Liebe TE,
es tut dir nicht gut, dich als Opfer zu fühlen und über das gelaufene zu denken. Es gibt Frauen, die eine längere Zeit mit einem Narzissten verbracht haben und viel größere Schmerzen erlitten.
Als ich 18 war, wollte ich vom zuhause in meiner Heimat abhauen und suchte mir einen Retter in Europa. So ganz unerfahren bin ich auf einen geraten, der sich genauso krass verhalten hat. Damals gab es aber keine Tipps, die man sich im Internet holen kann.
Ich habe bei ihm 3 Monate verbracht, wo jeder Tag eine Achterbahn der Gefühle war. Für diese 3 Monate brauchte ich ungelogen 10 Jahre (!) um aus der Opferrolle auszusteigen. Und wenn mir in einer Bibliothek das richtige Buch nicht in die Hände gekommen wäre, wer weiss wie lange ich es noch mit mir geschleppt hätte. Das Buch reichte mir völlig aus. So habe ich ohne Therapie die Erfahrung verarbeitet und sehe es heute als Stärkung meiner Person. Ja, es hinterlässt Spuren, aber ich weiss zumindest, dass es solche Menschen gibt und dass man immer aufpassen muss.
Als ich mich entschieden habe von ihm zu gehen, hat er alle geschenkten mir Klamotten weggenommen selbst Winterjacke und hat mich im November in einem leichten Pullover in den Bus gesetzt. Und damit sollte ich in den Osten der Ukraine fahren, 40 jm von der russischen Grenze, Nord-Osten. Als ich in Kiew ankam, lag Schnee und die Leute guckten mich fragend an. Zum Glück hatte ich eine Tante in Kiew, bei der ich übernachten konnte und die mir eine Jacke gab.
Narzissten haben keine Empathie. Sie können einen Mensch verbrennen ohne dabei mit dem Auge zu zucken.
Paar Monate später schickte mir dieser Mann einen langen Brief mit vier A4 Seiten auf Deutsch, obwohl wir beide Englisch sprachen und versuchte mich zu überzeugen, dass nur er der richtige und beste für mich wäre. Ich antwortete ihm, dass ich all das, was er mir angetan hat nicht verzeihen kann. Daraufhin lief er in einer Ausländerbehörde und machte dort eine Einladung, die er mir zusammen mit einer hübschen Karte schickte. Darin stand es, dass er mich auf die Karibik einlädt. Er dachte er könnte mich mit Karibik kaufen. Dass er mich im Winter in leichter Kleidung und mit 20 Mark in den Bus gesetzt hat, hat er wohl vergessen. Ich staune heute noch, woher ich damals die Kräfte genommen habe, denn zuhause bekam ich keine moralische Unterstützung von meiner Mutter, im Gegenteil nur Vorwürfe, dass sie mich versorgen muss. Menschliche Psyche kann unglaublich viel!
Ich konnte nicht verstehen, was das war mit dem Mann, aber habe einfach versucht weiterzuschauen und lernte Deutsch. Später ging ich nach Deutschland als au-pair Mädchen.