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(Co-)Alkoholiker und Wut auf den Alkoholiker trotz eingeschränkten Kontakts

G

Gast

Gast
Mein Exmann ist ein Alkoholiker und meiner Meinung nach einer von der schlimmen Sorte. Mag ja sein, dass Alkoholismus eine Krankheit ist, aber ist es nicht so, dass jeder Kranke wieder gesund werden will? Es ist sehr bequem einen Alkoholiker als kranken Menschen zu bezeichnen, weil man doch kranken Menschen helfen muss. Man soll Verständnis für sie haben, Beistand und Hilfe leisten. Aber wie lange? Wie lange soll man sich aufopfern für jemanden, der seine "Krankheit" nicht einsieht? Der meint, dass zehn Bierchen am Tag nichts schlimmes sind.
Ich war 15 Jahre die Ehefrau eines Alkoholikers und ich habe alles versucht ihn von dem Alkohol weg zu bringen. Irgendwann habe ich aufgegeben. Ich bin daran fast kaputt gegangen. Die ständige Angst um die Zukunft, um mein Kind....
Ich habe seine "Spielchen" mit der Zeit erkannt und nicht mehr mitgemacht.
Um Mitternacht hat er mich geweckt, weil er angeblich Schmerzen in der Brust hatte. Als ich kerzengerade im Bett stand und den Notarzt anrufen wollte, waren die Schmerzen weg.
Wenn ich ihm keinen Alkohol kaufen wollte, hat er sich das Geld genommen und noch mehr zum Saufen gekauft. Er trank vor der Arbeit, während der Pausen in der Firma und nach der Arbeit. Am Wochenenden fing er schon morgens an. Er hat mich angeelkelt. Wie oft konnte er nicht mehr trinken und musste sich übergeben. Nein, er hat sich die Seele aus dem Leib gekotzt und es war ihm egal, dass er nicht bis zur Toilette geschafft hat. Er hatte ja mich, die diese Sauerei weg gemacht hat. Er stand nachts auf und pinkelte an die Wand im Schafzimmer. Er hat mich mit Füßen aus dem Bett getreten, weil ich mit ihm nicht schlafen wollte. UND ICH SOLLTE IHM RESPEKT ZEIGEN?!
Der Arzt, bei dem ich um Hilfe bat, sagte mir, dass so lange mein damaliger Mann nicht aus freien Willen eine Entziehungskur macht, ist nichts zu machen ausser, dass ich den Schlussstrich ziehe und ihn verlasse. Mein Betteln und auch Drohungen, Vorschläge eine Therapie zu machen, hat er ignoriert. Seine Antworten waren sehr vielseitig...

Irgendwann habe ich die richtige Entscheidung getroffen....Wenn er heute noch trinkt dann tut mir nur mein Sohn leid....

Ja Joey, du hast das Recht wütend zu sein, zeige deiner Schwester kalte Schulter, sonst hören ihre Vorwürfe nie auf. Die Alkoholiker geben allen anderen die Schuld, dass sie trinken nur sich selbst nicht. Sie können sehr gut ihren Umfeld manipulieren, die betroffene Familie hat immer wieder schlechtes Gewissen und lässt sich auf die Spielchen ein.

Ich drücke dir die Daumen und wünsche viel Kraft.
Bellchen
Hallo Bellchen,

Du hast ja einen eigenen Thread hier eröffnet, weil Dein Sohn Dich auf Unterhalt verklagt hat.

15 Jahre hast Du Dein Kind unter solchen Umständen aufwachsen lassen? Da wundert mich nichts mehr. Dein Sohn muss ja einen beträchtlichen Schaden davon getragen haben und Du monierst ihn, weil er irgendwelche Schuljahre wiederholt und länger braucht.

Wo ist Dein Verständnis als Mutter für Deinen Sohn? 15 Jahre seine Kindheit in einem Alkoholikerhaushalt zu verbringen ist das schlimmste was man Kindern antun kann.
 

