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Depressionen - darf ich mich so anstellen?

weidebirke

Urgestein
....
Du hast bestimmt auch manchmal Zweifel daran, ob du wirklich gesund werden willst? Sowas ist normal, das ist mein bester Freund Ambivalenz, der da zuschlägt und das ist okay. Da kannst du nichts dafür, ich glaube das hat jeder, auch wenn er es sich vllt. nicht eingestehen möchte, "weil sich das nicht gehört".

Pass einfach auf, dass deine Krankheit nicht zur Ausrede wird, damit du Dinge, die du eigentlich schaffen könntest nicht mehr tust. Sink einfach nur nicht noch tiefer rein. Ich denke der Rest ergibt sich von alleine.
Die Entscheidung, gesund werden zu wollen, hat m.E. wenig mit einer Ambivalenz des Willens zu tun. Es ist eine Entscheidung, die man treffen muss. Sich Hilfe zu holen und dann Schrittchen für Schrittchen für sich selbst kämpfen.

So ein "sink nicht noch tiefer rein" klingt nicht so, als wüsstest Du, wovon Du schreibst.

@Amicellini
Selbstverständlich musst Du einen Therapieplatz haben und ich freue mich, dass es geklappt hat.

Was wäre denn die Option? Von ganz allein kommen nur Wenige dauerhaft wieder raus. Eine Verschlechterung mit Deiner Vorgeschichte ist anzunehmen. Die schwarzen Löcher und Suizidgedanken kommen dann im Schlepptau. Es wird ja nicht besser.

Ob Du Tabletten brauchst oder nicht, kann man ja, wie Lissa Jou schon schrieb, unverbindlich mit einem Arzt besprechen. Aber wenn das für Dich keine Option ist, dann auch nicht. Manchmal kommt man eben nicht umhin, um überhaupt eine Therapie machen zu können.
 

Amicellini

Mitglied
an Timotheus und Weidebirke.

Das ob ich einen Therapieplatz haben muss, steht für mich nicht mehr zur Frage, ich hab ja schließlich morgen das Gespräch und wenn es gut läuft werde ich da auch wieder dauerhaft bleiben.

Was mir Schwierigkeiten bereitet ist vielmehr der Gedanke, ob 'nur' eine Depression, die in meinen Augen eigentlich nicht so schlimm ist, Grund dafür sein darf wenn es doch eute gibt, die viel ernsthaftere Probleme haben.

Ich habe es viele Jahre ohne Therapeut geschafft. Ich glaube, wenn das mit meinem Vater nicht wäre, würde ich es auch weiterhin ohne Therapeut schaffen.

Das mit den Tabletten war nie ein Thema für mich. Da bin ich dagegen, und werde mich auch nicht umstimmen lassen ;) das haben die Leute in der Kur auch noch nicht geschafft.
Vielleicht ist das aber auch wieder eng verknüpft mit der Tatsache, dass ich denke, dass mein Problem nicht so groß ist, dass ich sogar Tabletten schlucken muss.
Das ist für mich wie Kopfschmerz, der in meinen Augen nicht stark genug ist um die einnahme von Aspirin zu rechtfertigen.
 
F

fritzie

Gast
Amicellini, ich bin sehr beeindruckt, wie detailliert und nachvollziehbar du von dir und deinem Werdegang schreibst.

'Es ist doch alles nicht so schlimm. Ich bin nur ein bisschen traurig. Ich habe doch keine großen Probleme. Darf ich wirklich den Therapieplatz belegen, wenn es doch Leute gibt, die ihn viel dringender nötig haben. Darf ich mich wirklich so anstellen?'
Du darfst nicht nur, du mußt sogar. :)

Als ich zum ersten Mal therapeutische Hilfe suchte, hatte ich große Angst, als Simulantin abgewiesen zu werden. Ich dachte auch, daß meine Probleme nicht groß genug wären, man findet immer jemanden, den es schlimmer getroffen hat. Ändert aber nichts an dem eigenen Befinden, nicht wahr? Es spielt absolut überhaupt keine Rolle, welche Lebensgeschichte man hat, wenn es darum geht, die eigene Seele wieder "zum Laufen" zu bringen und gegen Depressionen oder Eßstörungen oder was auch immer anzukämpfen.

Falls du die Befürchtung hast, einen Therapieplatz zu belegen, den ein anderer deiner Meinung nach eher verdient hätte: vergiß das. Das zu beurteilen ist gar nicht deine Aufgabe. Du kannst Vertrauen darin haben, daß der Therapeut oder die Therapeutin entscheidet, welche Fälle er oder sie annehmen möchte und mit welchen Lebensgeschichten er oder sie arbeiten will und kann. Das zu entscheiden obliegt der fachlichen Einschätzung des Therapeuten, der den Therapieplatz anbietet - deine Einschätzung besteht darin, worin DU Hilfe brauchst.

