Hallo TE,
es tut mir Leid, dass du den Glauben an Gott verloren hast. Da fällt es natürlich schwer, Weihnachten zu feiern; denn da feiert man ja, dass Gottes Sohn auf die Welt gekommen ist.
Natürlich kann aber jeder Mensch - auch ich - durch Schicksalsschläge in eine Glaubenskrise geraten. Um den Glauben muss man sich immer wieder neu bemühen. Mal ist Gott einem näher, mal sehr fern. Ich bin ebenfalls katholisch und weiß, wovon ich rede. Ich habe allerhand Schicksalsschläge und Enttäuschungen hinter mir. Z.B. auch die, keine Kinder zu haben, aber das ist in meinem Leben fast noch das Harmloseste. Glaubenskrisen habe ich auch kennen gelernt.
Ich verstehe auch, dass Menschen sich davon abgestoßen fühlen, wenn bei sog. Salonchristen Reden und Handeln auseinanderklaffen. Für solche "Christen" ist die Kirchengemeinde wie ein Verein, in dem man unter sich bleibt. Wer sich nicht nach den Maßstäben verhält, die als "gut katholisch" (= sehr traditionell) gelten, der gehört nicht wirklich dazu. Diese heuchlerische Form angeblichen Christentums konnte schon meine Mutter, die ich für wirklich fromm halte, nicht ausstehen. Sie ging nur sehr selten in die Kirche und war auch nicht in der Kirchengemeinde aktiv als Lektorin, Kommunionhelferin, bei der Caritas oder sonstwo. Sie lebte sehr bescheiden, hatte aber ein Herz für Menschen, die arm waren oder wenig Ansehen besaßen. Sie machte kein Aufhebens darum, wenn sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten Gutes tat, und legte auch keinen Wert darauf, dass dies in der Öffentlichkeit oder auch nur in der Kirchengeneinde bekannt wurde. Meines Erachtens hatte sie vom Christentum mehr verstanden als so manche Gattin eines CDU-Lokalpolitikers, die durch ihr "christliches" Engagement in diversen Gremien der Kirchengemeinde vor allem ihrem Ehemann zu noch größerer Popularität verhelfen wollte.
Man kann nur versuchen, sich selber christlich in dem Sinne zu verhalten, wie man glaubt, dass Jesus es gewollt hätte, und sich um eine lebendige Beziehung zu Gott bemühen. Mehr kann man nicht tun, und auf das, was andere machen, hat man keinen Einfluss.
Nun zu dir. Da du den Glauben verloren hast, gibt es m.E. zwei Möglichkeiten:
1. Du feierst Weihnachten gar nicht mehr und begründest das gegenüber deinen Verwandten mit Konsequenz. Du glaubst nicht mehr an Gott, bist aus der Kirche ausgetreten und hast somit auch keine Veranlassung, ein Fest zu begehen, bei dem die Geburt des Sohnes Gottes, an den du ja nicht mehr glaubst, gefeiert wird.
2. Oder du tust das, was die meisten in unserer Gesellschaft machen: Du deutest das Weihnachtsfest in ein Fest der Liebe um, das du aus rein traditionellen Gründen wie sonstige Brauchtumsfeste (z.B. ein Schützenfest) mitfeierst. Auch dann brauchst du dir aber keine dummen Sprüche anzuhören, weshalb ihr noch keine Kinder habt. Ich würde den Verwandten klipp und klar sagen, dass dich das stört und sie dich mit neugierigen Fragen, Protzgeschichten und spitzen Bemerkungen in Ruhe lassen sollen, falls sie Wert darauf legen, dass du auch künftig noch mitfeierst. Auch die Geschenke finde ich übertrieben. Wenn es nur noch darum geht, sich gegenseitig dabei zu übertrumpfen, wer den Kindern das teuerste Geschenk gemacht hat, dann kann man auf Weihnachten wirklich verzichten. Dann kannst du dir mit deinem Mann über die Feiertage lieber eine schöne Reise von dem Geld gönnen und lässt die anderen feiern, wie sie es gewohnt sind.
Eines muss ich noch loswerden:
Die boshafte Bemerkung deiner Schwester ist wirklich das Allerletzte! Kinder sind letztlich ein Geschenk Gottes (oder des Lebens, nenne es, wie du willst). Ein Geschenk kann man sich nicht durch Leistung verdienen, man hat keinen Anspruch darauf. Man ist dadurch auch kein wertvollerer Mensch als diejenigen, die dieses Geschenk nicht erhalten haben. Und ein Kind kann einem von Gott oder (für Nichtgläubige) vom Schicksal auch jederzeit wieder genommen werden.
Was sagt deine Schwester eigentlich zu ihrem kleinen Sohn in Gegenwart von Frauen, die ihr einziges Kind durch einen Unfall, Mord oder eine schwere Krankheit verloren haben? "Die Tante ist jetzt keine vollwertige Frau mehr, weil sie keinen kleinen Sonnenschein wie dich mehr hat"? Bei solchen fiesen Bemerkungen kann man in der Tat vom Glauben abfallen. :mad:
So jemand will Weihnachten feiern? Was feiert sie denn dann eigentlich? Das Fest der Selbstbeweihräucherung? Oder das Fest des Erfolgreich-die-Beine-breit-gemacht-Habens (entschuldige bitte den Sarkasmus, aber auf diesem primitiven Niveau bewegt sich die Bemerkung deiner Schwester doch im Grunde!). Schlimmer kann man die Weihnachtsbotschaft wohl nicht missverstehen. Deine Schwester missbraucht das Weihnachtsfest, an dem man die Liebe Gottes zu den Menschen feiert, oder auch irgendwelche Familienfeiern, um ihre eigene Schwester zu verletzen. Pfui Teufel, kann ich dazu nur sagen.
Lass' dir solche Unverschämtheiten nicht mehr gefallen, solchen Leuten musst du Zunder geben und ihnen Grenzen setzen! Du musst nicht um jeden Preis Kontakt zu Verwandten pflegen, die dich so respektlos behandeln.