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Ist das betreute Wohnen wie ein Gefängnis?

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Kanae98

Mitglied
Hallo :)

Ich hab selbst im betreuten Wohnen gelebt, in einer Trägerwohnung alleine, also keine WG. Ich kenne aber auch viele, die in betreuten WGs leben.

So wie es dir beschrieben wurde, ist es in keiner davon. Immerhin sind wir alle freiwillig dorthin gegangen. Sicher macht es irgendwie einen Unterschied, ob du noch minderjährig bist oder nicht mehr. Als Minderjähriger können pädagogische Maßnahmen als einschränkend empfunden werden, aber auch diese sollten auf keinen Fall wie ein Gefängnis sein.
Ich hab mal eine Doku gesehen, da ging es um eine Art Besserungsanstalt, wo Jugendliche hinkamen, die sonst ins Gefängnis gekommen wären, also auf richterliche Entschluss hin. Die konnten da nicht einfach gehen. Ich erinnere mich aber nicht mehr genau und hab sowas im echten Leben auch nie gesehen.

Zu meinen Erfahrungen:
Mir persönlich hat es nicht gefallen. Ich ging zu dem Träger, weil ich sonst keine Wohnung gefunden und auf der Straße gesessen hätte. Das Wohnprojekt war noch ganz neu und hatte deswegen freie Plätze. Es gab zu wenig Sozialarbeiter und die, die da waren, waren überfordert und mies gelaunt.

Obwohl ich in Kliniken nie Probleme hatte, schien ich dort überall anzuecken und wurde von Betreuer zu Betreuer weitergereicht. Das brachte mir irgendwie einen schlechten Ruf ein, obwohl ich immer alles mitmachte, was die von mir wollten. Es hieß nur, ich würde das ohne große Eigeninitiative machen und mich zu wenig öffnen und mir wurde oft Sarkasmus unterstellt, wenn ich eigentlich die weiße Fahne hissen und kooperativ sein wollte... Natürlich wurde ich dann gereizt, wenn mein guter Wille nicht anerkannt wurde.

Wegen meiner psychischen Erkrankung wohnte ich unter einem anderen Paragraphen da, als einfach wohnungslose Menschen, die meist nach etwa zwei Jahren aus dem betreuten Wohnen ausziehen müssen. Ich hätte bleiben können, so lange ich wollte. Durch meine Erkrankung hatte ich jedoch auch eine engmaschigere Betreuung. Neben der Therapie und zahlreichen Selbsthilfegruppen, die ich freiwillig besuchte, waren mir die vielen Stunden mit den Betreuern (einzeln oder als Gruppe mit den anderen Klienten), die mich eh nicht leiden konnten, einfach zu viel.

Ich denke, mir gefiel schon das Konzept des Trägers nicht. Er war frauenspezifisch und insgsamt kam er mir wie ein Zickenverein vor, bei dem ich nur falsch verstanden wurde.. Mein Freund und viele Bekannte von mir waren ebenfalls im betreuten Wohnen, haben sich dort aber sehr gut aufgehoben gefühlt und hatten ein gutes Verhältnis zu ihren Betreuern. Also war ich da die Ausnahme.

Obwohl es mir nicht so gefiel, war es aber schon okay dort. Ich konnte kommen und gehen wann ich wollte, niemand durfte mir mein Handy oder sonstwas wegnehmen, ich durfte sogar den uralten Kater, mit dem ich aufgewachsen war, zu mir holen. Besuch war erlaubt, Männer hätte ich theoretisch erst meiner Betreuerin vorstellen müssen wegen des "feministischen" Ansatzes von denen. Hab ich aber nie gemacht und hatte meinen Freund trotzdem oft da. Übernachten durfte ich, wann und wo ich wollte. Sowas wurde alles gar nicht kontrolliert, ebenso wenig, was man in seiner Wohnung hatte und tat. Keine unangekündigten Besuche also.

