Niemand kennt dich hier, weshalb es auch niemanden wirklich interessieren kann
Mein bester, du hast angefangen mich persönlich anzugehen und damit vom Thema abzuweichen. Ich hab das nur mitgemacht und hab mich nicht von dir an die Wand spielen lassen. Ich kann das alles belegen was ich sage. Für die Sachen damals in der Kommunalpolitik gibts auch noch paar Spuren, Pressemitteilungen und Zeitungsmeldungen im Netz.
Ich geh mit meinem Leistungen sicher nicht hausieren, werd sie aber auch nicht verschweigen, denn ich bin sehr stolz auf sie (hab dafür schließlich auch Prügel von Nazis bezogen, meine Familie wurde mir gegenüber bedroht). Du hast mich hier persönlich angegriffen, es geht um Politik, ich hab dir nur geschildet dass ich schon ne politische Leistung vollbracht hab.
Was hast du schon geschafft ausser Reden halten?
@Benjamin-29: Gerne, gehört für mich nämlich mehr zu Politik als Reden schwingen.
Das Viertel (drittgrößtes Plattenbauviertel der DDR) war in den 90ern ein Versuch einer National-Befreiten-Zone. Heisst, Nazis sahst du überall auf der Strasse (Nazi-Kleidung trugen selbst unpolitische Einzelgänger, einfach weils Dresscode war), wenn du irgendwie anders warst, warst du in ständiger Bedrohungssituation. Nachts wurden mit den Rückkehrern aus den Innenstadt-Discos richtigehend Treibjagden in den Hochhausschluchten veranstaltet, etc.pp.. Die "tolle" Antifa hier macht jedes Jahr Demos mit tausenden Leuten, aber als wir Demos in dem Viertel machten, war das den meisten zu gefährlich (wir handvoll Linke unter den hunderten Rechten wohnten da...), und wir waren nur 80Leute, mussten mit Bullenschutz da raus eskortiert werden, nachdem die unsere Sicherheit (bei ner angemeldeten Demo!) nicht mehr garantieren konnten.
Ausgangspunkt für das alles war ein kommunaler Jugendclub, der bei der NPD/JN (Junge Nationale-Jugendorganisation) bundesweit bekannt war, weil da 2-3dutzend Kader von denen rumsprangen und praktisch jeden Abend hunderte Jugendliche sich da besoffen. Nazibands im Keller. Die Gewalttaten nahmen hauptsächlich da ihren Ausgangspunkt. Für NPD-Demos haben die sozialarbeiter die Busse organisiert....
Mit Unterstützung paar größerer Organisationen haben wir dann ne Antifa-Gruppe gegründet, konnten am Anfang nicht in dem Viertel tagen, weil es zu gefährlich war. Unseren Tagungsort in nem anderen Stadtviertel überfielen die Nazen des Viertels trotzdem zweimal.
Naja, ich hab fleissig Anzeigen geschrieben wegen den Vorfällen mit mir (ich war von den 3 Kerlen mit Iro im Viertel, der einzige der sich traute Farbe reinzumachen, und deshalb bei den Faschos Viertelweit schon bekannt wie ein bunter Punker. Farbe in den Haaren trauten sich sonst nur Mädels), und dann haben wir ne Pressemitteilung geschrieben, mit auflistung der Vorfälle der letzten Monate.
Dann haben wir uns jugendliche aus anderen Stadtvierteln geliehen (soviele Linke bekam man in unserm Viertel nicht zusammen, obwohl es das größte Stadtviertel war), und haben die für Leute aus unserm Viertel ausgegeben, und haben dann mit Lokalpresse im Rücken das Büro des damals zuständigen Beigeordneten besetzt (der jetzt OBM ist, Schützling des jetzigen Bundesverkehrsministers, damaligen OBM), und haben gesagt: wir gehen erst wenn wir nen Termin haben. Nach nem Termin beim Beigeordneten incl. Presse, wo wir einen auf verfolgte Minderheit machten (war ja real so, meine damalige Freundin wurde paar Monate vorher als 15jähriges Mädel bei hellichten Tag mit mehreren umstehenden Bürgern von nem Fascho mit ner ungeladenen Waffe scheinhingerichtet), bekamen wir die Zusage für nen Termin im Stadtrat mit dem Thema, und dass was passiert.
Als nächsten Schritt saßen meine Ex und ich bei ner Stadtratsitzung (wir waren geschickt und haben Pressemitteilungen und Statements immer von den Mädels vorlesen lassen), haben da unser Statement verlesen, haben uns die anderen angehört, und am Ende geschah was.
Ich hab jetzt noch ein bißchen was ausgelassen, was in dem Viertel noch bei Demos passierte (Nazis jagten Reporter und Politiker bei ner Demo von uns, während die Bullen danebenstanden), was alles diesen Schwung in die Angelegenheit brachte.
Unser jetziger Verkehrsminister stand damals noch auf dem Standpunkt: alles Jugendrivalitäten (ist aber paar Jahre später beim Aufstand der Anständigen mitmarschiert), auch wenn da Leute zum Krüppel geschlagen wurden, die Bullen sagten, bloß nicht schließen, da haben wir die ganze Szene unter Blick.
Am Ende wurde der Jugendclub dennoch geschlossen (bzw.dem Träger wurde gekündigt, den Nazi-Bands auch, kein Alkoholausschank mehr, keiner mehr über 21, dadurch verschwanden die Kader,etc.pp), nach der Stadtratssitzung kam ne Omi zu mir: "ich hab sie schon bei der Demo wo da die Scheiben eingeschmissen worden gesehen, hab sie an ihren grünen Haaren erkannt. Ich bin Ihnen so dankbar!"
Und dann noch zwei Omis daneben, alles drei Anwohnerinnen dieses Jugendclubs und seit Jahren völlig verängstigt. Das war wirklich herzerweichend.
Naja, und mit der Zerschlagung der Strukturen ist dieses Viertel praktisch schlagartig friedlicher geworden. Heutzutage gibt es da eine lebendige Antifa-und Linkenszene. Früher hat man das nur Naziviertel genannt, und die Leute die jetzt da groß werden, wissen gar nicht mehr wie die 90er waren und wehren sich gegen dieses Klischee ihres Viertels.
Als wir dann als kleine Antifagruppe uns noch paarmal trafen um uns auf unserm Erfolg auszuruhen, bekamen wir plötzlich Mitläufer, und die städtische antifa, die uns erst kaum unterstützt hat, sandte selbst nen älteren Kader, der versuchte unsere Gruppe zu übernehmen.
Genau das ist ja auch Politik, also On-Topic, deshalb mal die ausführliche Selbstbeweihräucherung.