Liebe
@Pusteblume808,
eine Mutter-Kind-Kur, in die ihr beide mit eurer Indikation reist, wäre ein sehr guter erster Schritt. Du als Mutter mit einem Erschöpfungssyndrom, dein Junge mit ADHS.
Geh für die Beantragung zum Hausarzt (Vordruck direkt mitnehmen, findest du hier:
https://www.mutter-kind-hilfswerk.de/formulare) und dann sucht eine gute Klinik raus. Absolut empfehlen kann ich dir die Ostseeklinik in Glowe, Königshörn. Wunderschön gelegen auf Rügen am Meer, vor allem aber ist das Konzept bombig. Du hast ein Recht auf freie Klinikwahl, wenn widersprochen wird von der Kasse setz dich durch. Alle relevanten Infos findest du hier:
https://www.ostseeklinik.de/
Lies dich wirklich durch alle Seiten, das ist wichtig, um zu verstehen, wie die Beantragung vonstatten gehen muss.
Es gibt zahlreiche Mu-Ki-Kur-Kliniken, leider auch sehr viele schlechte. 4 Jahre nach Königshörn war ich in der Kurklinik Strandrobbe in Cuxhaven, weil mir Glowe abgelehnt wurde und ich dachte "Egal, Klinik ist Klinik!" Weit gefehlt, es war ein himmelweiter Unterschied - und deshalb empfehle ich jetzt immer noch aus völliger Überzeugung die Ostseeklinik.
Eine solche Kur ist kein Urlaub, auch wenn du danach (zumindest bei dem Aufenthalt in Königshörn) absolut erholt wieder heimkommst. Du hast Anwendungen, Gesprächstherapien uvm. und lernst Strategien, um mit deiner Situation der Überforderung besser klarzukommen. Du lernst aber auch die Herausforderungen des ADHS besser zu verstehen. Genauso lernst du Mütter (evtl. auch Väter) kennen, die in ähnlicher Situation sind wie du. Auch das ist unglaublich hilfreich, sich austauschen und gegenseitig helfen zu können. Und dein Junge hat auch Spaß, da er in der Zeit deiner Anwendungen mit anderen Kindern liebevoll betreut wird. Ich kann dir nur wärmstens empfehlen, diesen Schritt zu gehen: Du hast bei der o. a. Indikationskombi die 100%ige Sicherheit, dass du zur Mu-Ki-Kur fahren kannst, da es hierauf einen gesetzlichen Anspruch gibt und eine Erschöpfung ein individuell empfundener Zustand ist, den dir niemand absprechen kann. Du wirst in der Zeit vom Arbeitgeber bezahlt freigestellt, das geht nicht vom Urlaubsanspruch ab, wird wie eine Reha behandelt. Auch die Kosten trägt die Kasse bis auf einen minimalen Eigenanteil (gesetzliche Zuzahlung von 10 Euro/Tag = 210 Euro, da i.d.R. 3 Wochen, je nach Situation kannst du dich aber selbst davon noch befreien lassen). Ich war damals mit dem Zug da, habe vorab in Umzugskartons meine Klamotten hingeschickt, die durch einen Kurier von uns zu Hause abgeholt wurden (also hast du völlig überschaubares Reisegepäck), auch das organisiert die Kasse/Klinik, übernimmt auch die Fahrtkosten.
Sei nicht dumm, nimm dein Recht in Anspruch - ich glaube, das geht alle 4 Jahre bis zum Alter von 14. Fällt die Zeit in die Schulzeit, bekommt dein Junge dort Unterricht. Er versäumt also auch nichts in der Schule. Du musst dann bei den Lehrern erfragen, welcher Stoff geplant ist. Ausgebildete Lehrer kennen das und du erhältst von ihnen Materialund Aufgaben für diese Zeit. In der Klinik hat er dann quasi Privatunterricht und zwar jeden Morgen von Mo-Fr wie regulär in der Schule.
Und noch kurz zum ADHS. Meine Tochter hat das auch. Mir tut es weh, zu lesen, dass du deinen Jungen als faul bezeichnest. Unterschätze nicht die Einschränkungen durch das ADHS. Meine Tochter erhielt ihre Diagnose mit 8 Jahren. Tat sich anfangs schwer mit dem Lernen, da sie sich von allem Möglichen ablenken ließ, war leistungsmäßig unter dem Durchschnitt. Wir haben uns dann auf ärztlichen Rat zur Therapie mit Medikinet in Kombination mit intensivstem Sport entschieden. Das war ein absoluter Game Changer - seitdem ging ihr alles leicht von der Hand, vor allem aber kam sie auch mit sich selber viel besser zurecht. Selbst durch die Pubertät kamen wir absolut locker mit völlig normalen Konflikten. Ihr Abi hat sie übrigens mit einem sehr guten 1er-Schnitt abgeschlossen, geht jetzt ins Medizin-Studium.
Medikinet MUSS nicht jedermanns Weg sein. Ich habe aber nie verstehen können, wenn Medikation rigoros abgelehnt wurde, da sie dem Kind wirklich einen großen Leidensdruck zu nehmen vermag. Das Medikament (anfangs nur als Ritalin auf dem Markt) gibt es seit den 60er Jahren. Es ist sehr gut erforscht und eine engmaschige ärztliche Begleitung durch den Arzt mit regelmäßigen Blutchecks ohnehin zwingend. Es macht auch nicht abhängig - auch dieser Blödsinn wird gerne mal erzählt und hält Eltern dann von der Entscheidung ab.
Es gibt Hilfe, du musst sie nur in Anspruch nehmen!
Lies dich auch mal zum Thema Leihoma ein. Habe kürzlich festgestellt, dass das ärgerlicherweise mittlerweile auch als kostenpflichtiges Konzept auf dem Markt etabliert wurde. Das meine ich aber nicht. Ich meine Frauen, deren eigene Kinder aus dem Haus oder die kinderlos sind, und die sich gerne ehrenamtlich für Mütter wie dich engagieren, indem sie sie bei der Kinderbetreuung wie eine Oma gelegentlich und nach Absprache entlasten. Wenn es gut läuft kann sie sogar richtig in die Familie integriert werden, wie eine echte Oma. Zumindest väterlicherseits dürfte da bei euch ja eine Lücke klaffen. Google mal für deinen Wohnort danach oder frag bei der Caritas an. Das kostet nichts und du könntest für dich so ein bisschen Auszeit bekommen, mal etwas für dich tun. Das ist wichtig fürs eigene Seelenwohl!