Wenn hier jemand schreibt, dass sie/er völlig fertig ist, weil der Partner/die Partnerin gerade die gemeinsame Wohnung endgültig verlassen hat und sie/er nicht weiß, wie es weiter gehen soll und dann Kommentare kommen wie: "Wo ist Dein Problem? Sei froh, dass er weg ist!" oder "Immer diese Jammerei! Komm damit klar!" oder "Selbst Schuld, Du hast Dir 'das' schließlich rausgesucht!", dann mag an allen Kommentaren etwas dran sein. Also warum nicht? Es ist zumindest ein Teil der Wahrheit und deswegen muss das erlaubt sein. Wer das nicht aushält, wer dafür nicht stark genug ist, der soll hier nicht schreiben oder sich in eine zugangsbeschränkte Gruppe verziehen und damit basta!
Wenn meine Wortwahl aggressiv und angriffig ist, wenn ich alles grob vereinfache und die Schuldumkehr nun mal mein Erkennungszeichen ist, dann darf man doch mein Recht auf Redefreiheit nicht einschränken, denn bin ich mit meinem "Hättest Du halt aufgepasst!" weniger wert, als die Userin, die solidarisch schreibt: "Es tut mir leid, was Dir passiert ist und verstehe gut, wie sehr Dich dieses Erlebnis schmerzt."? Wie entwickelt sich ein "dickeres Fell"? Durch Streicheleinheiten? Wohl eher nicht. Also ist der Tritt in den Hintern doch ein Dienst an der Menschheit!
Ich kann @BeiHempelsUntermSofa nur zustimmen: was ist so falsch an einer gewissen "Grauzone des Mitgefühls"?
Ich würde jetzt wirklich so gerne etwas schreiben, das "Herzen erweichen" könnte, das den Sinn von Mitgefühl klarer werden lässt. In mir sträubt sich gerade alles gegen eine Regel und eine Diskussion, ab wann Mitgefühl sinnvoll ist und wann nicht, denn das wird aus meiner Sicht der jeweiligen Situation und den Menschen nicht gerecht. Ich war immer wieder auf eine Geste des Verständnisses und des Mitgefühls angewiesen und wenn es diese gab, hat sie mir geholfen. Ein Lächeln, ein "ich weiß, was Du meinst" war hilfreicher, als ein "Loser! Mach Dich mal gerade!". Warum muss hier ein "besser/schlechter" hinzu gefügt werden?
Ich sehe ein und das ist eine schmerzvolle Erfahrung für mich: wirklich jeder hat seine Gründe und man kann für alles Argumente finden. Aber niemand weiß, wann sich "das Blatt wendet" und man Hilfe braucht. Und wenn dann niemand mehr da ist, der einen Schritt auf die Seite machen will, nicht weil er es müsste, sondern weil es hilfreich wäre, dann ... dann ist es wieder ein Stück "kälter" geworden.
Ich erinnere mich noch sehr genau an einen Nachmittag während meiner Bundeswehrzeit. Ich hatte einen "Lagerkoller", Heimweh und war kurz vor dem "Durchdrehen". Ich durfte die Kaserne nicht verlassen, sah überall nur noch Stacheldraht und konnte meine Tränen kaum noch zurückhalten. Ich habe mich dann ans Tor geschlichen, um ein Stück "ohne Stacheldraht" sehen zu können. Das hat mich noch mehr "umgeworfen". Ich bin dann einfach zum "Wachhabenden" gegangen: "Bitte, ich weiß, ich darf nicht raus, aber ich muss hier für 10 Minuten weg, ich muss diesem Mist kurz entkommen. Ich haue nicht ab, ich verspreche es." Der Mann hat mich kurz angesehen und mich "rausgewunken". Ich werde diese Geste der Menschlichkeit nie vergessen, denn es hätte ihm Probleme bereiten können und doch hat er "Herz" gezeigt.
Ich fasse es gerade nicht, warum ich den Eindruck habe, etwas wie Solidarität und Mitgefühl überhaupt begründen zu müssen. Als wenn wir im Laufe unseres Lebens nicht alle in Situationen kommen könnten, in denen wir darauf angewiesen sind. Muss das wirklich heute und überhaupt diskutiert werden? Sind wir schon so tief gesunken?