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Trauer und Wut - verstorbene Mutter

Salome64

Aktives Mitglied
Hallo! Meine Mutter und ich hatten leider ein gestörtes Verhältnis. Als Kind bekam ich mit etwa elf Jahren mit, dass sie ein Verhältnis mit einem ebenfalls verheirateten Mann hatte. Mein Vater war ein Choleriker und Tyrann und hat mich oft aus nichtigem Anlass geschlagen. Ich hatte fortan immer Angst, dass meine Mutter mit dem anderen Mann weggeht und ich bei meinem Vater bleiben muss. Oder mein Vater es auch erfährt und dann beide umbringt (zuzutrauen wäre es ihm gewesen).

Meine Mutter war, was mich betraf, überängstlich und mein Vater sehr streng und erzkonservativ, so dass ich auch nichts durfte, was Gleichaltrige durften. So war ich z. B. erst in den letzten beiden Schuljahren bei den Klassenfahrten dabei. Ich durfte auch weder am Turn- noch am Schwimmunterricht teilnehmen, beides zu gefährlich. Fahrrad fahren ebenso. Konzerte erst recht. Weil ich einmal bei Verwandten in der Wohnung im Durchzug saß, hat meine Mutter mir mit damals 13 vor allen Leuten eine Ohrfeige verpasst und ich musste mit nach Hause. Danach durfte ich länger nicht mehr zu diesen Verwandten gehen. Ausflüge durfte ich nur mit meinen Großeltern machen. Mein Vater hat mich sogar noch mit 17 geschlagen, als ich bereits in der Ausbildung war. Meine Mutter hat das selten getan, hatte aber andere „Strafen“ wenn ich ihrer Meinung nach etwas Falsches getan hatte. Vorzugsweise hat sie dann Spielzeug vor meinen Augen zerstört (z. B. ins Ofenfeuer geworfen) oder einmal sogar meine Schreibmaschine mit voller Wucht auf den Boden geworfen.

Die Ehe meiner Eltern war katastrophal, es gab ständig Streit, bei dem sie sich anschrieen und dann tagelang nicht miteinander sprachen. Mein Vater war kein Deutscher. Mit der Pubertät verschlechterte sich auch unser Verhältnis noch weiter. Er konnte nicht ertragen, dass ich selbstständiger wurde. Einmal warf er mir vor, dreckiges deutsches Blut in mir zu haben (warum hat er dann, verdammt noch mal, eine Deutsche geheiratet und mit ihr ein Kind gezeugt?). Seine Muttersprache hat er mir nicht beigebracht, mir eben dies dann aber auch vorgeworfen.

Sobald ich meine Ausbildung beendet hatte, bin ich ausgezogen und ab da begannen die zehn schönsten Jahre meines Lebens. Mein Vater starb kurz darauf und ich war nicht traurig darüber. Meine Mutter fing dann jedoch an zu klammern, fuhr immer mit mir und meiner Freundin mit in den Urlaub und ich merkte, dass ich richtiggehend abhängig von ihr war. Fuhr sie z. B. allein in Urlaub, konnte ich nicht allein in meiner Wohnung bleiben und musste zu meinem Freund. Das war wohl auch schon der Beginn meiner Angststörung, die mich bis heute begleitet und wegen der ich schon jahrelang in Therapie war.

In der Therapie wurde mir auch langsam klar, wie krank das alles doch war. Und ich begann, mich abzunabeln. Ab da ging es mit dem Verhältnis zu meiner Mutter bergab. Sie bestritt vieles, was passiert war und behauptete, das würden mir die „Scheiß Therapeuten“ nur einreden.

