sind wir blind. So erging es mir auch mit meiner Schwester.
Bei ihrem Leben, sagte ich mir irgendwann, ist das doch verständlich. Anders kann man das nicht verkraften.
Das ging über Jahre so. Letztlich ist es mir klar geworden, aber das bestimmt unrühmliche vier Jahre, nachdem das schon eine manifeste Erkrankung war. Von den früheren Tendenzen ganz zu schweigen.

Kannst du es jetzt ein bisschen nachvollziehen? (Im Übrigen leben wir im 21. Jahrhundert ;) hihihi...)
Wenn ich mich als Erwachsener 15 Jahre meines Lebens selber belüge und schädige, ist das eine Sache. Die Konsequenzen trage ich dann alleine. Wenn Kinder mittendrin sind, dann habe ich die Verantwortung und Pflicht mein Kind zu schützen und dann darf ich mich nicht nur von meinen Gefühlen, Illousionen und meinem Wunschdenken leiten lassen. 15 Jahre ist für Bellchen ihren Sohn die komplette Kindheit, die durch die Alkoholsucht des Vaters und der Co-Abhängigkeit der Mutter geprägt ist.

Und um Deine Frage zu beantowrten, ich hatte noch nie eine Beziehung mit einem Suchtkranken, kenne dieses aber aus meinem Bekanntenkreis und die Kinder sind die, die am meisten unter der Unfähigkeit und Sucht leiden. Da brauchen wir hier nichts schönreden und für alles eine Entschuldigung finden.
 
G

Gast

Gast
Sehe ich ähnlich wie die TE. Da werden mal wieder Eltern- und Kinderrechte missachtet (Recht auf beide Elternteile, Eltern- und Kinderrecht, Kinderrechtskonvention usw.), um Familien auseinanderzureißen und Märkte zu bedienen.

Familien zu unterstützen, anstatt sie zu zerstören, gibts schon lange nicht mehr, und Querdenken noch weniger.
Tut mir leid aber ein Alkoholiker, eine Co-abhängige Ehefrau und Mutter sowie ein von Geburt an unbelastetes Kind. Das soll Familie sein?

Familien unterstützen. Gibt es da nicht genug Möglichkeiten, wenn man Unterstützung auch will? Die gibt es. Nur ist es leider in Alkoholiker"familien" eher so, das alles gerne unter den Tisch gekehrt wird und diese Art "Familie" sich vor Anderen verstellt, lügt und verheimlicht. Der Alkoholiker verheimlicht seine Sucht und der Co-Abhängige deckt diese Sucht und unterstützt sie mit.

Alkohol zerstört eine Familie. Nicht ein Partner, der sich aus einer Suchtbeziehung befreit und seine Kinder vor größeren Schaden schützt!
 
J

Joey_Silver

Gast
Und um Deine Frage zu beantowrten, ich hatte noch nie eine Beziehung mit einem Suchtkranken, kenne dieses aber aus meinem Bekanntenkreis und die Kinder sind die, die am meisten unter der Unfähigkeit und Sucht leiden. Da brauchen wir hier nichts schönreden und für alles eine Entschuldigung finden.
Möge es dir in deinem Leben niemals, niemals, niemals zustoßen, weder bei deinem Partner, noch bei deinen Kindern, noch bei sonstwem, den du liebst.
Du wirfst mir hier offenbar vor, ich würde etwas schönreden ("schönreden" ist so ziemlich das letzte Wort, was ich in diesem Zusammenhang und auch vor dem Hintergrund meiner Schilderungen gebrauchen würde...) und Entschuldigungen finden.
Hier in diesem Thread geht es um mich und meine Schwester. Was also haben deine Aussagen mit mir zu tun und wie helfen sie mir? Was genau wirfst du mir vor, was ich hier selbst nicht schon zur Diskussion gestellt habe?
Es geht hier nicht um Co-Alkoholiker-Mütter und es geht nicht um Bellchens Schicksal, welches du dir anmaßt, von außen ohne Kenntnis ihrer Situation und Person zu beurteilen.
Du versuchst aus meiner Sicht nicht einmal, meine (!) Situation nachzuvollziehen. Ich bitte dich daher, hier nicht mehr zu schreiben. Deine mangelnde Empathie tut mir nicht gut. Es ist für mich ein hochsensibles Thema, eine tiefe Wunde und du führst dich hier auf wie die Axt im Walde. Wenn du deine Meinung dazu sagen möchtest, mach einen eigenen Thread zum Thema auf. So, wie du hier im Schutze des anonymen "Gast-Status" auftrittst, würdest du ja auch nicht in eine Co-Alkoholiker-(Selbst-)Hilfegruppe reinplatzen, oder?
Ich frag mich, warum du hier so vehement auftrittst und was dir in deinem Leben schon passiert ist, dass du dich so gibst.
 
F

Fidelity

Gast
Hallo,


wenn die Wut Dein Hauptproblem in diesem Falle ist, könnte Sport helfen, einfach 2 - 3 mal die Woche auspowern...
evtl. etliche Bahnen schwimmen oder eine größere Wald Strecke joggen, ich fahre gern mal >70 Km Rad an solchen Tagen, abends bin ich dann das was man wohl K.O. nennt...

