Traumatisierter
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Beim ersten Lesen des Eingangsbeitrags habe ich mir gedacht: ganz schön kleinlich, der neue Arbeitgeber. Die paar Minuten Raucherpause wirken sich wahrscheinlich nicht großartig auf die Gesamtleistung der Mitarbeiterin aus. Auch bei uns können die Leute zwischendurch rausgehen zum Rauchen, ohne dass die Minuten mit der Arbeitszeit gegengerechnet werden. Abgesehen davon finden ja auch in den Pausen oft Gespräche oder Gedanken statt, die sich um Arbeitsvorgänge drehen, Leistung findet ja nicht nur statt, wenn man am Schreibtisch sitzt. Meiner Ansicht nach kann die Gewährung von Raucher- und Kaffeepausen durchaus die Produktivität erhöhen; zumindest wird sie nicht notwendigerweise dadurch gesenkt.
Das macht Hoffnung, dass sich wohl auch nicht alle Menschen von der allgemeinen Intoleranzwelle anstecken lassen. Dass es noch möglich ist, einen echten Teamgeist zu entwickeln, der letztendlich auch zu mehr Kreativität und vor allem zu Motivation führt. Das ist wirklich eine humanere Sichtweise, finde ich. Wenn ich als Mensch anerkannt werde, mit all meinen Bedürfnissen, dann bringe ich mich auch ganz anders ein. Das ist ja hinlänglich erforscht und bekannt, aber es wird auch heute noch oft genug stumpf ignoriert. Man möchte oft lieber ein gutes Schaf in der Herde sein und passt sich dem Hütehund bereitwillig an, der die Regeln aufstellt.
Wenn es nur Regeln und kleinliches Aufrechnen sind, die mich zwangsläufig immer mehr abstumpfen lassen in einem inhumanen Massenbetrieb, wo jeder dann in orwellscher Manier vielleicht sogar noch darauf achtet, was der andere gerade tut oder nicht tut, dann ist das bezeichnend für die heutige Zeit und für den moralischen Zerfall, finde ich. Und das hat mit Sicherheit auch wirtschaftliche Folgen.
Andererseits kann ich als lebenslanger Nichtraucher die bei Rauchern zu erlebende "Lust an der Abhängigkeit" nicht so ganz nachvollziehen. Für mich wäre allein dieses Abhängigsein eine starke Belastung. Offenbar drehen sich bei Rauchern die Gedanken ja schon ziemlich oft ums Rauchen, bzw. darum, "wo und wann kann ich die nächste Zigarette rauchen?" Das würde mich persönlich ziemlich stressen. Wie ist das eigentlich bei Flugreisen und längeren Bahnfahrten, wenn Du es nicht mal vier Stunden lang ohne Zigarette aushältst?
Das Rauchen ist ja auch ein schreckliches Problem. Ich bezweifle, dass es mit "Lust" zu tun hat. Sei lieber froh, dass du das Problem nicht hast. Letztendlich ist das wohl auch eine Folge der damals sehr inflationären Werbung für die Tabakprodukte. Wer erinnert sich nicht noch an das HB-Männchen... Die Folgen und die Suchtgefahr, das wurde ja in der Werbung nie thematisiert. Es war sogar hipp und cool, mann wollte wohl durch das Rauchen dazugehören. So werden halt Trends gemacht und Süchte erzeugt. Und in der Tat, das Rauchen hat ja, wie der Alkohol auch, durchaus eine soziale Komponente.
Verbieten läßt sich das ohnehin nicht, denke ich. In der Bahn wird dann halt auf den Toiletten heimlich geraucht, oder eben schnell bei den Aufenthalten auf dem Bahnhof. Ich bin sogar schon Leuten begegnet, die mit der Bahn deswegen kaum noch fahren. Es ist sicherlich richtig, dass die Werbung für die Tabakprodukte endlich unterbunden wurde. Nur ist es schon sehr seltsam, dass das nicht gleichermaßen für den Alkohol gilt. Der unumstritten zu großen Problemen führt, auch und erst recht am Arbeitsplatz. Wie ist es den Menschen zu vermitteln, dass mit derart unterschiedlichen Maßstäben gehandelt wird? Es ist ja nicht wirklich glaubwürdig. Zumal es heutzutage von gesundheitlich bedenklichen Giften ja nur so wimmelt.
Jegliche Form von Diskriminierung und Intoleranz lehne ich ab, denn das führt ohnehin nur zu neuen Problemen. Und leider wohl auch zu noch mehr Intoleranz, als wir sie ohnehin schon um uns haben.