Danke für eure weiteren Antworten.
Nein, ich habe mich bei meiner Tochter nie für mein Verhalten in ihrer Kindheit entschuldigt. Ich habe ihr aber einige Male von meiner traurigen und liebelosen Kindheit erzählt. Ich erhoffte mir damit wohl eher unbewusst daß sie mich versteht und mir verzeiht...
Eigentlich glaube ich auch nicht daß man bei Jessi schon von einer leichten geistigen Behinderung sprechen kann. Vielleicht befindet sie sich eher am Rande einer Lernbehinderung, da sie immerhin normal schreiben und lesen gelernt hat. Rechnen z.B. kann sie gar nicht, ihr fehlt das Verständnis für Zahlen ebenso für Geometrie. In Naturwissenschaften hat sie auch nie etwas verstanden, da half auch kein Auswendiglernen. Wobei ich sagen muss daß das auch nie meine Stärke war.
Ich muss Daoga zustimmen daß Auswendiglernen wenig mit Intelligenz zu tun hat. Es bedeutet Dinge ohne Verstand zu lernen. Genauso schnell hat man es auch wieder vergessen.
Ich finde interessant daß einige von euch der Meinung sind, meine Tochter könnte autistisch sein. Ich weiß ein bisschen über das Asperger Syndrom Bescheid, weil ich eine Kollegin hatte deren Sohn betroffen war. Einiges trifft bei Jessi sicherlich zu, anderes aber gar nicht. Sie hatte z.B. nie Spezialinteressen, sondern hat mal das Hobby, dann wieder ein andres. Wozu sie gerade Lust hatte.
Auch hatte sie nie Probleme, Gefühle bei anderen wahrzunehmen, zumindest nicht in der Familie. Auf jeden Fall spürte sie meine Stimmungen oder die von Oma und Opa immer sehr gut. Als sie noch kleiner war, vor der Pubertät, kam sie manchmal in Konflikte mit anderen, die sie nicht vorhergesehen hat. Sie hatte vorher nicht gewusst daß sie Leute mit einem bestimmten Verhalten provozieren würde und war dann verwundert über teilweise handgreifliche Reaktionen. Sie kann sich auch gut in Menschen reinfühlen, hat schnell Mitleid.
Ihre größte "Behinderung" ist wirklich ihre Langsamkeit. Ich glaube daß die sie mehr einschränkt als mangelnde Intelligenz. Wir hatten einen Mann in der Verwandtschaft, der genauso tickte. Er war in allem sehr langsam, hatte aber trotzdem einen guten Job weil er intelligent war. Irgendwann mal war er wegen seinen Depressionen in der Psychiatrie wo man ihn sehr gründlich durchcheckte. Bei Tests kam heraus daß er ein "leichtes ADS" hat. Tut mir leid, aber ich kann mit solchen Diagnosen nicht viel anfangen. Ein "leichtes" ADS klingt für mich nach "Es gibt da eine Einschränkung, aber wir wissen nicht so richtig woran es liegt".
Trotzdem wäre es vielleicht wirklich wichtig, Jessi mal einem Neurologen vorzustellen.
Ich hoffe sehr daß meine Tochter mitziehen wird. Denn es wäre auch wichtig für sie wenn sie irgendwann mal arbeiten muss. Das Amt wird sie nicht bis zur Rente finanzieren, da bin ich sicher. Wenn sie aber eine Diagnose hätte, hätte sie vielleicht Unterstützung bei der Jobsuche.