Fragende

Aktives Mitglied
Hallo Joey,

mit dem Thema kenne ich mich nicht wirklich gut aus. Trotzdem schreibe ich dir mal meine Gedanken dazu.

Mir fällt auf, dass bei euch alles miteinander verknüpft ist. Also, z.B. du bist wütend auf deine Schwester, weil sie abhängig ist, aber hast das Gefühl, es nicht zu dürfen. Oder du bist wütend auf dich, aber nur weil deine Schwester...

Also, natürlich kann ich verstehen, dass du lieber eine schöne Kindheit gehabt hättest, eine Mutter, die Konsequenzen zieht und du die Stärke, dich daraus zu befreien. Klar.

Ich sehe die Schwierigkeit in diesen Verknüpfungen. Also mal ein Beispiel aus dem Alltag wegen dieser Verknüpfungen. Einer meiner Söhne lässt das Essen stehen, weil es ihm gerade nicht gut geht/er zu wenig Hunger hat. Das ist dann okay. Vielleicht ärgerlich, aber ist eben so.

Anders sieht es aus, wenn er 'mir das Essen stehen lässt'. Dann verknüpfe ich mein Wohlergehen mit seinem 'richtigen' Verhalten. Dann geht es mir schlecht, weil er nichts essen mag. Darum geht es ihm dann wiederum schlecht, wenn er keinen Hunger hat, weil er weiß, dann geht es mir schlecht... . Durch diese Verknüpfung untereinander lässt sich das Problem nie lösen. Es kann eben manchmal passieren, das einer meiner Söhne keinen Hunger hat. Und wenn es mir dann jedes Mal schlecht geht, geht es meinem Sohn auch wieder schlecht.

So weit ich weiß ist diese Verknüpfung untereinander bei Co-Abhängigkeit das Problem.

Deine Kindheit ist vorbei. Was jetzt nicht heißen soll, dass du keine Schäden davon getragen hast. Es ist vorbei, dass deine Mutter nicht richtig oder rechtzeitig reagiert hat. Auch das kann Schäden bei dir ausgelöst haben. Klar.
Wird es sogar.

Aber angenommen du könntest dir selbst erlauben auf deine Schwester wütend zu sein. Und dann? Was würde das für dich ändern? Was würde es an der Vergangenheit, an ihrer Alkoholsucht, an deinen Schäden ändern?

Ich denke, es wäre gut, wenn du dir therapeutische Hilfe holst, um das alles zu verarbeiten. Auch das wird nicht ohne zurückbleibende Narben gehen. Klar, dafür ist zu viel passiert. So etwas ist nicht einfach umkehrbar.

Und vielleicht wäre es gut, wenn du dich fragst, was dir heute, hier und jetzt fehlt :) Am Besten realistische Dinge. Also kein: wenn die und die sich so und so ändern würde, dann...

Und stell dir mal vor, deine Schwester würde sich ändern, deine Mutter würde einsehen, dass... . Dann hättest du immer noch deine Schäden. Weil du eben auch diese Vergangenheit erlebt hast und sie dich geprägt und wohl sehr oft verletzt hat.

Sind nur meine Gedanken mal so :)

Lieben Gruß
Fragende
 
J

Joey_Silver

Gast
@Fragende: Da hast du einige sehr wertvolle Hinweise gegeben. Genau das "Spinnennetz" an gegenseitigen Erwartungen etc ist das, worin ich lange Zeit geklebt habe. Jetzt kann ich es wenigstens sehen. Ich denke, das entwickelt sich, wenn man innerlich immer auf der Lauer liegt und schon die Ohren spitzt, ob irgendwo grad eine Katastrophe anrollt... wenn man über Jahre so auf der Lauer gelebt hat, ist es ziemlich schwierig, das abzustellen. Man ist irgendwie übertrieben wachsam.

