Hallo Lalebay,
denkst Du wirklich, dass es sinnvoll ist, wenn man nicht essen will, auch noch das Trinken einzustellen?
Ja, Du wirst hier im Forum viele AnhängerInnen dieser simplen "Wenn-Dann"-Logik finden, die ganz schnell dabei sind, ein Regelwerk von Forderungen und Druckmitteln aufzubauen, um ein Ziel zu erreichen und manchmal funktioniert das ja auch. Wenn ich einen großen Schmerz gegen einen noch größeren Schmerz abwägen muss, dann gebe ich womöglich der größeren Bedrohung nach, ohne Einsicht, ohne Einverständnis, einfach nur dem Druck folgend. Der Mensch ist vergesslich. Vielleicht klappt diese manipulative Methode nicht nur einmal. Aber wenn nicht, vergrößert sie das Problem ziemlich sicher.
Was Du beschreibst, ist unter Männern ein nicht wenig verbreitetes Phänomen. Die Ursachen dafür sind sehr vielfältig. Darüber zu spekulieren macht wenig Sinn. Bei der Geburt meiner Tochter war ich mit im Kreissaal, wurde aber von der Schwester "dezent" beiseite geschoben, damit ich nicht alles mitbekomme, mit der Begründung, dann hätte ich später nicht so vieles zu verarbeiten. Ich war zu aufgeregt, um zu widersprechen. Wie kann ein Mann über versteckte Ängste sprechen, wenn er nicht weiß, dass er sie hat? Stress, Hormonstörungen, überzogene Ansprüche an sich selbst, Schlafmangel, Überforderung, Eifersucht und noch vieles mehr, können ein Gesamtpaket ergeben, dass man als Mann nicht mehr überblickt und in einzelne "Pakete" aufschnüren kann.
So blöd es vielleicht klingen mag, aber seine Partnerin unter großen Schmerzen schreien zu hören und das als Folge des eigenen Spaßes und Kinderwunsches zu sehen und zu akzeptieren, verknotet schon die eine oder andere Synapse im eigenen Gehirn. "Schuld" mag ein bescheuertes Denkkonzept sein, aber manchmal erwischt sie einen auf dem linken Fuß. Nicht wenige Männer sind da innerlich sehr zwiegespalten und wer dafür nicht einmal vor sich selbst Worte finden kann, steckt in einem Strudel sich widersprechender Gefühle fest. Wenn ich Angst vor einer "Wiederholung" habe, dass aber eigentlich dämlich finde, wenn ich traurig bin, dass ich meiner Frau mit der Geburt so viele Schmerzen zugefügt habe und ich mich hilflos fühle, weil ich damit und dagegen nichts tun kann, dann verfällt so mancher Mann ins grübeln. Grübeln führt zu innerem Rückzug und die Zeichen stehen auf "Flaute".
Wie geht "Mann" damit um, wenn er sich als Teil des Problems wiederfindet und innerlich nicht so "stabil" und "klar" ist, wie er gerne sein wollte oder sollte? So oft wird uns Männern eine simple, schwanzgesteuerte Denkweise unterstellt und anhand vieler Beispiele scheinbar belegt, aber wenn es dann doch komplexer wird, wenn "Hier Frau, Du Mann und los" sich eben doch nicht mehr wie eine 1+1-Logik handhaben lässt, dann kann da was nicht stimmen?
Das eigene Kind löst in einem Mann eine Vielzahl von Ängsten und Befürchtungen aus, die enormen Stress zur Folge haben können. Was, wenn man die Familie nicht mehr versorgen kann, wenn man als Vater versagt? Was, wenn einen das eigene Kind nicht liebt? Wie die eigene Liebe zwischen Mutter (nicht mehr nur Partnerin) und Kind nicht aufzuteilen vermag? Wie soll "mann" mit den eigenen Erwartungen umgehen? Was ist mit den vergrabenen Erinnerungen an die eigene Kindheit, die es plötzlich mit diffusen Gedankenfetzen an den eigenen "Strand" spült? Wie mit den veränderten Erwartungen der Partnerin umgehen?
Sich mit der neuen Familiensituation zurecht zu finden, ist nicht nur für Dich als Frau, Lalebay, ein Mammut-Projekt. Auch Dein Partner ist da in vielen Punkten überfordert und kann damit vielleicht nicht gut umgehen, weil er aus seiner Sicht "viel besser" damit umgehen können sollte.
Ich weiß nicht, wie gut ihr euch inzwischen kennt und wie offen ihr mit einander umgeht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich Partner so gut wie immer in der inneren "Dimension" des anderen Partners verschätzen. Es gibt immer Punkte, die man vor sich selbst und dem anderen versteckt oder verstecken zu müssen glaubt. Er wäre nicht der erste Mann, dessen Bedürfnis nach Sex sich wandelt, der sich dafür schämt, es nicht wahr haben will oder Dich weder enttäuschen, noch schockieren will.
Fakt ist aber, dass ihr einen Weg finden solltet und das in nicht all zu ferner Zukunft, denn dieses "Ungleichgewicht" schadet euer Beziehung. Humor hilft. Ehrlichkeit hilft. Immer wieder begegne ich schockierten Paaren, die "das" vom Gegenüber nie gedacht hätten und doch ist es da. Darüber kann man reden lernen. Und ja, es gibt Männer, die vor sexuell aktiven Frauen Angst haben oder Angst bekommen. Und dann liegt es wirklich nicht immer nur an der Länge des Penis. Ein wenig komplexer sind wir Männer schon.