Ich treffe mich auch gerne mit Freunden, um mit ihnen Spaß zu haben und eine lustige Zeit zu verbringen. Dagegen habe ich natürlich nichts einzuwenden. Aber eine Freundschaft besteht doch nicht nur aus Spaß, zumindest für mich nicht. Mir wäre halt nie in den Sinn gekommen, dass es Menschen gibt, die so denken und handeln. In meiner Verwandtschaft werden Freunde zu Geburtstagen, Grillfesten, etc. eingeladen. Auf der anderen Seite kann man sich aber auch auf diese Freunde verlassen, wenn man Umzugshelfer braucht, wenn jemand verreisen will und einen Babysitter für sein Haustier sucht, usw. Die Leute sind gesellig, helfen sich aber auch gegenseitig in Notsituationen.
Mir ist es schon einige Male passiert, dass irgendwelche Leute nur mit mir feiern wollten, aber eingeschnappt waren, wenn ich sie um einen Gefallen bat. Vor der Freundschaft mit Henry hatte ich einen kleinen Freundeskreis bei mir im Landkreis. Wir haben uns jede Woche 1-2x getroffen und haben was gemacht. Weil ich aus gesundheitlichen Gründen nicht Auto fahren kann, bin ich immer bei meinen Freunden mitgefahren und habe ihnen Spritgeld gegeben. Als ich dann meinen Job verlor und es mir nicht leisten konnte, mich jedes Mal an den Spritkosten zu beteiligen, sind die einfach öfters mal ohne mich weggegangen. Denen war die Kohle wichtiger als ich. So ist die Sache in die Brüche gegangen.
Henry war damals derjenige, der mich aufgefangen und ganz lieb getröstet hat. Er hat mir gezeigt, dass es auf dieser Welt noch Menschen gibt, die nicht nur an sich denken und denen das Wohl ihrer Freunde auch wichtig ist. Deshalb wäre ich nie für die Idee gekommen, dass seine Freunde bei ihm in der Heimat genauso egoistisch sein könnten wie meine alten Freunde. Wobei er die Leute damals erst ganz kurz kannte (mich kennt er länger) und sie bestimmt noch nicht so richtig einschätzen konnte.
Dass ich die Leute als Deppen bezeichnet habe, hat schon seine Gründe. Es ist ja nicht so, dass sie "nur" egoistisch sind. Mich stört auch, dass sie ständig über irgendwelche Leute lästern, die entweder nicht zu ihrem Kreis gehören oder welche aus ihrem Kreis, die gerade abwesend sind. Das ist echt extrem bei denen (und die Lästerbacken in der Gruppe sind NICHT die Frauen!). Sie äußern sich auch sehr abwertend über Ausländer, Behinderte, behandeln ihre Partnerinnen schlecht und quälen Tiere. Henry ist das komplette Gegenteil, er ist Tierschützer, er ist total gegen Ausländerfeindlichkeit und setzt sich seit Jahren für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ein. Trotzdem trifft er sich mit diesen Leuten, die das genaue Gegenteil von seinen Werten leben. Einem Mann aus dem Kreis hat er schon mal die Meinung gesagt. Bei den anderen traut er sich nicht, weil sie sehr dominant sind.
Diese Typen waren auch nicht immer nett und respektvoll zu Henry. Z. B. haben sie ihn schon öfters versetzt und Verabredungen aus reiner Bequemlichkeit in letzter Sekunde abgesagt. Mit einem Mann wollte Henry mal übers Wochenende verreisen. Am Ende saß Henry alleine in der Bahn, der andere Kerl ist weder aufgetaucht, noch hat er ihm im Vorfeld abgesagt. Ein anderer Kerl hat mal vor einem Festival für die Gruppe eine Ferienwohnung gebucht. Als die Leute alle dort waren, erfuhren sie, dass er die Buchung storniert hatte und woanders übernachtete. Henry und der Rest bekamen keinen Schlafplatz mehr, sie mussten die ganze Nacht bei Minusgraden am Bahnhof durchmachen. Der besagte Kerl hat sich bei niemandem für sein Verhalten entschuldigt. Und trotzdem haben ihm das alle verziehen und sind immer noch mit ihm befreundet.
