Am meisten ärgert mich, dass ich so unglaublich lange gebraucht hab, um dort einen Schlussstrich zu ziehen und dass ich aus all der Zeit so gut wie nichts mitgenommen habe. Ich hab in den 10 Semestern zahlenmäßig nicht mal die Klausuren von einem einzigen Semester geschrieben und ich war kaum in Vorlesungen. Also wirklich absolut sinnlos verschwendete Zeit.
Hallo, Deinen Beitrag zu lesen hat mich sehr berührt. Ich habe sechs Jahre lang studiert und mich danach durch eine Promotion gequält, weil ich mich wegen meiner Sozialen Phobie und meiner Konzentrationsprobleme nicht ins Arbeitsleben hinein getraut hatte. Meine Promotion, bei der viel schief lief, brach ich sieben Jahre nach Beginn ab. Das war vor fünf Jahren. So muss ich mir nun eingestehen, dass ich 13 Jahre lang umsonst studiert habe. In meinem Fach (Geisteswissenschaften) sieht es eh nicht rosig aus. Und bei meinem Lebenslauf noch weniger.
Als zwei Jahre nach Beginn meiner Promotion abzusehen war, dass ich damit keinen Erfolg haben würde, dachte ich die ganze Zeit "nach all der Zeit, die ich für meine Doktorarbeit schon aufgewandt habe, kann das doch nicht alles umsonst gewesen sein.
Es heißt ja immer, man soll gutes Geld keinem schlechten (verschwendeten) Geld hinterher werfen und gute Zeit keiner verschwendeten Zeit. Und so ist es manchmal sehr hilfreich zu sagen "ok..ich habe fünf, zehn oder dreizehn Jahre in den Sand gesetzt und beginne von vorne!" Ich habe gelernt, materiell (an Zeit/Geld) verloren und an Lebenserfahrung gewonnen!
Ob Du Dein Informatik-Studium durchziehen sollst? Das kannst nur Du wissen. Ich würde mich mal hinsetzen und mir ehrlich eingestehen, wie lange Du für das Studium noch brauchst (Deine Antriebsprobleme eingeschlossen). Zweitens: Hast Du schon mal einen Berufsberater oder die Berufsberatung Deiner Uni aufgesucht? Oft hat man völlig falsche Ideen, was man mit dem Fach, das man studiert, machen kann, oder man übersieht Nischen, die interessant sein könnten...
Bevor Du Dich pro oder contra Studienabbruch entscheidest, wäre es wichtig, dass Du a) sehr ehrlich mit Dir bist und b) so viele Informationen zu den Möglichkeiten in Deinem Fach hast, wie es geht.
Um auf Deine Traurigkeit zu kommen: es ist total menschlich, dass es einem passieren kann nicht schnell genug den Absprung aus einer falschen Tätigkeit (Studium oder Beruf) oder Beziehung zu schaffen. Manche Leute verharren Jahrzehnte in einer Ehe, weil sie nicht wollen, dass all die Zeit und emotionale Energie, die sie investiert haben, umsonst gewesen sein soll. Man will nicht, dass etwas umsonst war, und so bleibt man und bleibt...und bleibt viel zu lange.
... - Doch letzten Endes sind es die Fehler, die es uns ermöglichen zu lernen und zu erkennen wer wir sind, auch wenn es oft eine Weile dauert, bis unsere Selbsteinschätzung von viel-zu-negativ auf normal zurück pendelt.
Ich habe drei Jahre gebraucht um mir für mein zu langes Dranbleiben an meiner Promotion zu vergeben. Dieses Jahr beginne ich eine Ausbildung zur Krankenschwester. Wie Du siehst, ich bin um Einiges älter als Du und habe es dennoch gelernt an meine Zukunft zu glauben. Auch Du wirst es schaffen!
Wäre es vernünftig, zumindest mal diesen Abschluss zu machen, oder sollte ich mich lieber jetzt, da ich noch 28 und noch nicht 30 bin, endlich nach einer Ausbildung umsehen?
Darüber habe ich weiter oben ja schon etwas geschrieben. Wenn Du eine Ausbildung machen möchtest (das geht auch MIT abgeschlossenem Studium), würde ich auch in diesem Bereich über Deinen Ausbildungsberuf so viele Infos sammeln wie möglich (Art der Tätigkeit, Zukunftschancen, usw). Vielleicht könntest Du ja auch sogar ein Praktikum machen? Eine Ausbildung sollte man nie nur ausschließlich deshalb beginnen, weil es vernünftig erscheint. Wenn gar kein Spaß dabei ist, dann sind die Chancen die Ausbildung und den Arbeitsalltag danach durchzuhalten nicht gut.
Ich fühle mich viel zu antriebslos und schwach und unfähig, um in höheren Positionen zu arbeiten, bei stressigen Projekten mitzuarbeiten...
Antriebslos, schwach und unfähig...genauso fühlte ich mich vor fünf Jahren. Wie Du siehst, sind Gefühle keine Konstante.
