Der Unterschied ist, daß im Westen wohl kein Kind jemals erzählt bekommt, es wäre "verdienstvoll", wie Alexander, Napoleon oder Julius Cäsar oder auch ein Prophet Mohammed oder ein Sultan Saladin auf dem Schlachtroß und mit dem Schwert in der Hand loszuziehen und die "Bösen", sprich jeden, der sich nicht unterwerfen will, niederzumetzeln. Westliche Kinder spielen Winnetou oder Räuber und Gendarm - das wächst sich mit dem Erwachsenwerden aus, weil die Lebenswirklichkeit nicht viel mit Indianerspielen zu tun hat. Im Islam allerdings ist die Lebenswirklichkeit eines Eroberers Mohammed oder Sultans Saladin religions- und kulturbedingt bis heute eine Lebenswirklichkeit, die bis ins Erwachsenwerden ziemlich unverändert mitgenommen wird. Um so schlimmer der Konflikt, wenn es nichts zu erobern gibt (per Schwert oder Kalaschnikow für einfache Gemüter - siehe Paris - , mit subtileren Mitteln wie Geld, Einfluß, "Bekehrung" für alle anderen), weil die rechtsfreien Zeiten gerade in den "ungläubigen" Ländern längst vorbei sind und Möchtegern-Eroberer und Missionare zurückgebliebener Mittelalter-Religionen hier keine Chance mehr finden, sich durchzusetzen - freiwillig nimmt keiner die (längst veraltete) Botschaft, und wer dann zu Gewalt greift, erntet nur berechtigte Gegengewalt.Und wo ist das in unserer Kultur anders? Alexander der Große (man beachte den Namenszusatz), Julius Cäsar, Napoleon (ok, wohl ein Grenzfall), Ramses,... Ägypten-Dokus laufen auf dem TV ja recht gut, scheinen beliebt zu sein. Vielleicht weil die Leute sich darin wiederfinden, wie irgendjemand, der ja im Grunde auch nur irgendein Hansel ist, als gottgleich emporgehoben wird und sich alle darunter total unterwerfen. Dazu diese Verehrung, diese Aufopferung für die Errichtung der Pyramiden und der ganze Prunk in den Gräbern. Scheint eine Faszination zu sein, dieses Emporheben der Autorität und damit einhergehend die bedingungslose Selbstaufgabe.
Bei den Pyramiden und ägyptischen Gräbern sind eher ihre Größe und/oder ihre exotische Kunst und Schätze samt den immer noch nicht aufgeklärten Geheimnissen ihrer Erbauung interessant als die "Aufopferung" der damaligen Arbeiter, die ja schließlich keine persönlichen, identifizierbaren Spuren hinterlassen haben - dem heutigen Fernseh- und Kulturkonsumenten erscheinen sie einfach nur als eine gesichtslose und ziemlich stupide Masse, sofern er überhaupt dafür einen Gedanken übrig hat. Adel und Prominenz sind ja bis heute generell interessanter als irgendwelche 08/15-Durchschnittsbürger, die allenfalls mal als Kulisse oder "ferner liefen" auftreten. Aber die "bedingungslose Selbstaufgabe" wegen irgendeinem abgehobenen Fürsten/Führer/Diktator/religiösem Obermotz etc. hat zumindest den Deutschen hoffentlich die jahrhundertelange Erfahrung der eigenen Geschichte abgewöhnt. Ein paar Hanseln gibt es selbstverständlich immer, die meinen, jedem Möchtegern-Führer hinterherhecheln zu müssen - aber die kassieren ihre Strafe oft zu Lebzeiten. (Hab da z. B. vor kurzem ein Buch gelesen über einen Aussteiger der "Sonnentempler", die ebenso per Gehirnwäsche aufs Führerprinzip programmiert waren, und der gerade noch vor dem Massenselbstmord die Kurve gekriegt hat, indem er ausgestiegen ist.) Der Löwenanteil der Bevölkerung hat heute hoffentlich etwas mehr Verstand, eben gerade wegen der Erfahrungen der deutschen Geschichte. Worüber sich dann prompt vor länger Zeit irgendein Kirchenführer beklagt hat, daß die Menschen heute keine (blinde!) Autoritätsgläubigkeit mehr kennen würden, weil heute "böserweise" alles hinterfragt wird...