Irgendwann zog ich der Liebe wegen 600 km von meiner Heimatstadt weg - und für meine Mutter ging die Welt unter. Einige Jahre später zog sie mir hinterher. Trotzdem sahen wir uns ihrer Meinung nach immer zu selten, ich rief zu selten an etc. Die Streits eskalierten mit den Jahren immer mehr, es gab immer längere Kontaktpausen…. Vor vier Jahren bin ich nochmal umgezogen, eine halbe Stunde entfernt, weil mein Partner hier ein Haus gekauft hat. In dem Haus ist sie nie gewesen, hat immer neue Ausreden gehabt, warum sie dann doch nicht kam. Der Kontakt bestand nur noch telefonisch, letzten Herbst waren wir zweimal bei ihr, dann gab es mal wieder Streit…ich hatte immer das Gefühl, wenn es zu lange gut lief, hat sie förmlich nach Streit gesucht. Es durfte einfach nicht zu lange harmonisch sein. Überhaupt hatte sie schon mit jedem Streit….mit Nachbarn, mit ihrer Freundin, mit ihrem damaligen Geliebten…..aber so richtig böse Streits, inklusive bösen und gemeinen Taten. Eigentlich war sie nicht fähig, irgendeine normale Beziehung zu führen. Außer der einen Freundin hatte sie auch nur telefonische Kontakte zu Leuten von früher aus unserer Heimatstadt.

Nun zum eigentlichen: Mitte April rief sie mich an und klang ganz furchtbar. Sie läge seit Tagen im Bett, ihr sei hundeelend, sie habe etwas ganz komisches und ekliges erbrochen, seitdem könne sie nichts essen. Ich solle mich doch mal schlau machen wegen eines Heimplatzes für sie. Ich fiel aus allen Wolken und wollte natürlich näheres wissen, denn sie war bisher total fit gewesen. Zu dem Zeitpunkt war ich gerade bei meinem besten Freund in Dortmund. Es klang alles überhaupt nicht gut und vor allem sie klang gar nicht gut, so dass ich meinte, ich riefe ihr jetzt einen Krankenwagen, denn ich könne das so aus der Entfernung nicht verantworten, dass sie da tagelang allein in der Wohnung liegt. Selbst zum Arzt gehen könnte sie nicht, meinte sie. Ich hatte wirklich Angst und machte mir Sorgen um sie. Daraufhin schrie sie mich an wie eine Irre und drohte mir, wenn ich den Arzt oder Krankenwagen riefe, würde ich es bis an mein Lebensende bereuen.
Ich erklärte ihr daraufhin, dass ich das langsam nicht mehr aushalte, dass es mir selbst nicht gut geht und ich mich nicht auch noch um sie sorgen möchte (es gibt eine ähnliche Geschichte mit ihren wenigen restlichen Zähnen, die sie vergammeln lässt und ihrer Prothese, die sie nie trägt), aber das hat sie alles nicht interessiert.
 

Salome64

Aktives Mitglied
Fortsetzung, weil Text zu lang war:


Am nächsten Tag kam eine SMS von wegen, ich würde spinnen, mich verhalten wie eine 12jährige und nicht wie eine erwachsene Frau von fast 60 (ich bin Mitte 50) und ich hätte viel zu viel von den Eltern meines besten Freundes mitbekommen (Vater Pflegefall), ich solle mich da raushalten, das mache mir nur Probleme. Und ich solle mein „Psychogelaber“ lassen, das sei ja krankhaft. Ich antwortete ihr darauf, dass sie sich dann künftig bitte nicht mehr bei mir melden solle, wenn es ihr schlecht ginge, sie aber eh keine Hilfe wolle. Ich war wirklich sauer. Habe ihr dann noch ein paar Nummern für den Notfall gegeben und meinte, sie solle sich dann selbst drum kümmern.

Wenige Tage später hatte sie Geburtstag. Ich gratulierte per SMS und fragte, ob es ihr besser ginge und ob sie mittlerweile beim Arzt gewesen sei. Die Antwort war, wir seien geschiedene Leute. Na gut. Solche Sprüche kannte ich schon.