Zum Glück, kann man sagen. Was ich noch hinzufügen möchte: als ITler hast Du es nicht grundsätzlich mit stressigen Projekten zu tun. So ziemlich jede Firma hat eine IT-Abteilung, in der viele Leute a) einen geregelten Arbeitsalltag haben und b) nicht permanent irgendwelchen Höhenflüge absolvieren müssen. Ein Freund von mir arbeitet in einer solchen Abteilung und verdient bombe. Auch die Kombi Ausbildung und Informatikstudium (oder in umgekehrter Reihenfolge) würde Dir gute Chancen eröffnen. Wirklich!
Dann sagt mein Lebenslauf natürlich auch jedem Personalchef, dass ich entweder massive Probleme habe, oder einfach eine faule Sau bin. - Ob ich da trotz "Fachkräftemangel" was finde, bezweifel ich. Ich würde mich jedenfalls nicht einstellen :-(
Du bist NICHT faul! Nein nein nein nein! Ich würde als Personalchef viel lieber einen Menschen einstellen, der Lebenserfahrung besitzt (wozu Fehler gehören!) als einen glatt gebügelten arroganten Aal, der sein bisheriges Leben in einer rosa Plüschwolke verbracht hat. Meine Devise: mindestens einmal im Leben fällt jeder Mensch so RICHTIG auf die Nase. Bei Dir (und mir) ist es in jungen Jahren passiert. Das kann besser sein als wenn es mit 40, 50 oder 60 passiert.
Falls mich überhaupt jemand nimmt, denn momentan bin ich wieder deprimiert, lethargisch und habe mir mächtig viel Kummerspeck angefressen :-( )
Lass Dich mal umarmen.
Ich weiß aus Erfahrung, dass es weh tut in einer Welt zu leben, in der selbst die engsten Angehörigen einen hauptsächlich nach dem, was man beruflich leistet, beurteilen. Und sich mit anderen zu vergleichen und zu sehen, wie jene anderen Geld verdienen, Familien gründen und ihre Karriere immer weiter ausbauen, tut noch mehr weh.
Doch c'est la vie. Es schwimmen nicht immer alle Fische gleichzeitig oben. Da die einzige Konstante im Leben Veränderung ist, wirst auch Du eines Tages wieder oben schwimmen.
Und auch Deinen Kummerspeck loswerden (bei mir waren es nach Abbruch meiner Doktorarbeit 26 Kilo...das meiste ist mittlerweile weg..in meinem "Alter" ist Gewichtsreduktion halt nicht mehr so einfach wie als Teenie).
Von ehemaligen Schulkollegen, Freunden, Verwandten und Bekannten mal ganz zu schweigen. - Ich kann ja selbst nicht glauben, dass ich fast 10 Jahre meines Lebens verpennt hab, wie soll ich das dann anderen beibringen?
Leben heißt Veränderung und Wachstum (emotional, mental und spirituell). Menschen, in deren Leben nicht immer alles glatt gelaufen ist, haben oft mehr Verständnis für die Fehler anderer und sind selber weniger geneigt typisch menschliche Fehler (zB zwanghaft an einer falschen Richtung dran zu bleiben) zu wiederholen. Du bist also vielen Menschen in Deinem Umfeld in gewisser Hinsicht überlegen. Wenn die anderen das anders sehen?
So what? Eines Tages wirst Du den anderen wegen Deiner Lebenserfahrung vielleicht ein guter Lebensberater sein. Hast Du Angst vor blöden Sprüchen? Ja, sie TUN weh. Doch ich kann Dir versprechen: nicht für immer!
1. ich hab keine Kugel, 2. das könnte ich meiner Familie nicht antun. - Mir selbst wärs egal...
Hast Du schon mal darüber nachgedacht bei der Telefonseelsorge anzurufen? Manchmal tut es einfach total gut, wenn einem jemand zuhört, ohne gleich an einem arbeiten zu wollen (ala "Sie MÜSSEN mehr an sich glauben", "Sie MÜSSEN, SOLLTEN und DÜRFEN"...). Das Leben ist manchmal leider verdammt schwer, und deshalb braucht man manchmal einfach einen Menschen, der einen zuhört, ohne gleich therapieren zu wollen.
Nichts gegen Therapeuten. Sie können sehr hilfreich sein!
Doch manchmal braucht mensch einfach Wärme.
Irgendwie muss ich aus diesem Elend rauskommen - aber ich weiß nicht wie!
Als ich 28/29 war, glaubte ich auch steinalt zu sein. Praktisch eine Mumie. Und jetzt erscheinen mir Menschen Deines Jahrganges als Küken. Tja, so verändern sich die Perspektiven.
Bitte glaube mir: Du bist sooo jung. Panik ist da nicht vonnöten. Du hast vielen Menschen ganz viel voraus, zum Beispiel die Fähigkeit sich selber Fehler einzugestehen. Nur ist das Pendel leider etwas zuweit ausgeschlagen (in Richtung negativer Selbsteinschätzung). Doch nichts währt ewig!
Alles Gute an Dich!