Dabei legt Henry eigentlich viel Wert auf Zuverlässigkeit. Auf mich konnte er sich immer verlassen, ich habe ihn niemals hängenlassen.
Mein Eindruck ist, dass Henry in erster Linie deswegen mit diesen Leuten befreundet ist, weil sie sein Hobby teilen und im gleichen Ort leben wie seine Eltern. Wenn er ca. 3x im Jahr seine Eltern besucht, verabredet er sich abends mit ihnen. Ansonsten sieht er sie nur ganz sporadisch auf irgendwelchen Festivals. Diese Leute haben ihn noch nie einfach so in seiner jetzigen Heimat besucht, so wie ich früher. Und er trifft sich auch nur mit ihnen, weil er das mit dem Besuch bei seinen Eltern verbinden kann. Ich würde die Abende bei meinen Eltern lieber alleine verbringen, bevor ich mich mit Menschen treffe, die völlig grundlos so gehässig zu anderen sind. Henry hat sicher auch noch andere Freunde, die hauptsächlich in seinem aktuellen Wohnort leben (und mir viel sympathischer sind als die Leute aus der alten Heimat). Er scheint seine Freundschaften nach anderen Kriterien auszuwählen als ich. Ihm scheint es wichtig zu sein, dass die Leute in der Nähe wohnen und schnell erreichbar sind, ich suche mir meine Freunde nach dem Charakter aus.
Viel ausschlaggebender für seinen Rückzug war aber sicher die Sache mit den Frauen. Ich hätte nicht gedacht, dass ihn das mit Vanessa so verletzen würde. Er hat sich zuvor mehrmals negativ über sie geäußert. Damals war ich noch jünger, unerfahrener und hatte einfach nur Angst, dass er eine Partnerin findet, die ihn die ganze Zeit für sich alleine will und ich ihn gar nicht mehr sehen darf. Diese Erfahrung habe ich nämlich schon mit anderen Kumpels gemacht, die irgendwann eine Beziehung hatten und sich dann nicht mehr mit mir treffen durften. Heute würde ich so ein Angebot sicher nicht mehr annehmen. Ich würde ihm komplett die Entscheidung überlassen, wie er damit umgeht. Und wenn er sich von einer Frau die Treffen mit mir verbieten lässt, dann war ich ihm eh nie wirklich wichtig. Natürlich habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich im umgekehrten Fall reagiert hätte. Ich wäre auch nicht erfreut gewesen. Aber es ist nicht meine Art, einen anderen Menschen über einen längeren Zeitraum mit respektlosem Verhalten meinen Ärger spüren zu lassen. Ich empfinde so etwas als Mobbing, und Mobbing ist für mich ein No-Go. Das war für mich das Schlimmste an der ganzen Sache.
Ich habe Henry in keinem meiner Beiträge als gestört bezeichnet. Das war nur ein Zitat von einer Aussage unserer Freundin Sandra, die bei ihm bestimmte Wesenszüge entdeckt hat.
Wenn er eine feste Partnerin hätte, wäre das natürlich kein Problem für mich. Schon lange nicht mehr. Als Partner ist der Mann schon rund 10 Jahre nicht mehr interessant für mich. Außerdem habe ich längst einen Mann an meiner Seite, den ich über alles liebe und mit dem ich sehr glücklich bin. Natürlich könnte ich mich aufrichtig für Henry freuen, wenn er jemanden hätte. Und genauso könnte ich es akzeptieren, wenn er seinem bisherigen Lebensstil mit sporadischen ONS treu bleibt. Henry kann tun und lassen, was er möchte. Er kann sich verabreden, mit wem er möchte und so oft, wie er das will. Es ist sein Leben. Schade, dass sein Vertrauen in mich dermaßen gebrochen ist, dass es nur zu sporadischen lustigen Kommentaren auf meiner FB-Chronik und Gesprächen bei zufälligen Festivaltreffen reicht 🙁.