Am 6. Mai, das war ein Samstag, abends um halb acht, dann wieder ein Anruf. Seit ich sie so fertiggemacht hätte (!!), hätte sie nun schon Durchfall und sie wolle mir nur Bescheid geben, dass sie am Montag zum Arzt ginge und der solle mich dann anrufen, was mit ihr sei. Sie klang mindestens so schlecht wie beim letzten Telefonat. Da ich nicht weiter wusste und schon wieder am heulen war, weil es wieder zur Diskussion über einen Krankenwagen kam, übergab ich das Telefon an meinen Partner. Der fackelte nicht lange (er ist selbst Arzt) und meinte, er käme jetzt sofort vorbei und wenn sie die Tür nicht aufmache, würde er sie öffnen lassen. Natürlich hat sie da auch erst gezetert, aber er ist dann einfach hingefahren und sie hat auch geöffnet. Ich bin nicht mitgefahren, weil es dann eh nur weiter eskaliert wäre.

Was soll ich sagen, Mutter und Wohnung in desolatem Zustand….sie allerdings medizinisch so weit noch gut, dass mein Freund keinen Krankenwagen gerufen hat, was sie sowieso wieder partout nicht wollte. Aber er kündigte an, den Tag drauf (Sonntag) wieder nach ihr zu sehen und vor allem die Wohnung auf Vordermann zu bringen.
Und da offenbarte sich dann die ganze Bescherung: überall Müll, vergammelte Lebensmittel, zig Tassen und Becher mit teils verschimmelten Inhalt ums Bett, im Bett und in der Küche. Das Bett selbst sah so aus, als hätte sie die letzten Wochen ausschließlich darin gelebt. Lebensmittel, Teebeutel, Klopapierrollen…..alles lag auf der unbezogenen, schmutzigen Matratze. Überall in der Wohnung kotverschmutzte Kleidung, in Tüten, Eimern oder einfach in eine Ecke geworden. Man muss dazu wissen, dass meine Mutter eigentlich jemand war, der Lebensmittel schon eine Woche vor dem MHD nicht mehr gegessen hat.


Mein Partner hat angefangen, etwas Ordnung reinzubringen, hat dann aber gemerkt, dass es einfach nicht geht und sie da vor allem raus und in Behandlung muss.
Er appellierte an ihre Vernunft, dass er jetzt einen Krankenwagen rufe, aber es ging dann genau so los wie bei meinem Telefonat mit ihr im April und am Vorabend - sie keifte ihn an und beschimpfte ihn. Wir telefonierten dann und verabredeten, dass er die Polizei hinzuzieht, in der Hoffnung, dass sie mit einem Psych KG ins Krankenhaus kommt.

Aber nichts war - und darüber bin ich bis heute total entsetzt: Die Polizisten bedauerten, aber waren sich sicher, dass das Ordnungsamt in dem vorliegenden Fall keine Unterbringung anordnen würde. Meine Mutter sei so ja noch klar im Kopf (sie konnte ihren Namen, ihre Adresse und das Datum nennen) und somit dürfe sie selbst entscheiden. Ihr Zustand und der der Wohnung sei da ganz irrelevant. Eigengefährdung läge rechtlich gesehen nicht vor! Sie zogen wieder von dannen und meine Mutter schmiss meinen Partner dann raus und schrieb ihm noch eine unflätige SMS hinterher.

Am Tag drauf, versuchte ich sie anzurufen…..erst beim zehnten Versuch ging sie dran. Ich mache es kurz: Sie war gestürzt, kam nicht mehr hoch, klang wie kurz vorm sterben und murmelte nur noch „ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr“….. ich rief dann an ihrem Wohnort die Polizei an und die wiederum alarmierte die Feuerwehr zum Türöffnen und den Krankenwagen. Ich war dann solange bei ihr am Telefon, bis die Helfer kamen und hörte alles mit. Ich hatte meiner Mutter gesagt, sie solle denen dann bitte das Telefon geben, damit ich alles erklären könne, was sie natürlich nicht tat.
Dafür konnte ich mithören, wie sie bei den Sanitätern schon wieder log und erzählte, sie hätte nur seit ein paar Tagen Durchfall und sei jetzt halt gestürzt.