Mit der Wut: Es befreit mich ganz einfach. Wenn ich diese Wut annehme als mein Gefühl, das nunmal gelegentlich da ist und sie nicht innerlich bewerte, abwerte und wegdrücke, dann geht es mir besser, dann erlaube ich wenigstens mir, so zu sein. Das ist so, als würde ich sonst versuchen, meine Hand auf dem Deckel eines pfeifenden Teepotts zu haben. Es ist so. Und ich werd einfach zuschauen, wie lang sie bleibt, ob sie sich wandelt und was sie mir sagen möchte.

In der Zwischenzeit hab ich viel mit meiner Mutter geredet und es ist auch so, dass sie es "ein"sieht - dh. sie kann meine Position nachvollziehen und ich umgekehrt aber ihre genauso. Dadurch ist mir schon eine Menge des Drucks und der Wut genommen, weil es wenigstens gesehen und geachtet wird.
Mit meiner Schwester klappt das nicht. Wenn ich sie nicht auf der anderen Seite verzweifelt lieben würde, hätte ich wahrscheinlich kein Problem... ^^
 
G

Gast

Gast
Du bist zu Recht wütend auf deine Schwester.
Sie allein verantwortet ihre Krankheit und all ihre Taten! Niemand hat sie zu etwas gezwungen, auch nicht zum saufen und daraus süchtig zu werden.

Sei wütend, leb es aus ohne es an ihr auszulassen. Geh ihr weiter aus dem Weg, völlig legitim und in Ordnung.
Lebe dein Leben und schau allein auf dich und dein Glück! Denn dafür bist du verantwortlich, ebenso wie deine Schwester für sich selbst.

Gehst Du in eine Gruppe für Co-Abhängige? Könnte helfen weil sie dich am besten verstehen, auch deine Wut, die dort nicht verurteilt sondern verstanden wird.

LG
 
J

Joey_Silver

Gast
Hallo Bellchen,

Du hast ja einen eigenen Thread hier eröffnet, weil Dein Sohn Dich auf Unterhalt verklagt hat.

15 Jahre hast Du Dein Kind unter solchen Umständen aufwachsen lassen? Da wundert mich nichts mehr. Dein Sohn muss ja einen beträchtlichen Schaden davon getragen haben und Du monierst ihn, weil er irgendwelche Schuljahre wiederholt und länger braucht.

Wo ist Dein Verständnis als Mutter für Deinen Sohn? 15 Jahre seine Kindheit in einem Alkoholikerhaushalt zu verbringen ist das schlimmste was man Kindern antun kann.
Das sagst du, weil du es geschafft hast, dich von wievielen Alkoholikern in deinem Leben zu trennen? Weißt du, was Liebe bedeutet? Weißt du, was Hoffnung ist? Kennst du die Anfangsphase der Beziehung, die Hoffnung einer Mutter, dem Sohn nicht den Vater zu nehmen, der am Anfang vielleicht noch ein liebevoller Typ war?

Muss sie sich, weil sie früher einen Mann geliebt hat, der ihr Leben zur Hölle gemacht hat, jetzt vom Sohn angreifen lassen (falls du den anderen Thread mitgelesen hast, weißt du, dass es nicht nur um eine bloße Unterhaltsklage geht), der sich im Übrigen im fortgeschrittenen Alter selbst dafür entschied, bei seinem Vater zu bleiben?

Und im Übrigen: Wenn du schon deine Meinung zu Bellchen als Person loswerden willst und ihr Verhalten kritisieren möchtest, dann doch bitte, wo es passt und nicht OT in meinem Thread!
 
J

Joey_Silver

Gast
Du bist zu Recht wütend auf deine Schwester.
Sie allein verantwortet ihre Krankheit und all ihre Taten! Niemand hat sie zu etwas gezwungen, auch nicht zum saufen und daraus süchtig zu werden.

Sei wütend, leb es aus ohne es an ihr auszulassen. Geh ihr weiter aus dem Weg, völlig legitim und in Ordnung.
Lebe dein Leben und schau allein auf dich und dein Glück! Denn dafür bist du verantwortlich, ebenso wie deine Schwester für sich selbst.

