Ob das Folgende richtig ist weiß ich nicht genau, daher meine Frage: Im Grunde ist doch ein Multiple Persönlichkeit dauerhaft dissoziiert, oder?
Hallo abentau,
ich habe folgendes zu deiner Frage gefunden:
Quelle: Komplexe Dissoziative Strungen - Therapeuten - DIS-KontroversePosttraumatisches vs. sozio-cognitives Modell komplexer dissoziativer Störungen
Nach dem von vielen Fachleuten für dissoziative Störungen vertretenen posttraumatischen Modell Dissoziativer Störungen kann es durch schwere und lang andauernde Kindheitstraumatisierungen zur Entwicklung einer DIS kommen. Grundannahme des Modells ist, dass es durch die massive Stressreaktion während einer Traumasituation zu dissoziativen Reaktionen kommen kann. Bei wiederholten Traumatisierungen, insbesondere wenn diese früh beginnen, können diese Reaktionen chronifizieren und immer weiter generalisieren. Als weiteres Problem kommt hinzu, dass gerade bei kleinen Kindern die Hirnentwicklung wie auch Persönlichkeitsentwicklung gerade erst begonnen haben und durch wiederholte Traumatisierungen nachhaltig gestört werden können. Im Extremfall kann sich bei chronischen frühen Traumatisierungen kein in sich geschlossenes Identitätserleben entwickeln. Einzelne Identitäts- oder Persönlichkeitsfragmente bleiben dauerhaft voneinander dissoziiert und können die Basis für die Entwicklung der späteren autonom agierenden, dissoziierten Persönlichkeitsanteile einer DIS bilden.
Die einzelnen Personen sind abgespalten. Es wird also ein Teil der eigenen Identität dissoziiert. Wobei man die anderen Personen eben gerade nicht als Teil der eigenen Identität wahrnimmt. Es ist mehr wie eine große Familie. Jede Person hat seinen eigenen, anderen Charakter.
Die Forschung ist sich mittlerweile einig, dass die Aufspaltung in verschiedene Personen nur in frühster Kindheit möglich ist, solange das Kind nämlich noch kein Ich-Bewusstsein hat. Ab einem gewissen Alter, so ab fünf oder sechs, spaltet der Mensch nicht mehr, sondern es entwickeln sich bei traumatischen Erlebnissen andere Persönlichkeitsstörung wie z.B. Borderline. Man geht auch davon aus, dass erst eine Reihe von traumatischen Geschehnissen die Spaltung bewirkt. Wenn aber ein Kind einmal angefangen hat zu spalten, kann es das später als Erwachsene immer noch.
Die Multiple Persönlichkeitsstörung ist eine Extremform des Dissoziierens. Ich persönlich mag den Begriff "Dissoziative Identitätsstörung" nicht so. Ich benutze lieber den Begriff "Idenditäts-Spaltung". Es drückt klarer aus, was passiert.
Tatsächlich sind die einzelnen Personen ja voneinander getrennt. Das geht so weit, dass zum Beispiel eine Person Auto fahren kann, eine andere nicht. Das ist bei meiner Freundin so. Eine Person kann einen Schrank aufbauen, die andere hat zwei linke Hände. Kenne ich auch jemanden.
Mit den Innenkindern muss man rechnen üben, das kleine Einmaleins. Während eine andere Person eine Inselbegabung in Mathematik hat und Primzahlen im Kopf ausrechnet.
Bei einer Freundin war es so, dass sie perfekt Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch sprach. Aber die Sprachen waren aufgeteilt auf einzelne Personen. Das hat einen traurigen Hintergrund. Sie wurde als Kind an Kult-Organisationen in Belgien, Moskau und Amerika ausgeliehen. Jede neue Traumatisierung hatte eine neue Persönlichkeit zur Folge, die eben die Sprache des Landes sprach.
(Und dieses Kunststück sollen dann mal die Leute erklären, die der Meinung sind, die Multiple Persönlichkeit sei von Therapeuten induziert. Inklusive Fremdsprachenkenntnisse oder wie?)
Es geht ja noch weiter. So kann eine Person allergisch sein gegen einen Stoff und die anderen nicht. Lustig ist auch immer der Besuch beim Augenarzt, weil jede Person eine andere Brillenstärke braucht. Ich habe eine Freundin, die hat drei Brillen und ist natürlich immer auf der Suche nach der Richtigen 🙂.
Ich stelle mir das Ganze also so vor, dass die Babys mit diversen "offenen Fenstern" geboren werden, also sehr anpassungsfähig sind, für welche Umgebung auch immer. In den ersten Monaten und Jahren passt sich das Baby/Kind dann an, und zwar in einem rasanten Tempo. Daher sind Kinder auch so lernfähig. Und da kann es auch dazu kommen, dass es "viele Identitäten" ausbildet, da es eben die beste Strategie für die Umgebung ist.
Meiner Meinung nach liegst du gar nicht mal so falsch.
Es ist eine Überlebensstrategie. Noch ist ja nicht geklärt, wie eine Identität sich ausbildet. Vielleicht ist es ja tatsächlich nur eine Form der Wahrnehmung, die man uns beibringt. Da muss noch viel geforscht werden.
Ob es nun therapiewürdig ist...? Ich würde sagen: Auf jeden Fall, wenn es lebensqualitäts- und alltagseinschränkend ist. Das muss ein jeder selbst wissen. Vielleicht wissen viele Multis gar nicht, dass sie Multis sind...? Ich weiss es nicht. Dazu weiss ich zu wenig vom Thema.
Die Personen sind so stark voneinander getrennt, dass sich die Alltagsperson oft nicht darüber klar ist, dass es da noch andere gibt. Sie verliert Zeit, es passieren Dinge, die sie nicht einordnen kann (zum Beispiel am Morgen aufwachen mit Wunden an den Armen), man trifft auf Leute, die man nicht kennt, die aber behaupten, sie würden einen selbst kennen. Sie hören Stimmen. Haben Kleidungsstücke im Schrank, die sie nie gekauft haben.
Die Leute landen früher oder später beim Therapeuten und oft genug in der Psychiatrie. Leider gibt es immer noch zu wenige Fachleute und die meisten Multis haben eine lange Karriere als Borderliner hinter sich, bevor sie endlich die Diagnose MPS bekommen. Dann erst kann ihnen richtig geholfen werden.
Es ist wichtig, dass alle Personen in der Therapie zu Wort kommen können, da jede Person andere Erinnerungen hat. So kann es sein, dass die Alltagsperson überhaupt nichts von irgendwelchen traumatischen Vorgängen weiß. Dann muss man sie auch nicht therapieren.
Man lernt in der Therapie die anderen Personen kennen und lernt mit diesen zu kommunizieren.
Wenn ich viel Quatsch geschrieben habe, möge man es mir verzeihen. Meine Zeilen sind eigentlich mehr ein Versuch, mich an das Thema heranzutasten...
Ich finde nicht, dass du Quatsch geschrieben hast und wenn kann man ja voneinander lernen.
Tuesday