Denn allgemein ist nichts verwerfliches daran , wenn Eltern und Kinder im Alter noch zusammen wohnen, solange sie gegenseitig respektieren und unterstützen.
Ich halte davon überhaupt nichts. Das schafft nur unnötige und oftmals krankhafte wechselseitige Abhängigkeiten. Wohin das führt, habe ich in meiner eigenen Herkunftsfamilie erlebt. Für mich wäre es nie infrage gekommen, mit meinen Eltern oder Schwiegereltern noch im reifen Erwachsenenalter unter einem Dach zu leben, nur um die Kosten für die Miete einzusparen.
Ich verdrehe schon die Augen, wenn ich höre, welche Finanzspritzen und wieviel praktische Unterstützung so mancher von Eltern und Schwiegereltern bekommt, um sich sein überdimensioniertes Haus bauen oder kaufen und einrichten zu können. Aber darauf kann man doch nicht wirklich stolz sein, weil man es sich dank seiner eigenen Hände Arbeit allein gar nicht leisten könnte. Man macht sich abhängig von der Gunst der Eltern, muss sich in alles hereinreden lassen, darf es sich mit ihnen nicht verderben, fährt des öfteren mit Oma und Opa im Schlepptau in den Urlaub, und vor Nachbarn und Verwandten wird obendrein noch damit geprahlt, wie gut man sich angeblich versteht. Klar, wenn nicht, würde ja auch der Rubel nicht mehr rollen. Für mich ist eine solche Konstellation nur abschreckend und so was von durchschaubar. Es gibt ja erwachsene Leute, die sich selbst bei ihrer über 90-jährigen Oma im Seniorenheim noch die Geldscheinchen abholen und dies völlig normal finden. Und wenn Oma das nicht mehr kann, weil das Seniorenheim schließlich eine Menge Geld kostet, wird gleich die Tante bzw. die eigene Schwester verdächtigt, der Oma Geld abgeluchst zu haben. Ich habe solche Fälle in meiner entfernteren Verwandtschaft und finde das einfach nur abstoßend:
Da hat die ältere von zwei Schwestern (beide verheiratet, beide haben einen erwachsenen Sohn, beide wohnen ein paar Dörfer voneinander entfernt im schönen Eigenheim) lange die Mutter im eigenen Haus betreut. Die Mutter hat ihr dafür als Anerkennung wohl ihr Pflegegeld gegeben. Mit Mitte 90 siedelte die Mutter nach einem längeren Krankenhausaufenthalt mit anschließender Seniorenreha freiwillig in ein gutes, nahe gelegenes Seniorenheim über, wo sie von ihren beiden Töchtern nebst Schwiegersöhnen, den beiden Enkelsöhnen, Schwiegerenkelinnen und ihren drei Urenkelkindern jederzeit besucht werden kann. Zu dem Zeitpunkt war die pflegende älteste Tochter selbst schon fast 72 und ihr ein Jahr älterer Mann schwer herzkrank. Die jüngere der beiden Schwestern machte wegen der Unterbringung ihrer Mutter in dem wirklich guten Pflegeheim Terz und betrieb in der ganzen Verwandtschaft Stimmungsmache gegen ihre Schwester. Sie ist offensichtlich neidisch, weil sie befürchtet, ihre ältere Schwester würde mit dem Pflegegeld aus den Jahren der häuslichen Betreuung den Hausbau ihres Sohnes (also des Neffen der jüngeren Schwester) sponsern und besagter Neffe, Oberarzt an einer Uniklinik, könne sich dann ein noch tolleres Haus bauen als der ebenfalls von seinen Eltern und der Oma großzügig gesponserte Sohn der jüngeren Schwester. Selber pflegen will und kann sie ihre Mutter aber auch nicht, obwohl sie immer damit prahlt, dass ihr, ihrem Mann und ihrem Sohn insgesamt drei Häuser gehören (in denen auch Platz genug für die alte Dame und eine Pflegekraft gewesen wäre). Ja, Pflege ist lästig und kostet körperlich und psychisch unendlich viel Kraft. Ich verstehe, wenn jemand das nicht kann. Ich könnte es wahrscheinlich auch nicht, jedenfalls nicht allzu lange. Aber was man selbst nicht kann oder will, das kann man seiner sieben Jahre älteren Schwester erst recht nicht zumuten, finde ich.
Ist das nicht unwürdig? Die alte Dame hat zeitlebens gearbeitet (im Gegensatz zu ihrem eher arbeitsscheuen Mann) und damit den Grundstein für den Wohlstand ihrer Töchter, Enkel und Urenkel gelegt. Und zum Dank dafür wird sie jetzt zu einem großen Teil darauf reduziert, wieviel Geld sie ihren Nachkommen noch mit weit über 90 im Seniorenheim zur Verfügung stellen kann.