Gehst Du in eine Gruppe für Co-Abhängige? Könnte helfen weil sie dich am besten verstehen, auch deine Wut, die dort nicht verurteilt sondern verstanden wird.

LG
Danke! :)
Um ehrlich zu sein, ich hab schon mal geschaut, ob es Gruppen hier in der Nähe gibt, bin aber noch bei keiner gewesen. Ist immer dieses "Naja, zur Zeit gehts ja..." Das ist auch so, die meiste Zeit habe ich keine Probleme damit. Ist nicht so, als wenn ich damit täglich, wöchentlich oder einmal im Monat zu tun hätte. Nur wenn es kommt, dann schon ziemlich intensiv.
 
G

Gast

Gast
Ich gehe in die Gruppe wenn mir danach ist, nach Bedarf. Jeder dort versteht das, kann alles, muss nichts. Für mich sehr befreiend. Auch, dass sie meine Wut, Ängste, Nöte verstehen ohne Anschuldigungen zu erheben. Ich darf frei reden und werde angenommen so wie ich bin, wie ich es empfinde und erlebe. Sie ziehen nicht über die Kranken her aber nehmen sie auch nicht in Schutz. Das stärkt mich in meinem Selbstwertgefühl und so ist es leichter alles Erlebte Stück für Stück abzuarbeiten und loszulassen, auch die Wut.

Versuch es mal. Ist keine Zwangsveranstaltung, die du dauerhaft besuchen musst. Probiere ggf. mehrere Gruppen aus, du solltest dich dort wohl fühlen.

Alles Liebe und viel Kraft
 
J

Joey_Silver

Gast
Ich gehe in die Gruppe wenn mir danach ist, nach Bedarf. Jeder dort versteht das, kann alles, muss nichts. Für mich sehr befreiend. Auch, dass sie meine Wut, Ängste, Nöte verstehen ohne Anschuldigungen zu erheben. Ich darf frei reden und werde angenommen so wie ich bin, wie ich es empfinde und erlebe. Sie ziehen nicht über die Kranken her aber nehmen sie auch nicht in Schutz. Das stärkt mich in meinem Selbstwertgefühl und so ist es leichter alles Erlebte Stück für Stück abzuarbeiten und loszulassen, auch die Wut.

Versuch es mal. Ist keine Zwangsveranstaltung, die du dauerhaft besuchen musst. Probiere ggf. mehrere Gruppen aus, du solltest dich dort wohl fühlen.

Alles Liebe und viel Kraft
Das klingt ja wirklich gut! Du machst mir Mut, es doch einmal auszuprobieren.
 
G

Gast

Gast
Das sagst du, weil du es geschafft hast, dich von wievielen Alkoholikern in deinem Leben zu trennen? Weißt du, was Liebe bedeutet? Weißt du, was Hoffnung ist? Kennst du die Anfangsphase der Beziehung, die Hoffnung einer Mutter, dem Sohn nicht den Vater zu nehmen, der am Anfang vielleicht noch ein liebevoller Typ war?

Muss sie sich, weil sie früher einen Mann geliebt hat, der ihr Leben zur Hölle gemacht hat, jetzt vom Sohn angreifen lassen (falls du den anderen Thread mitgelesen hast, weißt du, dass es nicht nur um eine bloße Unterhaltsklage geht), der sich im Übrigen im fortgeschrittenen Alter selbst dafür entschied, bei seinem Vater zu bleiben?

Und im Übrigen: Wenn du schon deine Meinung zu Bellchen als Person loswerden willst und ihr Verhalten kritisieren möchtest, dann doch bitte, wo es passt und nicht OT in meinem Thread!
Entschuldige bitte. Du fragst mich ob ich weiß was Liebe ist? Ja das weiß ich. Aber wenn ich 15 Jahre mit einem Alkoholiker zusammenbleibe und es mich sowie mein Kind nur runterzieht, dann kann man nicht mehr von Liebe reden. Das ist eine reine Abhängigkeitsbeziehung.

