@ Tyra
Werte Tyra,
so ergreifend lang und so erhellend und aufschlussreich dein Beitrag im Bezug auf zwei Feststellungen auch ist, so irritierend wirkt er doch an manch anderer Stelle. Die aus deinem Beitrag abzuleitenden Lehren, dass man a) bevor man überhaupt reif für eine Beziehung ist und eine solche eingeht, sich zunächst selbst gefunden haben bzw. wissen sollte, wer man ist, sowie b) man keine Beziehung nur um der Beziehung wegen führen sollte, da eine Beziehung vorrangig dem Seelenheil der Partner zu dienen hat und nicht der Tatsache irgendetwas nach außen hin repräsentieren zu müssen, sind natürlich vollkommen richtig und unstrittig – wobei auch dies natürlich nicht vor einem späterem Scheitern schützt, denn dazu sind äußere Einflüsse mittlerweile zu mächtig und wenig beeinflussbar geworden.
Irritiert aber auch ein wenig zum Schmunzeln angeregt fühlte ich mich beim eher missglückten Versuch, mich analysieren zu wollen und sogleich Tipps zur Errettung meines Seelenheils zum Besten zu geben…..
Aber mach dir nichts draus….ich erkenne deinen guten Willen
Ich glaube, dass ich mittlerweile ein Alter erreicht habe, welches mir erlaubt die Dinge aus einer guten Distanz zu begutachten und zu beurteilen sowie obendrein auf meine doch recht reichhaltigen Erfahrungen zurückzugreifen. Das soll übrigens weder arrogant klingen oder belehrend – jeder hat sein eigenes Bild im Kopf! Die einen haben mehr Glück, die anderen weniger und somit sind auch die Prägungen unterschiedlich. Diese zu leugnen oder zu unterdrücken – etwa durch Flucht in Drogen, irgendwelche Heilslehren o.ä. - wäre sicher falsch, denn diese unterschiedlichen Erfahrungen machen uns Menschen erst aus, sie befähigen uns zur Kritik und zuweilen kann man grade durch die unterschiedlichen Sichtweisen voneinander sogar noch lernen und etwas bewegen…
Aber lassen wir das. Was ich eigentlich schreiben wollte, war etwas zu deinen Äußerungen bzgl. Fortpflanzung, Seitenspringen und der Behauptung, dass der Mensch kein austauschbares Konsumgut sei.
Das biologisch vorteilhafte Alter für ein Kind zwischen 16 und 20 anzusiedeln halte ich für etwas…nunja… kurzsichtig. Nimm bitte zur Kenntnis, dass Lebenserwartung, medizinischer Fortschritt wie auch Gesundheitsvorsorge kaum mit den Zuständen in einem afrikanischen Land zu vergleichen sind und demzufolge auch kein triftiger Grund besteht, aufgrund der längeren Lebenserwartung sehr früh Kinder zu bekommen. Das biologisch günstigste Alter zur Fortpflanzung sollte man daher ruhig bis um die 30 ausdehnen! Dies ist auch schon aus dem Grund nur vernünftig, weil die Strukturen und Anforderungen innerhalb unserer Gesellschaft weitaus komplexer sind und demzufolge die Entscheidung für ein frühes Kind in den allermeisten Fällen zu Problemen der beruflichen wie auch psychischen Entwicklung führen können. Eine früh geschlossene Beziehung mit dem Vater funktioniert in den allerwenigsten Fällen, weil die Erfordernisse des Alltags in diesen jungen Jahren das Paar zwangsläufig auf eine enorme Belastung stellen. Die Entscheidung für ein Kind erfordert Herz und vor allem den Verstand zweier gefestigter, zueinander loyaler und ein Stück weit lebenserfahrener Partner, denn grade Alleinerziehende sind drohender Armut und Abstieg im besonderen Maße schutzlos ausgeliefert! Die allerwenigsten Paare im Alter von 16ff sind bereits emotional dermaßen gefestigt, dass ihre Beziehungen halten und die Belastung eines Kindes verkraften. Und selbst wenn, bedarf es immer noch psychologischer, organisatorischer wie auch finanzieller Unterstützung des Umfeldes – im Idealfall der Eltern/Verwandtschaft - welches aber in den allermeisten Fällen eben nicht vorhanden ist.
Das „Seitenspringen“ immerzu mit der Biologie zu entschuldigen ist so, als würde man sich einen Freifahrtschein für ausfälliges Benehmen in der Öffentlichkeit erteilen, weil man dieses ja auch durch übermäßigen Alkoholkonsum entschuldigen kann. Dahinter (dem Seitenspringen) steckt in den allermeisten Fällen Verdrängung und Angst, für etwas Verantwortung zu übernehmen. Das meinte ich vor allem auch mit meinem Hinweis auf das Entfremden von der Gesellschaft, denn in einer Gesellschaft, in der immer weniger Menschen Verantwortung zu übernehmen bereit sind, eine Beständigkeit in ihrem Handeln vermissen lassen, in der immer mehr Menschen dem Eigennutz folgen und ihren Wert nach Teilhabe an Konsum und Gelderwerb koppeln, sehe ich für meine Person zumindest keinen richtigen Platz. Und das darf ich sagen, denn ich verfolge gewisse Prinzipien. Finde ich diese Prinzipien, diesen Wertekanon auch nach noch so eingehender Auseinandersetzung nicht bei den Mitmenschen in meiner Umgebung, sehe ich auch keinen Grund mich mit diesen vertiefend auseinanderzusetzen.
So zeugt auch das promiskuitive Verhalten vieler Mädels wie auch Jungs in jungen Jahren weniger von Reife, sondern von einem Adaptieren vorgelebter (Konsum-)Bilder, wie sie über die Medien transportiert werden. Hinzu kommt, dass Konventionen nicht mehr greifen, weil die familiäre Kontrolle verloren geht. Ich sehe das also eher als eine Art „Hilfeschrei“, als zielloses Wandern Alleingelassener, dass nur für die wenigsten später glücklich – sprich: in einer dauerhaften, von Verantwortung geprägten Beziehung endet. Der Rest sieht sich ähnlich der berühmten Maus mit einem Tretrad konfrontiert, d.h. man sucht und sucht, man lässt sich immer ein Stück weit mehr deformieren und gerät nur doch immer an den oder die Falschen/-e, weil man eben nie gelernt hat Verantwortung zu lernen, sich selbst zu betrachten, selbst zu definieren, seinen Wert als Mensch zu erkennen und sich in Kontrolle zu üben.
Damit sind wir beim Menschen als Konsumgut, denn er ist dazu gezwungen sich darzubieten auf diesem Markt der Sehnsüchte, des ökonomischen Erfolgs, der (sexuellen) Aktivität, der ja streng genommen doch nichts weiter als ein Markt der Lebenslügen ist! Akzeptanz durch Anpassung und Übernahme gängiger Muster auch wenn es einem immer ein Stückchen mehr der eigenen Seele kostet. So vergleicht man, klaut man Identitäten, Eigenschaften, Rollen und man ist de facto eine Ware, die sich gut verkaufen muß, weil der Zwang dazu besteht. Die Alternative wäre nur der Ausstieg….aber mal ehrlich: wer kann sich das heute ernsthaft leisten?
solace