Im Klinikum kam sie deshalb leider auch auf die Chirurgie, weil sie eine Schramme am Kopf hatte, und nicht auf die Innere. Sie war eine Woche dort, aß so gut wie nichts, lehnte alle Untersuchungen ab und behauptete den Ärzten und uns gegenüber, sie sei kerngesund! Dabei konnte sie nicht mal länger auf dem Bett sitzen und hatte, seit ich sie zuletzt gesehen hatte, locker 10 - 15 Kilo abgenommen.

Trotzdem ich den Ärzten sagte, dass sei nicht meine Mutter, wie ich sie kenne und da stimme etwas ganz gewaltig nicht, wurde sie in dem Zustand genau eine Woche nach der Einlieferung erst mal zur Kurzzeitpflege in ein Heim entlassen.
Ihr Zustand an dem Tag war wiederum desolat und ich dachte nur noch, ich bin in einem Albtraum. Am nächsten Tag fuhr mein Partner allein direkt nach der Arbeit zu ihr. Er berichtete mir dann Abends, sie sei viel besser drauf gewesen und es gefalle ihr dort sehr und er wäre optimistisch, dass es bergauf ginge. Irgendwie glaubte ich das nicht, ich hatte einfach ein schlechtes Gefühl und ich kenne eben meine Mutter. Sie machte ihr ganzes Leben lang viel Theater, aber ich spürte, dass es diesmal Ernst ist.

In der folgenden Nacht um 5.11 Uhr klingelte mein Handy und ein Arzt aus dem Krankenhaus des Ortes, wo das Heim lag, teilte mir mit, dass meine Mutter vor wenigen Minuten an einem hämorrhagischen Schock verstorben sei. Sie sei mit starkem Teerstuhl und kaum noch vorhandenem Puls eingeliefert worden und da sie eine entsprechende Patientenverfügung hatte, haben sie dann auch nicht reanimiert etc.

Selbst während ich das hier schreibe, kann ich es immer noch nicht glauben. Ich bin traurig und wütend auf meine Mutter, wie sie es so weit hat kommen lassen können. In ihrem Handy konnte ich dann noch einige nette Dinge über mich lesen, die sie einer Bekannten geschrieben hat, z. B. dass ich ein elendes Miststück sei und sie ja wegen zum Arzt gehen so fertiggemacht hätte. Nur schade, dass das elende Miststück mit allem recht hatte und ihr nur helfen wollte. Statt dessen gab sie mir ja noch bis zuletzt die Schuld (wegen mir hatte sie ja angeblich den Durchfall) und behauptete, ich rede mir alles nur ein. In Wirklichkeit gab es da wohl ein tumoröses Geschehen im Magen-Darm-Bereich, was letzten Endes zu der schweren inneren Blutung und zum Tod führte.

Ich bin hin- und hergerissen zwischen Traurigkeit und Wut….ich dachte noch, vielleicht würde es ja mit uns besser werden, wenn sie erstmal im Heim ist und da ein paar nette Leute kennenlernt. Ungefähr in der Mitte ihres Krankenhausaufenthaltes rief sie einmal an und hat sich entschuldigt, was sie mir da angetan hätte und das käme nie wieder vor. Gleichzeitig hat sie aber, wie gesagt, jegliche Diagnostik ihrer Beschwerden abgelehnt. Sie sagte auch, sie würde mich lieben, auch wenn sie es oft nicht hätte zeigen können. Die Tage danach habe ich davon aber wieder nichts gemerkt. Sie hat mich auch nicht mehr angerufen. Zuletzt gesehen habe ich sie einen Tag vor ihrem Tod und da hat sie kaum mit mir gesprochen sondern wieder komplett dichtgemacht.

