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Mein Leben in der Emigration oder die innere Heimat

Gibt es ein gesetz, das Ende befindet sich genau dort wie der Anfang...

"Der Himmel ist immer näher, mit jedem Tag." Also wir sollten uns beeilen, wenn wir etwas ver-wirklichen wollen. Und im Moment des Todes ich kann nichts mehr ewas gutes zu machen, das Denkmal ist fertig, wie eingemeisselt. Keine Möglichkeit mehr, es ist alles nur einmalig und einzigartig. Und genau das macht das Leben so spannend.

Du weßt nicht, wie sehr mir deine Worte gerade helfen, Igor...

Gestern habe ich erfahren, dass meine beste Freundin aus Polen plötzlich verstorben ist. Und seit dem scheint in mir alles wie eingefroren.., eine dunkle Schwere breitet sich in mir immer mehr aus, ein Stillstand...

Und doch.. - sie ist jetzt an den "Himmel" angelangt, steht vor seinem Tore oder geht vielleicht schon hinein... Für sie ist es ein neuer "himmlische" Anfang, der zeitgleich aus dem Ende ihres irdischen Leben entstand. In dem einen winzigen Augenblick vereinte sich das Ende mit dem Anfang. Es geht also für sie weiter, ohne Unterbrechung, ohne einen leeren Raum dazwischen, von dem wir solche Angst haben... Diesen weiteren Weg macht sie aber ohne mich. Ich kann sie nicht mehr begleiten - bin noch hier, auf unserer Erde unterwegs..

Doch ich kann ihren fertigen Denkmal mir anschauen, ihm nachfühlen, ihn bewundern in seiner so menschlichen, unvollkomennen, einzigartigen Form. Keiner sonst könnte diesen Denkmal so erbauen. Nur sie. Ich habe ihr dabei immer wieder zugeschaut und versuchte jede Bewegung, die sie dabei ausführte zu verstehen und zu würdigen, obwohl sie sich so oft von meinen eigenen Bewegung unterschied... Und sie tat das selbe - sie würdige meine Bewegungen, die manchmal so anderes waren als die ihren... Ja, wir waren wahre Freundinen.
Jetzt erkenne ich es deutlicher als je zuvor...

Und nun werde ich weiter an meinem Denkmal meißeln - bis es auch irgendwann fertig wird.

Danke, Igor.

Lenja
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein herzliches Beileid, Lena. Deine Freundin hat so viele Spuren in deiner Seele hinterlassen. Und genau darauf es kommt an. Ich habe dich und viele, sehr viele Leute sogar real im meinen Leben nicht getroffen, aber sie werden in mir bleiben, in meiner inneren Welt. Und, glaub mir, Lena, deine Freundin lebt immer, als du sie erinnerst.
Herzliche Grüsse.
Igor.
 
Hallo Lenija, hallo Igor,
ich bin stille Mitleserin, finde Euch toll und Eure Gedanken wunderbar. Das wird mir weiterhelfen.
Danke. Ich hoffe, Ihr habt Euch noch viel zu sagen.
 
...aber sie werden in mir bleiben, in meiner inneren Welt. .

Ja, Igor, diese innere Welt zu besitzen ist für mich auch sehr wichtig... Ich pflege und beschütze sie, sorge dafür, dass es dort genung Platz für die Menschen gibt, die diese Welt betreten wollen. Sie sind dort immer willkommen. Wie auch du. Dort sprechen auch alle die gleiche Sprache, eine gemeinsame Sprache. Wer schon einmal in meiner inneren Welt war, der bleibt auch dort - auch wenn er sich räumlich von mit entfernt oder stirbt - wie meine Freundin, um sie ich jetzt trauere... Denn ich habe die Erinnerung an sie, ihr Bild verinnerlicht. Es hat sich in dem fruchtbaren Boden meiner inneren Welt tief verwurzelt.

Manchmal scheint mir, dass diese innere Welt - unsere Seele ist, und dass sie das Gegenteil, der Gegenpol von unserem Ego ist, das uns eher von anderen trennt und unsere Sprachen unterscheidet...

Danke für deine tröstende Worte, Igor.

L.G. Lenja

@julala: danke!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, Lena, wir leben gleichsam in den zwei Welten, wie es die Russen sagen, die Seele gehört dem Himmel, der Körper-der Erde. Und unsere Aufgabe als des Menschen, ich denke, bessteht darin, diese zwei Welten zu versöhnen, in den Einklang zu bringen. Dann wir sind vollkommen: auf der Erde wir stehen, sie trägt uns, gleichsam, das ist unsere Mutter, aber wir innerlich sehnen uns nach dem Himmel, wir sehnen uns nach den Sternen, und der Himmel ist unser Vater. Wir brauchen beide. Genau deswegen sind wir die Menschen.
LG.
Igor.
 
Wenn wir genauso deswegen Menschen sind, Igor, dass heißt: wenn wir als Menschen dazu bestimmt und auch fähig sind, verschiedene Welten zu versöhnen und in Einklang zu bringen, eine Brücke dazwischen zu bauen (da wir die beiden brauchen), dann könnten wir doch auch: du und ich und all die anderen, die ihre Heimat verlassen hatten, sie auf gleiche Weise mit dem neuen Zuhause im neuen Land verbinden? Dann müsste es doch auch möglich sein, oder?