Wenn es einem an Kraft fehlt, fehlt auch die Kraft für Wut, denke ich zumindest, tatsächlich hat es wohl eher mit dem Hormonhaushalt im Körper zu tun, oder so ähnlich (Glückshormone, Endorfine, etc....).

F
 

Rhenus

Urgestein
Hallo Joey_Silver,

mich wundert, warum du dich als Co-Alkoholiker bezeichnest?
Ich erkenne in deinen Äußerungen nicht, dass du der Sucht deiner Schwester Vorschub leistest.
Außerdem setzt eine berechtigte Wut voraus, soweit Wut überhaupt gerechtfertigt sein kann, dass man tatsächliches vermeidbares Unrecht hinnehmen muss.
Ich lese hingegen aus deiner Darstellung eher ein gewisses Eifersuchtsproblem oder einen Mangel an Annerkennung heraus.
Kranke muss man nicht beneiden.
Innerhalb einer Familie gibt es immer schwächere Mitglieder, die der besonderen Fürsorge bedürfen, darauf sollte man Rücksichten nehmen.
Das magst du als ungerecht empfinden, doch wo steht geschrieben, dass es immer gerecht zugeht und du deine Anerkennung nicht auch irgendwo anders finden kannst.

Ich denke, du solltest als junger Erwachsener nicht deine Gedanken mit unabänderlichen Vergangenheitsgeschichten belasten, die du eh nicht ändern kannst, sondern deinen Blick und Energie auf deine persönliche Zukunft richten. Etwa deine eigene zukünftige Familie, in der du alles besser machen kannst, als das, was du erlebtest.

Lebe jeden Tag wie er kommt, statt dich an Unabänderlichem zu reiben - wenn du hingegen das Änderbare änderst, wird es viel weniger Unabänderliches geben.
 
G

Gast

Gast
Hm,

nach viel Gegrübel:

1) Ich werfe ihr vor, dass sie nicht ist wie ich und es nicht da (aus ihrer Gesamtsituation) raus schafft.

2) Das Leben früher war schon hart genug, bevor sie ausgetickt ist. Ich werfe ihr vor, dass sie mich noch mehr überlastet hat als ich ohnehin schon war. Ich war überfordert, aber es war noch aushaltbar, bis sie durchgedreht ist.

3) Wenn ich sage, dass sie krank ist, nehme ich mir selbst das Recht, wütend zu sein, weil man auf Kranke nicht wütend sein darf. Ich BIN es aber.
Und: Es entwertet diesen Scheiß, der mir mit ihr passiert ist. Es ist dann kein "Unrecht", es gibt keinen "Schuldigen", sondern es ist "Zufall". Es wird nicht gewertschätzt. Ich meine nicht mal, was ich für sie getan hab - das war meine eigene Entscheidung, da verlange ich keine "Dankbarkeit" oder sowas. Aber was ich mit ihr früher erlebt habe und wie schrecklich das war, geht damit unter, weil SIE ja "die Arme, die Kranke" ist.
Wurde mir letztens auch gesagt: Ich wäre ja die Normale und sie wäre die, die in ihrem Leben schon so viel Scheiß erlebt hätte. WTF?
Scheißopferrolle! Das geht mir sowas von auf den Sack! Es ist also "mehr wert" wenn man Alkoholismus als Lösung ansieht als wenn man versucht, entgegen aller Widrigkeiten ein normales Leben aufzubauen und zu halten. Muss man in diesem Scheißland eigentlich erst Junkie, Alki oder sonstwas sein, bis die Leute mal sehen, was man so durchhat? -.-''
Hm, wahrscheinlich nervt mich generell, dass ich auf dieser "sie ist immer die Gute"-Rolle festgenagelt werde und dass automatisch aus meinem jetzigen Leben geschlossen wird, ich hätte es immer leichter, einfacher, besser gehabt. *brainstorming*

4) Und wenn es "Zufall" ist, könnte etwas Derartiges jederzeit wieder passieren. Dann ist es unkontrollierbar.

Thanxx. Jetzt ist mir einiges klarer :)

Wieso warst du früher schlauer als heute? :)
meinst Du nicht, das Du Dich auch in die Opferrolle begeben hast?

Ich lese viel Eifersucht aus Deinem Geschriebenem heraus. Deine Schwester hat der Familie viel Kraft und Nerven gekostet, Mama hat trotzdem immer zur ihr gehalten, Deine Schwester bekam mehr Aufmerksamkeit als Du, obwohl Du Dich immer zusammengerissen hast und "keinen" Mist gebaut hast. Du fühltest und fühlst Dich immer wieder zurückgesetzt und das löst die Wut in Dir aus.

Du solltest die Vergangenheit ruhen lassen, Du kannst sie nicht mehr ändern. Es liegt an Dir nach vorne zu schauen und Dinge anzunehmen, wie sie nun mal waren. Und wer weiß, warum Deine Schwester mit dem trinken angefangen hat in jungen Jahren. Sie war nicht so stark wie Du, ihre Probleme ohne Alkohol in den Griff zu bekommen.

Deine Schwester hat nicht die Familie zerstört sondern der Alkohol und die Menschen, die unbewußt die Alkoholsucht Deiner Schwester unterstützt haben.

Es ist die reine Eifersucht, die Dich so wütend macht.
 

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