Ich frage mich, ob sie in der Nacht gewusst hat, dass sie nun sterben wird….ob sie an mich gedacht hat und ihr bewusst geworden ist, dass ich Recht hatte mit meinen Sorgen und wir ihr nichts Böses wollten damit, dass wir sie ins Krankenhaus kriegen wollten. Warum hat sie das nicht freiwillig gemacht? Wie kann man so uneinsichtig sein? Auf ihrem Handy habe ich gesehen, dass sie mit ihrer Bekannten die ganze Zeit, als sie da schon vor sich hin vegetiert hat, noch ganz normal geschrieben hat. Und quasi noch behauptet hat, ich wäre schuld, dass sie das mit dem Durchfall hat.

Ich weiß, ich muss akzeptieren und loslassen, aber in ruhigen Minuten überfällt es mich dann doch wieder. Ich kann es einfach nicht begreifen. Und habe so viele Fragen. Und dann kommt wieder die Wut….
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöscht 124822

Gast
Zuerst mal gratuliere ich Dir zu Deinem netten Mann , der mit anpackt und entscheidet , wenn es drauf ankommt.Du bist nicht alleine , und hast jetzt endlich Gelegenheit diese wirklich traurige und für Dich zerstörende Geschichte abzuschließen und zu verarbeiten.
Manchen Menschen ist einfach nicht zu helfen
 

dreampudelchen

Aktives Mitglied
Hallo Salome,

es tut mir sehr leid, dass du deine Mutter verloren hast und dass ihr es nicht geschafft habt noch zu einem harmonischen Miteinander zu finden.

Ich denke, deine Mutter konnte einfach nicht anders. Manchmal ist es so, dass die engsten Angehörigen den Frust, die Hilflosigkeit, die Unzufriedenheit und alles, was im Argen liegt, schonungslos abbekommen. Vielleicht, weil sie am verlässlichsten sind und weil sie nicht einfach gehen, wenn es ungemütlich wird.

Ich frage mich, ob sie in der Nacht gewusst hat, dass sie nun sterben wird….ob sie an mich gedacht hat und ihr bewusst geworden ist, dass ich Recht hatte mit meinen Sorgen und wir ihr nichts Böses wollten damit, dass wir sie ins Krankenhaus kriegen wollten. Warum hat sie das nicht freiwillig gemacht? Wie kann man so uneinsichtig sein? Auf ihrem Handy habe ich gesehen, dass sie mit ihrer Bekannten die ganze Zeit, als sie da schon vor sich hin vegetiert hat, noch ganz normal geschrieben hat. Und quasi noch behauptet hat, ich wäre schuld, dass sie das mit dem Durchfall hat.
Deine Mutter wird schon längere Zeit gespürt haben, dass sie krank ist und dass irgendetwas nicht mehr stimmt. Sonst wäre auch ihr Zuhause in einem anderen Zustand gewesen. Vielleicht konnte, vielleicht wollte sie sich damit nicht auseinandersetzen. Manche Menschen verdrängen lieber, oder fühlen sich zu unwohl dabei, Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen und sind überfordert.

Beim Lesen deines Beitrags wird so deutlich, dass ihr es nie einfach hattet und trotzdem hattet ihr immer weiter Kontakt zueinander. Ob das mal mehr oder mal weniger war oder nur telefonisch finde ich dabei gar nicht so ausschlaggebend, der Kontakt war da.

Du wirst auf viele deiner Fragen keine Antwort mehr bekommen und ich kann deine Wut darüber verstehen. Aber vielleicht kannst du dir diese Aussage deiner Mutter merken:
Sie sagte auch, sie würde mich lieben, auch wenn sie es oft nicht hätte zeigen können.
Bewahre dir diese Aussage auf. Wie du deine Mutter beschreibst, kann ich mir vorstellen, dass es ihr nicht leicht fiel, das zu sagen.