Du scheinst eine junge Frau mit vielen Potentialen zu sein, du hast viel zu geben. Das geht aus deinen Zeilen hervor. Damit du das kannst, trägst du die Verantwortung dafür, daß du deine Gaben eines Tages unbefangen und frei zeigen und teilen kannst. Das ist deine Aufgabe in einer Therapie, in deiner Ausbildung, im Lernen mit anderen Menschen. Du kannst das - die Beständigkeit in deiner Freundschaft mit Angelika zeigt das schon. Darauf kannst du stolz sein. Deine Gefühle für deinen Vater: sie sind echt. Sowohl die Zweifel, wie auch Mißtrauen, aber auch die Fürsorge. Sie mögen widersprüchlich sein, so wie deine Erfahrungen mit ihm ja auch widersprüchlich waren. Altes wird durch neues nicht einfach "gelöscht", und du hast nun die schwierige Aufgabe, diese unterschiedlichen Emotionen auszuhalten und zu einer für dich lebbaren Form zusammenzufügen. Auch das kannst du - mir sind nur wenige Menschen begegnet, die bereits in so jungen Jahren ihre Emotionen so reflektiert zusammenfassen können wie du.

Was meint ihr? Ich kann dieses Gefühl nicht abschütteln und fühle mich immer wahnsinnig schlecht, wenn ich eine Depression habe und ich denke, dass ich mich nicht so anstellen soll. Ich habe es ja doch immer noch so gut. Meine Eltern zahlen die Wohnung und das Wohnungsgeld, sie untersützen mich, soweit sie können. Ich habe keine ernsthaften Traumas, wurde nicht vergewaltigt oder sonstwas. darf ich mich wirklich so anstellen?
Du hast also Hilfestellungen - die Finanzierung deiner Wohnung, einen gewissen Rahmen - die dich bei deinen Schritten zu dir selbst unterstützen. Das ist gut, das kannst du annehmen. Und ja: du darfst dich so "anstellen" - du kannst es dir sogar leisten. Ist das nicht gut? Wenn du - meinetwegen durch Spenden oder konkrete Hilfen - einem Menschen unter tausenden hilfst: folgt daraus für dich, daß er sich "zum Dank" dafür nicht mehr traurig fühlen darf? Oder würdest du nicht denken: wenigstens einer, der eine realistische Chance bekommt, sich aus seinem inneren Gefängnis zu befreien?

Ich freu mich für dich. Nicht, weil es dir mit deinen Depressionen schlecht geht. Sondern weil du schon losgegangen bist, schon viel für dich getan hast und noch weiter tun wirst, um deine Depressionen zu besiegen. Es erfüllt mich mit Freude, wenn ich einen Menschen erlebe, der sich nicht ergibt. Es lohnt sich wirklich. Wenn du wieder an andere denkst, die in deinen Augen mehr "Grund" hätten zu leiden, dann versuche auch zu sehen: sie haben nicht deine Geschichte zu bewältigen, sondern ihre eigene. Ganz frei von Wertungen. Du gehst deinen Weg, die anderen müssen ihre Wege finden und gehen.

Alles Gute dir und viel Kraft!
 

Amicellini

Mitglied
Amicellini, ich bin sehr beeindruckt, wie detailliert und nachvollziehbar du von dir und deinem Werdegang schreibst.
Witzig, dass du das sagst, ich habe es in einem Wusch hinuntergeschrieben und empfinde jetzt noch, dass es voller Lücken ist. Aber vielleicht ist das wieder so eine Sache dessen 'Wenn man die Lücken nicht kennt, fehlt auch nichts.'

danke für deine liebe Ansprache. Ich werde versuchen sie mir ans Herz zu legen.

Du scheinst ein Talent für lückenlose Ansprachen zu haben =) normalerweise würde ich jetzt losgehen und jeglichen Beitrag zerpflücken und mich damit wieder mehr im Selbstmitleid suhlen. Aber hier kann ich das nicht, und das finde ich gut. Danke dafür.
 

Amicellini

Mitglied
an Weidebirke:

Ich habe nie gesagt, dass ich sie nicht behandeln möchte. Ich weiß um die Ernsthaftigkeit einer solchen Krankheit.
Ich tue ja etwas dagegen, ich besuche eine Therapeutin, ich stehe einmal mehr auf, als ich hingefallen bin.
Aber ich werde bei meiner Einstellung bleiben und nur im aller aller ALLERGRÖßTEN Notfall auf Tabletten zurückgreifen.
Der ist aber für mich noch nicht geschehen. Ich habe noch keinen ernsthaften Suizidversuch hinter mir. Ich habe mich außer dem einen Mal nicht mehr geritzt. Ich bin bisher immer wieder irgendwie aus dem Sumpf gekommen. Ich suche noch eigenständig Hilfe. Das Sehe ich nicht als Notfall ;)

Danke trotzdem.
 

weidebirke

Urgestein
Hey, mein Hinweis bezog sich auf Deine Frage, ob Dir ein Therapieplatz zusteht. Das ist auch eine Behandlung ;)

Ich habe verstanden, dass Du keine Medikamente nehmen möchtest, ich nahm damals aus den gleichen Gründen auch keine. Heute sehe ich das differenzierter. Ich glaube, ein Teil meiner Motivation war auch die Angst vor Kontrollverlust.

