Und in der Gesellschaft herrscht das gefährliche und fatale Vorurteil, dass jemand, der isoliert ist, ein schlechter Mensch ist, egoistisch, verschroben und seine Isolation im Grunde nicht anders verdient. Diese Einstellung ist katastrophal und völlig daneben.
Genau. Dabei kann
jeder in diese Situation geraten, es müssen nur einige Schicksalsschläge passieren, für die man gar nichts kann. Man kann ja z.B. auch nichts für die Familie, in die man hineingeboren wurde, oder für die Entwicklung von Geschwistern, die einen auch als Erwachsener noch sehr belasten kann.
Leider loten die Leute, die man kennenlernt oder nach vielen Jahren wiedersieht, ja zunächst aus, ob man viele Bekannte hat (möglichst solche, mit denen man angeben kann) oder eher zurückgezogen lebt. Im zuletzt genannten Fall ist man bei den meisten gleich unten durch. Wer macht sich schon Gedanken darüber, wodurch es dazu gekommen sein könnte und dass so ein Mensch es wert sein könnte, mit ihm näher bekannt oder befreundet zu sein? Wer nicht nach landläufigen Maßstäben erfolgreich ist (beruflich wie privat), den lässt man geräuschlos fallen.
Eskaliert die Situation gar derart, dass ein völlig isolierter Mensch sich das Leben nimmt oder es zumindest versucht, wird hinterher obendrein Entsetzen geheuchelt oder die vorurteilsbeladene Umwelt wacht erst dann auf, wenn es zu spät ist (vielleicht hängt diese Anmerkung damit zusammen, dass ich gestern im Fernsehen die Siegfried-Lenz-Verfilmung "Arnes Nachlass" gesehen habe).
Das ist nichts als eine Plattitüde der Trivialliteratur, und ich wundere mich immer, dass man heute in unseren angeblich so aufgeklärten Zeiten noch immer so denkt. In Hanni und Nanni-Büchern bin ich vor ewiger Zeit dieser plumpen, banalen Einstellung begegnet.
Das finde ich jetzt direkt witzig, dass du "Hanni und Nanni" erwähnst.
😀 Ich bin ja etwa in deinem Alter und habe mir kürzlich mal drei Bände für wenig Geld spaßeshalber auf meinen E-Book-Reader heruntergeladen, weil ich einfach noch mal nachempfinden wollte, was ich früher gelesen habe. Ich war entsetzt über die abwertende Sprache, mit der Schülerinnen wie teilweise sogar Lehrerinnen mit jeder neuen Schülerin umgehen, die anders ist als sie (unsportlich, unbeholfen, schüchtern etc.). Kann mich nur wundern, dass mich diese Bücher nicht verdorben haben, aber wenn ich mich recht entsinne, fand ich diesen Ton selbst als Kind schon übertrieben rüde und verletzend, wenn nicht gar beleidigend. Hatte dann spätestens mit 10 Jahren heraus, dass alle diese Bücher nach "Schema F" verfasst sind, voller Klischees, wenngleich ich es damals noch nicht so hätte verbalisieren können. Jedenfalls hatte ich dann kein Interesse mehr daran, auch ohne dass meine Eltern (die Volksschulbildung hatten und mich nicht durch bewusste Auswahl meiner Lektüre "hochgezüchtet" haben, wie es bei akademisch gebildeten Eltern oft der Fall ist) mich darauf hätten aufmerksam machen müssen, dass es sich hier nicht gerade um anspruchsvolle Kinderliteratur handelt. Das habe ich ganz von allein erkannt.
😉
Aber du hast völlig Recht: Selbst Menschen, die den Anspruch erheben, gebildet zu sein, und die hohe Positionen bekleiden, finden über diese banalen Vorurteile oft nicht hinaus.