Ich wünsche dir, dass es dir bald wieder besser geht. Und ich finde es übrigens super, dass dein Partner dich so unterstützt hat.
 

Daoga

Urgestein
In ihrem Handy konnte ich dann noch einige nette Dinge über mich lesen, die sie einer Bekannten geschrieben hat, z. B. dass ich . Sie sagte auch, sie würde mich lieben, auch wenn sie es oft nicht hätte zeigen können. Die Tage danach habe ich davon aber wieder nichts gemerkt. Wut….
Liest sich für mich wie weitere Manipulation, Zuckerbrot und Peitsche, sie läßt ein paar freundliche Worte fallen (die sind bekanntlich billig), und der dumme Esel klammert sich dran fest und freut sich.
Laß ruhig das überwiegende Gefühl zu, wenn Du mal an sie denkst, nämlich die Wut, vergiß alle anderen Anwandlungen . Irgendwann stumpft die Wut sich ab und wird zur Gleichgültigkeit, dann kannst Du diese Person in Deinem laufenden Leben ganz vergessen. Gegenwart und Zukunft sind wichtiger als diese traurige Vergangenheit. Trauern solltest Du höchstens um Deine versaute Kindheit, aber nicht um diese Mutter. Deine Eltern waren beide krank und haben sich gegenseitig verdient, aber Dich haben sie nicht verdient, Du hättest was besseres kriegen sollen als das.
 

Wolkenstaub

Aktives Mitglied
es hat keinen Sinn mehr, darüber nachzudenken, was Du hättest anders machen können. Ich vermute, dass Deine Mutter ihre Diagnose kannte und ihr Leiden nicht verlängern wollte. Zwangseinweisungen oder Zwangsbehandlungen gehen nicht so einfach. Das muss ein Gericht anordnen. Und Deine Mutter war im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte... Mach doch eine erneute Therapie, um alles zu verarbeiten. Dein Partner ist Arzt, er kann Dir bestimmt einen guten Psychotherapeuten empfehlen.
 

tonytomate

Sehr aktives Mitglied
Meine Mutter war ähnlich. Man konnte eine Stunde nett sich mit ihr unterhalten, dann hat sie immer versucht einen Streit anzuzetteln und einen zu verletzen. Ganz schlimm. Sie war regelrecht streitsüchtig. Man konnte nie einfach nur dasitzen und verharren. Immer irgendein Gedöns. Du hast kein Kind auf die Reihe gekriegt, Du hast dies, das und jenes nicht, Du bist dumm. Jeder ist seines Glückes Schmied, blablablubblub. Irgendwann sagte ich zu Ihr, dass wenn man von zwei Losern, sie Putze ohne Bildung, Vater Zocker, in die Welt gesetzt wird, aus einem nichts werden kann. Sie sagte, weißt Du, was Du einer Mutter damit antust und schlurzte vor sich hin. Aber geändert hat sich an ihrem Benehmen nie etwas. Selbst im Krankenhaus Riesengedöns. Sie weigerte sich Vollmachten zu unterschreiben, sodaß ich handlungsunfähig war. Sie verstarb tags drauf, dass der Herrgott mir die Last von häuslicher Pflege von mir genommen hat. Mit der ganzen Situation wäre ich nicht mehr fertig geworden.

Hak sie ab, es ist vorbei, genau wie bei mir. Ich wünschte, ich wäre in einem normalen Elternhaus aufgewachsen, wo die Welt in Ordnung war. Bei uns herrschte das Chaos, weswegen ich depressiv wurde.
 
M

Meinung123

Gast
Hallo @Salome64 ,

auch ich möchte dir mein Mitgefühl aussprechen.
Deine Fragen und Gefühle sind verständlich ; wahrscheinlich hätte jeder sie, der in deiner Situation stecken würde.