Und dann gibt es natürlich auch noch die Vorteile des betreuten Wohnens:
Mit Betreuern hinter sich klappt bei Ämtern plötzlich alles wie geschmiert und in einem schnelleren Tempo, als wenn man da alleine antanzt. Obwohl ich erst 18 war, wurde mir Hartz IV bewilligt und ich bekam eine Härtefallregelung, sodass ich zu keinen Maßnahmen musste. Auch im Sozialamt ging immer alles gut.
Mit Anträgen und Papierkram kannten die sich aus, sich da für mich zu informieren und mir durch die Bürokratie zu helfen, war ja auch deren Job.
Ohne die Hilfe der Betreuer hätte ich wahrscheinlich große Probleme gehabt, mich überhaupt zu finanzieren. Auch einige Alltagsdinge kannte und konnte ich bis dahin nicht, die dort mit mir geübt wurden. Hatte teilweise was von Elternersatz und das waren auch die guten Momente.
Zudem gaben sie mir eine Wohnung, als ich auf dem normalen Wohnungsmarkt keine Chance hatte und lockerten sogar die Regeln, damit ich meinen Kater zu mir holen konnte.

Trotzdem war ich froh, nach einem Jahr dort auszuziehen. Nach meinen Klinikaufenthalten war ich eigentlich schon wieder zu selbstständig für die engmaschige Betreuung dort, das schränkte mich mehr ein als es half, denn im Prinzip kriegte ich den Alltag selbst auf die Reihe. Ich hatte sogar ein Studium aufgenommen. Doch ohne diesen mitunter sehr anstrengenden und lästigen Schritt wäre ich nie in so kurzer Zeit so weit gekommen.

Für jemanden, der Hilfe mit Ämtern braucht oder allgemein eine Person, die öfters mal bei einem Kaffee mit einem quatscht, fragt, wie der Tag lief, was für persönliche Ziele man sich stecken will für die nächste Zeit und wie man diese erreichen kann, ist betreutes Wohnen sicher toll. Man lernt- in einer WG wohl noch mehr als bei mir mit dem Appartement- Gleichgesinnte in einem ähnlichen Alter und mit einer ähnlichen Vergangenheit kennen, woraus sich sicher auch Freundschaften entwickeln können.
Die Betreuer können ein bisschen mit einem nachholen, was an wichtigem Wissen zum Überleben in der normalen Erwachsenenwelt bei einem vielleicht versäumt wurde (Umgang mit Finanzen, Bewerbungsgespräche und -unterlagen, Ordnung halten, einen Tag oder eine Woche planen, Verantwortung übernehmen). Gleichzeitig sind sie darauf geschult, Verschlechterungen der Befindlichkeit ihrer Klienten frühzeitig wahrzunehmen. Man kann nicht einfach tagelang verschwinden, ohne dass es jemandem auffällt. Also würde auch ein Suizidversuch eher misslingen. Die Betreuer kennen psychische Krankheiten und sind manchmal ein besserer, neutralerer Ansprechpartner als Freunde oder Familie. Und sie sind öfter erreichbar als ein Therapeut und können sich mehr Zeit nehmen, lernen einen auch in seinem Umfeld Zuhause kennen, wie man dort so drauf ist und was man für Probleme hat.

ABER: Sie sind keine Therapeuten und ersetzen auch keine Therapie. Auf ihrem Gebiet können sie sicher etwas, aber mich persönlich hat es immer gestört, wenn ein Sozialarbeiter sich als Therapeut aufgespielt hat. Es kann zu ganz wunderbarer Zusammenarbeit kommen, wenn Betreuer, Therapeut und Psychiater sich miteinander in Verbindung setzen (leider kam es bei mir nie dazu), aber jeder sollte bei seinem Fachgebiet bleiben, denke ich.

Mein Fazit also:
Ich bleibe dabei, das betreutes Wohnen eigentlich eine gute Sache ist. Ich hatte zwar Pech mit dem Träger, würde es aber vermutlich bei einem anderen nochmal probieren, sollte ich jemals überraschend meine Wohnung verlieren. Auch wenn es mir persönlich nicht gefallen hat und ich das Gefühl hatte, die Art der Betreuung dort war für mich nicht passend, hab ich doch auch die Vorteile mitbekommen.

Ich würde es an deiner Stelle einfach mal probieren. Zu verlieren hast du nichts. Du kannst jederzeit den Mietvertrag dort kündigen, festhalten kann dich eh niemand. Vielleicht ist es für dich genau das richtige. Besonders, wenn der Träger in der Klinik mithilfe des Stationsteams, das dich kennt, ausgesucht wird. Ich hatte bei der Wahl damals nämlich keine Hilfe.

