Noch ein Versuch...
Hier im Thema schreiben (ich glaube, mag nicht nochmal alles nachlesen, dafür ist es zuviel) ausschließlich Kinder, die sehr gute Gründe für einen Abbruch hatten, inklusive mir. Trotzdem wird uns vorgeworfen, aus Egoismus und niederen Beweggründen zu handeln, da unsere Eltern alles für uns getan hätten.
Dem ist, zumindest bei mir, nicht so. Nicht nur, dass ich über Jahre versucht habe, ins Gespräch zu kommen, dass ich mich immer wieder habe erniedrigen lassen, dass mir immer wieder für das Fehlverhalten meiner Mutter die Schuld gegeben wurde, nein, ich habe trotz dieser Dinge meinen Weg gefunden, bin ohne Zutun meiner Eltern zu meinem Frieden gekommen, bin nun wieder auf sie zugegangen, ohne eine Erwartung zu haben.
Warum ist es so schwierig zu verstehen, dass es Abstand braucht, um seinen Frieden machen zu können, wenn die andere Seite in keinster Weise mitspielen will? Warum gehen Eltern davon aus, dass Kinder ihnen gegenüber dankbar sein sollen? Warum? Eltern, die Kinder in die Welt setzen, haben verdammt nochmal Verantwortung für sie. Sie haben auch jede Menge anderer sozialer Rollen, aber für ihre Kinder sind sie nunmal ausschließlich in ihrer Rolle als Eltern entscheidend. An der werden sie gemessen werden.
Ist es so viel verlangt, zu schauen, was man falsch gemacht hat? Sich dafür zu interessieren, was sein eigenes Kind so sehr verletzt hat, dass es sich abwenden muss? Jahrelang habe ich die Schuld bei mir gesucht, dafür, dass meine Mutter mich für eine notorische Lügnerin hielt, dass meine Eltern mich aus dem Haus getrieben haben, dass sie nicht für mich da waren, wenn ich krank war, dass sie mir meine Hochzeit versaut haben, mich seelisch misshandelt haben. Jahrelang suchte ich danach, was mit mir nicht stimmt.
Darauf zu kommen, dass ich nie Selbstwirksamkeit als Kind erfahren durfte, dass ich von meiner Mutter missbraucht wurde, dass sie selbst so bedürftig ist, dass sie meine Bedürfnisse schlicht nicht erfüllen KONNTE, dafür brauchte ich eine Therapie. In deren Verlauf sich meine Therapeutin noch von meiner Mutter beschimpfen lassen musste.
Aber ich hatte ja alles. Schulbildung, Studium, Klamotten, Urlaube. Bedingungslose Liebe, Vermittlung von Selbstwert, Respekt und Achtung leider nicht.
Natürlich wird jetzt wieder kommen, dass man in meinem Fall ja Verständnis hat. Hätte meine Mutter auch, würde sie das hier lesen, ohne zu bemerken, dass es hier um sie und mich geht. Sie sieht es aber nicht. Und ich nehme ihr das heute nichtmal mehr übel.
Sich an die eigene Nase packen, das ist entscheidend. Für alle Beteiligten. Ich bleibe dabei: Kinder, die ohne schwerwiegende Gründe, egal in welchem Alter, den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen, sind die absolute Ausnahme.
Und übrigens, falls jemand sich das fragt: ich bin selbst Mutter.