Und sorry, wenn Kinder - die sich nicht alleine wehren und helfen können - mittendrin sind, dann frage ich Dich, wo ist die Liebe und Fürsorge zu meinem Kind? Kinder die in Alkoholikerfamilien aufwachsen, tragen das große Risiko in sich selber alkoholkrank zu werden oder auch an einen Alkoholiker zu geraten.

Wir leben im 20. Jahrhundert, wo es schon sehr lange Hile für Alkoholiker und seine Angehörige gibt. Da muss ich nicht tatenlos in einer Beziehung viele Jahre bleiben und meinen Kindern so ein Leid zufügen. Bellchens Sohn wird wahrscheinlich auch co-abhängig sein, weshalb er sich vielleicht auch für seinen Vater entschieden hat.

Hier ging es auch nicht ums reine kritisieren sondern eher darum mal alles mit dem "Helikopterblick" zu betrachten und nicht nur mit dem Tunnelblick, der sich alleine auf Bellchen konzentriert.

Und man sieht ja ganz deutlich wie sehr Du unter der Alkoholkrankheit Deiner Schwester leidest, wie soll es dann denn erst Recht einem Kind gehen?
 
J

Joey_Silver

Gast
Entschuldige bitte. Du fragst mich ob ich weiß was Liebe ist? Ja das weiß ich. Aber wenn ich 15 Jahre mit einem Alkoholiker zusammenbleibe und es mich sowie mein Kind nur runterzieht, dann kann man nicht mehr von Liebe reden. Das ist eine reine Abhängigkeitsbeziehung.

Und sorry, wenn Kinder - die sich nicht alleine wehren und helfen können - mittendrin sind, dann frage ich Dich, wo ist die Liebe und Fürsorge zu meinem Kind? Kinder die in Alkoholikerfamilien aufwachsen, tragen das große Risiko in sich selber alkoholkrank zu werden oder auch an einen Alkoholiker zu geraten.

Wir leben im 20. Jahrhundert, wo es schon sehr lange Hile für Alkoholiker und seine Angehörige gibt. Da muss ich nicht tatenlos in einer Beziehung viele Jahre bleiben und meinen Kindern so ein Leid zufügen. Bellchens Sohn wird wahrscheinlich auch co-abhängig sein, weshalb er sich vielleicht auch für seinen Vater entschieden hat.

Hier ging es auch nicht ums reine kritisieren sondern eher darum mal alles mit dem "Helikopterblick" zu betrachten und nicht nur mit dem Tunnelblick, der sich alleine auf Bellchen konzentriert.

Und man sieht ja ganz deutlich wie sehr Du unter der Alkoholkrankheit Deiner Schwester leidest, wie soll es dann denn erst Recht einem Kind gehen?
Folgendes: Ich kann verstehen, was du meinst, ok. Von außen betrachtet ist das immer so einfach: Da ist einer, der trinkt und da ist die "doofe" Frau/ Mutter/ Kind oder der "blinde" Vater/ Partner/ Kind oder sonst was. Hahaha, die sind ja doof, das die sich das geben, was? Könnten doch einfach rausspazieren! Gibt ja überall Hilfe, finanziell abhängig ist eine Frau ja nicht mehr, seit sie fröhlich hartzen kann, ist ja in unseren Zeiten auch nicht mehr das Sozialstigma, nicht mehr die Schande im Dorf etc... (in kleinen Dörfern wirst du diesen Ruf übrigens nie wieder los.)

Ganz knallhart: Auf deiner Argumentationsschiene könnte man nun sagen: So ein blöder Sohn, der hätte doch einfach zum Jugendamt gehen können! Die helfen dabei doch! Gibt doch überall Anlaufstellen!
Aber ist das fair?