Auch das war jetzt kein Agitationsversuch, nur eine Erklärung. :blume:
 

Amicellini

Mitglied
Achso, ich bezog das mit dem unbehandelt auf Nicht-Medikamenteneinnahme =)

Durchaus auch, ja.

Ich glaube bei der Sache mit den Depressionen stand für mich immer die Frage im Vordergrund 'Ist das denn wirklich schon eine Depression? Bin ich denn nicht einfach nur ein bisschen traurig? Darf ich mich wirklich so aufspielen und sagen, es ist eine Depression?'
 

weidebirke

Urgestein
Dafür gibts die Fachleute, um das zu beurteilen.

Frag Deine Therapeutin doch mal danach.

Ich hab das damals auch gemacht und es war eine riesige Erleichterung für mich, dass sie sagte, dass sei eine ausgewachsene Depression und sie halte mich für absolut behandlungsbedürftig.

Also war ich doch nicht nur zu blöd zu leben.
 

Amicellini

Mitglied
Und hier kommen wir jämmerlicherweise wieder dazu.

Ja, sie haben es mir bestätigt, mehrfach. Auch in der Kur und bei alten Therapeuten. Ich bin die einzige die das nicht glaubt, glauben möchte oder kann.

Vielleicht hängt das wieder mit dem Mich-Zurücknehmen zusammen. Mit einer Depression kriege ich ja Aufmerksamkeit und Achtung. Das ist etwas wonach es mich mein ganzes Leben lang gedürstet hat. Und jetzt, wo ich es vielleicht durch eine therapeutin kriegen werde, kann ich es nicht annehmen, weil ich Angst habe, dass es zu Unrecht ist. Wunderbar zwiespältig.

Dieses gleichzeite Zurücknehmen und dabei die Sucht nach Aufmekrsamkeit hat mich vermutlich sehr zerrissen.
Schon als kleines Kind tat es mir unheimlich weh, wenn Verwandte zu Besuch kamen und meine Geschwister etwas auf dem Klavier oder der Flöte vorspielten, ich aber nichts konnte.
(Ich hatte übrigens sogar ein halebs Jahr lang HAckbrettunterricht, was dann im beiderseitigen Einverständnis meiner Mutter und der HAckbrettlehrerin abgebrochen wurde, weil ich mich so unmöglich benahm. Ja, damals war ich ein extremes Problemkind.)

Das einzige, was ich vorweisen konnte, waren meine guten Noten. Das war schon immer das einzige. Wenn ich eine eins mit nach Hause brachte, war sogar mein Vater glücklich.
Ich bekam also immer noch positive Aufmerksamkeit, wenn ich gute Noten hatt. Das hat sich so tief verwurzelt, dass ich erste letzte Woche eine halbe Panikattacke hatte, weil eine in meiner Klasse eine bessere Note bekam als ich und sich mir ein Horrorszenario ausmalte, in dem ich immer immer schlechter wurde und irgendwann schwaches Mittelfeld war und es dann ichts mehr gutes an mir geben würde. Normalerweise bekäme ich darüber keine Panikattacke, aber im Zusammenhang mit meinem labilen Zustand war es die Hölle. Ich brach weinend zusammen und konnte fast nicht mehr.

Auch bei meinen Freunden war es so. Ich wolte Aufmerksamkeit Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeit. Ich hatte wie bereits geschrieben, eine einzige Freundin in der Realschule. Wir kamen beide jeden Morgen immer etwas früher und setzten uns gemeinsam auf eine der leeren Bänke in der Aula und quatschten. Da ging es mir gut. Sobald aber andere Freunde von ihr kamen und sich mit ihr unterhielten, war ich quasi Essig. Nicht mehr da, und jedes Mal kochten die Eifersucht und der Wunsch nach Aufmerksamkeit in mir hoch. Ich habe es immer unterdrückt. Und doch. Ich habe kürzlich ein Buch gefunden, was eines dieser FReundebuchaustauscher war. Also man schrieb etwas hinein und gab es dem anderen Freund mit und der schrieb auch etwas hinein.
Ich sehe ganz ganz oft die Frage von mir "Was bin ich für ein Freund für dich? ein schlechter, ein normaler, ein guter oder die bestre Freundin?" immer wieder und immer weder fragte ich das. und ihre Antworteten lauteten ein guter Freund. Und doch reichte mir das nicht. Ich wollte das Zentrum sein um das sie schwirren sollten. Ich wollte die einzige Ansprechpartnerin sein. Ich wollte, dass sie mich BRAUCHTEN. Denn nur so würde ich etwas wert sein.

Dieses Gefühl ist heute etwas abgeschwächt, aber noch immer präsent. Auch wenn ich es nicht rauslasse. Es zerfrisst mich von innen und lässt mich schlecht fühlen...
 

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