Was vielleicht wichtig ist für dich zu wissen: es ist nicht selten, dass Menschen mit schweren Krankheiten sehr spät zu einer Diagnose kommen, weil sie es nach Möglichkeit vermeiden, zum Arzt zu gehen.

Woran das genau liegt, weiß ich nicht. Ich nehme an, dass es vielleicht daher rührt, dass sie sehr genau wissen, dass es eine schwere Krankheit ist, wenn auch nicht genau welche und es nicht genau wissen wollen. Oder vielleicht sind es auch schlechte Erfahrungen mit Ärzten, die sie in der Vergangenheit gemacht haben, die sie davon abhalten, zum Arzt zu gehen. Es mag im Einzelfall auch die Angst vor einem Kontrollverlust sein, die zu dieser Vermeidungshaltung führt. Es mag die Angst davor sein, in die 'diagnostische und therapeutische Mühle' zu geraten, dass man nicht mehr die Kraft hat, sich gegen vorgeschlagene Therapie zu wehren, wenn man nur in die kleinste Untersuchung einwilligt und z B zweifelsfrei erfährt, Krebs zu haben.

Diesem Phänomen, dass Patienten Ärzte aus irgendeinem Grund vermeiden, begegnet jedenfalls jedem, der im medizinischen Bereich arbeitet. Wenn du deinen Partner fragst, wird er das sicher bestätigen.

Im deutschen Medizinrecht hat die Patientenautonomie und der frei gebildete Wille des Patienten in Bezug auf medizinische Behandlung und Diagnostik einen sehr hohen Stellenwert. Die Ärzte im Krankenhaus konnten keine Diagnostik oder Therapie gegen den Willen deiner Mutter durchführen. Theoretisch gibt es die Möglichkeit, einen Betreuer für medizinische Angelegenheiten durch das Gericht bestellen zu lassen ; diese Möglichkeit besteht aber nur, wenn deine Mutter ihren Willen nicht mehr hätte bilden können oder nicht mehr äußern. Das war hier nicht der Fall.

Da du schreibst, dass sie verfügt hatte, dass sie nicht reanimiert werden wollte, nehme ich an, dass sie auf keinen Fall gerne in einen schmerzhaften oder an möglichen Nebenwirkungen reichen Therapieweg eingewilligt hätte.

Vielleicht hatte sie Angst, dass sie dich davon überzeugen muss oder dass sie sich aus Liebe zu dir überreden lässt, eine Therapie zu machen und wollte darum keine harte Diagnose.

Das ist bitter für dich. Wahrscheinlich hättest du dir noch mehr Zeit gewünscht, dieses schwierige Verhältnis zwischen euch beiden klären zu können.

Es klingt für mich so, als ob deine Mutter eine Frau war, die im Zusammenleben mit ihrem cholerischen Mann gelernt hatte, verbal zu verletzen, um sich zu verteidigen, vielleicht auch zu lästern, um sich zu rächen. Warum sie es nie über sich brachte, ihn zu verlassen, ob es die Moralvorstellungen der Zeit waren, in der sie groß wurde oder ob ihre eigenen Eltern ihr zerstörerische Muster vorgelebt haben, oder es andere Gründe hatte, wird sich nicht mehr klären lassen.

Aber - wie auch meinen Vorpostern - erscheint mir eines wichtig:

Als es ihr schlecht ging, als sie ahnte, dass sie sterben würde, schaffte sie es, diese harte Hülle, die sie um sich aufgebaut hatte, aus Zorn und aus Bitterkeit und aus Schmerz, um sich zu schützen, lange genug zu durchbrechen, um dir zu sagen, dass sie dich liebt, auch wenn es ihr meist nicht gelang, das zum Ausdruck zu bringen.

Das ist etwas, woran du dich festhalten, woran du dich erinnern kannst. Und auch, wenn sie es vielleicht nicht sagte, ich bin mir sicher, dass sie auch wusste, dass du sie liebst.
 

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