Liebe Grüße und alles Gute :)
 

Kanae98

Mitglied
Ein kleiner Nachtrag zu den Regeln in meinem Träger (die sind natürlich auch überall verschieden):

Ja, es gibt welche, aber nein, sie sind überhaupt nicht streng. Da ich nie wirklich in Konflikt mit ihnen kam, erinnere ich mich daran gar nicht mehr so sehr...

Auf jeden Fall gab es die Regel, dass die Betreuer männliche Besucher erst kennenlernen wollten, man drinnen nicht rauchen sollte, man die Wohnung nicht zerstören sollte und Tiere waren eigentlich verboten. Aber da haben die Ausnahmen gemacht.
Ansonsten sollte man keine der anderen Klienten zum Drogen- oder Alkoholkonsum anstacheln und nicht in der Wohnung konsumieren. Das heißt, man durfte sogar berauscht dort sein, solange man niemanden da mit reinzog (das ist sogar für betreutes Wohnen sehr locker). Man durfte die Wohnung auch nicht untervermieten und wenn man gewalttätig gegenüber einem anderen Bewohner des Hauses oder einem Betreuer geworden wäre, wäre man rausgeflogen, ebenso, wenn man jede Mitarbeit dauerhaft verweigert hätte (also Gespräche und Termine und sowas).

Aber das meiste davon versteht sich eigentlich von selbst, ist nicht zu vergleichen mit einer Klinik mit den zig Regeln.. Manches wurde auch einfach nicht beachtet und hatte während ich dort lebte keine Konsequenzen.. Es wurde drinnen geraucht und es gab unerlaubten Herrenbesuch und Tiere gab es auch noch mehr als den Kater, er war nur der einzige legale tierische Mitbewohner dort.

Liebe Grüße :)
 

Harogos33

Aktives Mitglied
Ich hab Angst, dass es dort Probleme gibt für mich weil ich Homosexuell bin. Ich habe Angst, dass ich dadurch dann diskriminiert oder ähnliches werde. Und die mir verbieten einen Freund zu haben. Könnte sowas passieren? Was mach ich dann?
 
G

Gelöscht 75067

Gast
Kommst du aus einer religiösen Familie oder woher kommen diese Ängste?
 

momo28

Moderator
Teammitglied
Bist du da denn sicher?

Ja, da bin ich ganz sicher. Mein Sohn lebt seit Jahren im betreuten Wohnen und durch ihn kenne ich einige Einrichtungen und erlebe, wie gut das Zusammenleben funktionieren kann.
Natürlich wird es wie in einer großen Familie auch, immer mal wieder die eine oder andere Reiberei geben, aber grundsätzlich spielt die sexuelle Ausrichtung dort keine Rolle.

Es gibt Regeln, klar, an die man sich halten muss. Aber sie schränken das Leben und die Freiheit nicht so weit ein, dass man sich eingesperrt fühlt.

Mein Sohn geht täglich arbeiten und kann auch mich oder seinen Vater problemlos besuchen. Er kann ausgehen, hat einen eigenen Schlüssel, der es ihm ermöglicht, jederzeit ins Haus und in sein Zimmer zu kommen.

Schau dir doch einfach mal eine Einrichtung persönlich an. Mach dir selbst ein Bild und gebe nichts auf Hörensagen.
 

Harogos33

Aktives Mitglied
Ja, da bin ich ganz sicher. Mein Sohn lebt seit Jahren im betreuten Wohnen und durch ihn kenne ich einige Einrichtungen und erlebe, wie gut das Zusammenleben funktionieren kann.
Natürlich wird es wie in einer großen Familie auch, immer mal wieder die eine oder andere Reiberei geben, aber grundsätzlich spielt die sexuelle Ausrichtung dort keine Rolle.

Es gibt Regeln, klar, an die man sich halten muss. Aber sie schränken das Leben und die Freiheit nicht so weit ein, dass man sich eingesperrt fühlt.

Mein Sohn geht täglich arbeiten und kann auch mich oder seinen Vater problemlos besuchen. Er kann ausgehen, hat einen eigenen Schlüssel, der es ihm ermöglicht, jederzeit ins Haus und in sein Zimmer zu kommen.

Schau dir doch einfach mal eine Einrichtung persönlich an. Mach dir selbst ein Bild und gebe nichts auf Hörensagen.
Es gibt eben Heime, oder ich hab es zumindest so gehört wo es verboten ist alleine rauszugehen. Jemand durfte ein halbes Jahr sogar gar nicht raus.
 
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