Vielleicht greifen wir einfach nicht genügend nach dieser Fähigkeit zurück, weil wir aus irgendwelchen Gründen diese Versöhnung nicht wirklich wollen, weil in uns (noch) etwas ist, das uns es verbietet? Auch bei mir gab es dieses "etwas", doch ich habe es nach und nach aufgespürt. Viel Leid und Zeit war dazu notwenig... Und ich habe auch mein Wohnort verändert, einen Stadtteil gefunden, in dem ich diese Verbindung, diesen Einklang von anderen vorgelebt bekam und deshalb auch selbst es leichter umsetzten konnte. Seit dem geht es mir viel besser, Igor.

Liebe Grüße,
Lena
 
Vielleicht greifen wir einfach nicht genügend nach dieser Fähigkeit zurück, weil wir aus irgendwelchen Gründen diese Versöhnung nicht wirklich wollen, weil in uns (noch) etwas ist, das uns es verbietet?

Ja, stimmt, Lena. Ich habe sogat im schlmmsten Albtraum nicht damit gerechnet, dass ich nach Deutschland emigrieren werde. Es ist klar, ich habe H.Hesse und E.M.Remarque vergöttlichcht, aber das war absolut anderes: im fremden Land zu leben. Jeden Tag, viele Jahre... Einige meine Verwandten sagten damals:" Die Öfen dort rauchen noch..." Und ich hatte enorme Ängste. Aber wir wagten es doch. Und so viele Leute uns beneideteten. Meine letzte Monate in der Arbeitsstelle waren die absolute Hölle. So viel Hass ich habe noch niemals verspürt. Einmal ich habe mit sehr grösser Mühe von den Bergen vom Glasswatte mich befreit. Fast erstickt. Ich habe so abgemagert, dass war wie diese Gestalt aus KZ.
Als wir die Grenze überschritten haben, ich habe mich entschieden, allein ins Lokal zu gehen. Mit meiner russischer Mütze mit diesen Ohren alle verstanden sofort, dass ich der Russe bin. Ich konnte kein Wort herauspressen. Ich habe mit dem Finger auf den Tee-beutel gezeigt. Als ich stand und diesen Glass trank, ich habe nur eins gedacht: "O, Mein Gott, mein Gott, was habe ich nur doch getan?" Als ich zurück zum Auto gekommen hatte, meine Frau fragte mich: " Und wie war es ..?" "OK"-sagte ich.
Im Auto war das Radio. Ich hab kein Wort verstanden, die Sprache erinnerte mir die Feuersalven, wie die Kanonnade, wie abgehackt.... Ich war schon in der Nähe des absoluzten Zusammenbruchs.

Das reicht jetzt, ich wünsche dir, Lena, und euch allen, die mich lesen, die schöne Weihnachten und viel Licht.
Dieses Licht wir sollten weiter verschenken, um die andere Herzen zu erwärmen. Ansonsten warum sind wir hier?
LG.
Igor.
 
...ich wünsche dir, Lena, und euch allen, die mich lesen, die schöne Weihnachten und viel Licht.
Dieses Licht wir sollten weiter verschenken, um die andere Herzen zu erwärmen. Ansonsten warum sind wir hier?

Ich glaube, Igor, dass wir auch hier, in unserem "zweiten Zuhause" aufleuchten können, um den anderen dieses Licht weiter zu schenken... Denn auch hier gibt es viele Menschen, die es brauchen. Vielleicht leuchten wir manchmal etwas anders, in den für sie ungewöhnten Farben - doch auch das ist Licht, das genauso erhellt und wärmt. Wir müssen es ihnen nur erkennen lassen - indem wir einfach immer weiter und immer wieder leuchten. Denn es braucht seine Zeit.

Ich wünsche dir helles, warmes Licht und helles, warmes Leuchten, nicht nur am Weihnachten, Igor!
Und allen anderen auch. 🙂

Lena
 
Zitat: "Also, ich fühle mich wie von mir selbst entfremdet, mir selbst nicht angehörend.... Und das ist der Kern meiner Heimatlosigkeit."



Dem kleinen Teil von mir, den ich bisher kannte, werde ich manchmal entfremdet ... durch neue Eindrücke in einer komplett anderen Welt, die an die unbekannten Welten in mir appellieren und sie nach und nach zum Vorschein bringen .... immer nur ein paar Splitter meiner zahllosen "Ichs". Es ist an mir, sie als "mein" zu erkennen und mit ihnen wieder zu dem vertrauten Kosmos zu verschmelzen, der ich war, nur größer jetzt und weiter.
 
Dem kleinen Teil von mir, den ich bisher kannte, werde ich manchmal entfremdet ... durch neue Eindrücke in einer komplett anderen Welt, die an die unbekannten Welten in mir appellieren und sie nach und nach zum Vorschein bringen ....

Ja, so war es auch bei mir, Leftluggage... Nur dabei passierte mit mir noch etwas anderes, was für mich vorübergehend sehr problematisch wurde - in der neuen Welt gab es zu wenig Eindrücke, die an den mir so sehr vertrauten Teil von mir appellierten, sodass er kaum zum Ausdruck kommen konnte und mir immer mehr verloren ging... Dadurch fühlte ich mich nicht ganz, leer, mir selbst entfremdet - ich litt.

Irgendwann verstand ich, dass dieser vertrauter Teil von mir, den ich bisher kannte, auch erhalten und gelebt werden will und soll, dass ich für ihn in der "neuen Welt" neue Wege und Möglichkeiten finden muss, die ihn ansprechen, die ihn wieder sprechen und leben lassen. Und ich glaube einige bereits gefunden zu haben, denn seit dem geht es mir viel besser.

Das ist für mich die wirkliche und natürliche Art und Weise sich einer neuen Umgebung anzupassen und in diese zu intergrieren, oder wie du es so schön formuliert hast - mit dem anderen Ort des vertrauten Kosmos (auf eine neue Weise) zu verschmelzen.
 

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