Hallo
mad scientist,
ich bin etwas verwirrt, weil in diesem Thread Posts sowohl von dir als auch
Gast auftauchen, die weitgehend übereinstimmen.
Meldest du dich gelegentlich unter zwei Kennungen an?
Die Männerdomäne? Ich arbeite bei einem der größten Automobilzulieferer der Welt, bin allerdings noch in der Probezeit und weiß gar nicht, ob ich hier auch übernommen werde, aber das ist eine andere Geschichte. Diese Gefühlskälte meiner Kollegen macht mir wirklich zu schaffen und ich wollte mit der Männerdomäne dieses Problem auch keineswegs auf die Männerwelt beziehen, denn ich habe immer sehr gerne mit Männern zusammen gearbeitet und mich prima mit ihnen verstanden. Vielleicht ist es einfch das Industrieklima, daß so eiskalt ist. Als ich wagte zu erwähnen, daß meine Mutter an Krebs erkrankt ist, wurde ich am nächsten Tag belehrt, ich möge meine privaten Dinge doch bitte für mich behalten. Kein Wort des Mitgefühls oder Ähnliches. Ich finde so eine Gleichgültigkeit unter Kollegen einfach unfaßbar.
Oha, das ist wirklich starker Tobak.
Was hast du denn da für A********* als Kollegen?
Ich glaube, die Herren haben Minderwertigkeitskomplexe, jetzt eine junge Dr.-Ing. (ich vermute du bist wie ich auch Ing; welche Richtung, Verkehrswesen/Fahrzeugtechnik od. Maschinenbau?) vorgestzt bekommen zu haben.
Ich komme dem Studium nach aus dem Schiffbau, vermutlich eine noch konservativere und männlichere Branche als der Automobilbau.
Bei uns gab es auch drei Kommilitoninnen, die allesamt eine wissenschaftliche Karriere hingelegt haben (im Gegensatz zu so Kerlen wie mir).
Leider habe ich den Kontakt zu den Dreien inzwischen fast vollständig verloren, so dass ich nicht weiss, wie es ihnen an ihrem jetzigen Arbeitsplatz ergeht. Solange ich aber ihren Werdegang mitverfolgen konnte, wurden sie alle stets mit offenen Armen empfangen und waren mindestens gleichberechtigt.
Ich möchte dann nur noch weg, mich verkriechen, fort von allem, denn ich weiß: auch Abends ist da niemand.
Das kann ich gar nicht verstehen, dass sich für so eine patente Frau wie dich, keiner finden sollte.
Es könnte allerdings so sein, dass manche Männer, wie gesagt, gewisse Minderwertigkeitskomplexe entwickeln, wenn die Frau intelligenter und gebildeter ist und noch dazu einen Beruf ausübt, dessen Ansehen und Einkommen höher als das ihre ist.
Ich weiß, welch großes Geschenk mein Kind ist und ich bin auch unendlich dankbar dafür, doch wie wird ihr Leben sein? Hat sie nicht alle Vorraussetzungen auch so im Leben zu scheitern wie ich? Sie wächst wie ich ohne Vater auf und da ich mich mit Männern mehr wie schwer tue, werden wir auf Dauer leider allein bleiben. Ich habe keine Hoffnung mehr auf Liebe. Ihr werdet lachen: Ich gelte als die klassische Karrierefrau und dabei ist es das, was ich am allerwenigsten wollte. Es war mir nur wichtig eine intakte Familie zu gründen, da ich diese als Kind auch nie erleben durfte. Aber ich bin gescheitert und ich weiß: Nichts hat im Leben einen Wert außer Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen. Karriere macht nicht glücklich, Geld nicht, gar nichts. Ich bneide die Frauen, die mit ihren Männern und Kindern das Leben leben, daß ich nie führen werde. Ich sehe mich als Trost für alle Frauen, die meinen ihre Karriere verpaßt zu haben. Trotz Studium und Doktortitel bin ich auf ganzer Linie gescheitert. Ich weiß nicht, ob Ihr dies nachvollziehen könnt, aber es ist das bittere Resüme meines Lebens.
Ach
mad scientist, wenn wir dich doch bloß irgendwie ein bisschen aufmuntern könnten.
Schau mal, du hast wirklich allen Grund, stolz auf dich zu sein.
Du hast dich, vermutlich allein von deinen Interessen leiten lassend, an ein technisches Studium gewagt, wovon sich viel zu viele Mädchen abschrecken lassen, und hast dort nicht nur einen sicher herausragenden Abschluss geschaft, sondern anschliessend auch noch in deinem Fach promoviert.
Ich weiss sehr gut, was für eine Leistung dahinter steht, dies in einem Ingenieurfach zu tun, im Gegensatz zu manch anderem Fach - ohne jetzt jemandem zu nahe treten zu wollen - wo das quasi schon als Standard-Abschluss gilt und deshalb mit vergleichsweise geringem Aufwand hinzubekommen ist.
Ausserdem nehme ich an, dass du das alles gemacht hast, während du auf einer Assistenten-Stelle mit Lehrverpflichtung warst (also Abhalten von Übungen, Sprechstunden für Studenten, Ausarbeiten und Korrigieren von Haus- und Studienarbeiten sowie Klausuren, Vorbereiten von Übungen und Vorlesungen, Abhalten von Prüfungen, Verfassen und Redigieren von Artikeln für deinen Doktorvater etc. pp.).
Und bei all dem Stress hast du noch ein wunderbares Kind bekommen, das du versorgt und bemuttert hast.
Und trotzdem ist dir klar geworden, dass all deine Karriereerfolge im Vergleich dazu verblassen.
Donnerwetter, meinen allergrößten Respekt zu dieser Leistung und Erkenntnis.
Es gibt sicher nicht allzuviele Menschen, die das in ihrem jungen Leben schon aufzuweisen haben.
Ich bitte dich, deine komischen Kollegen nicht als Archetypen von Männern in technischen Berufen anzusehen.
Es gibt auch andere.
Vermutlich ist es in manchen dieser Berufe eben so, was sich ja schon während des Studiums offenbart, das der eklatante Frauenmangel die Sitten und Herzen verrohen lässt?
Wegen deiner Selbstisolation möchte ich dir, worauf die anderen auch schon hingewiesen haben, ebenfalls raten, professionelle Hilfe zu suchen.
Ich wünsch dir, das dein Seelenleben bald wieder ins Lot kommt