Ich will dich nicht angreifen, ich bitte dich, das zu Ende zu denken:

Meine Frage an dich: Wie soll ich ein Problem lösen, dass ich nicht mal als solches sehen kann? Man SIEHT es nicht. Das ist ja das Verheerende daran. Ich bin nun echt nicht blöd, aber ich habe es einfach nicht sehen/ mir eingestehen können. Du findest immer einen Weg, das auszublenden, es zu rechtfertigen.
In diese Geschichte rutscht man derart unversehens rein, dass ich dein Statement mit "hätte sie sich doch einfach getrennt, weil sie Verantwortung für ihren Sohn übernommen hat" einfach nicht gelten lassen kann.
Wieder meine Frage: Mit wievielen Alkis hattest du zu tun und bist du selbst Co-Alki?

Ich würde dich gerne auf eine gedankliche Reise einladen und ich würde mich ehrlich freuen, wenn du versuchst, dir das vorzustellen - vielleicht kannst du dann verstehen, warum ich bei deinen Statement etwas unfreundlich geworden bin:
Du hast einen Partner, den du sehr liebst. Ihr habt einen Sohn, er ist klein und dein Glück scheint perfekt. Endlich hast du eine kleine Familie und das Leben könnte nicht besser laufen. Wäre da nicht...
Erst ist es eine "Entspannung" - naja, das Feierabendbier. Ist doch normal, dass Männer Bier trinken, nicht wahr? Außerdem ist er dann immer so locker und charmant.
Dann ist es eine berufliche Stressphase - nun ja, dann gönnt er sich halt abends mal ein zweites Bierchen. Der Arme, damit kommt er wenigstens herunter.
An den Wochenenden geht ihr "feiern" - ihr seid ja noch junge Eltern und in geselliger Runde trinkt man mal über den Durst. Aber es ist so schön, wenn er lacht und entspannt ist!
Und dann ist da noch das harte Leben, das er hatte - da kann man das ja verstehen, dass er hin und wieder trinkt... gut, irgendwann braucht er dann morgens einen Schnaps, um mit dem Chef klarzukommen. Dass er dann noch fährt, gefällt dir nicht, aber was solls. Dann hat er wenigstens ruhige Hände...

Es geht immer so weiter. Ich habe es nicht mal geschnallt, als meine Schwester (mindestens) einen Sechserträger am Tag platt machte. Sie konnte schon früher eine Flasche puren Vodka trinken, während ein Kumpel und ich, die uns die andere Flasche geteilt (!) haben, uns die Seele aus dem Leib gekotzt haben.
Ich habe es einfach nicht gesehen. Ein sehr traurigmachender Satz, weil ich mir natürlich auch die Frage stelle, ob ich sie hätte retten können, wenn ich es früher gesehen hätte. Wenn ist das Zauberwort in diesen Geschichten. Wir suchen bei uns die Verantwortung dafür, dass der andere trinkt, wir sind wohl nicht gut genug, denn wären wir es, dann würde er aufhören, oder? Wir versuchen immer mehr zu geben und reinzulieben, irgendwann muss er doch sehen... wir haben so viel gegeben, vielleicht merkt er dann, wie schön das Leben sein kann, dass es Menschen gibt, die ihn lieben... wir versuchen, seine Verletzungen zu kompensieren und ihm zu geben, was die Welt ihm verwehrt hat. Und auch deshalb sind wir blind. So erging es mir auch mit meiner Schwester.
Bei ihrem Leben, sagte ich mir irgendwann, ist das doch verständlich. Anders kann man das nicht verkraften.
Das ging über Jahre so. Letztlich ist es mir klar geworden, aber das bestimmt unrühmliche vier Jahre, nachdem das schon eine manifeste Erkrankung war. Von den früheren Tendenzen ganz zu schweigen.

Kannst du es jetzt ein bisschen nachvollziehen? (Im Übrigen leben wir im 21. Jahrhundert ;) hihihi...)
 

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