Das mit der Wahrnehmung ist ein wichtiger Aspekt. Damit hast du wahrscheinlich sämtliche fernöstliche Religionen auf einmal durchschaut. Wärst du ein Yogi oder so stündest du jetzt wahrscheinlich kurz vor der Erleuchtung. Zu dumm, dass ich Christ bin und nicht an Erleuchtung in dem Sinne glaube^^
Nee, aber im Ernst, du hast Recht, das Problem liegt nur in der Wahrnehmung, eigentlich ist das immer so, viele Probleme wären gar keine, wenn man sie nicht als solches wahrnehmen würde.
Ein Narzist hat zum Beispiel eine gestörte Selbstwahrnehmung, weil er in ein überhöhtes Abbild seiner selbst verliebt ist, während er vor seinem wahren Ich Angst hat, bzw. es hasst und verdrängt. Die Frage ist, wie diese verzerrte Wahrnehmung entstanden ist.
Ich hatte auf der Realschule große Probleme mit Mobbing, was meine Wahrnehmung der anderen ziemlich entstellt hat. Ich hab in jedem, an dem ich vorbeilaufen musste, eine Gefahr gesehen, hab niemanden mehr als den wahrgenommen, der er ist, sondern als Unmensch, Idiot, Vollpfosten, und so weiter. Als ich auf dem Gymnasium war, hab ich über viele immer noch so gedacht. Das war in den ersten Wochen auf der neuen Schule, gerade in der Phase, wo sich alle gegenseitig beschnuppern, und ihre neuen Grüppchen suchen, neue Freunde und Bekannte suchen, sehr hinderlich für mich, und ich bin wieder größtenteils außen vor geblieben. Ich habe viele zurückgewiesen, die versucht haben, mich kennenzulernen, auch wenn sie durchaus nett waren dabei.
Heute sehe ich in Anderen nicht mehr nur Schlechtes, hab aber an meiner Wahrnehmung von anderen Menschen gar nichts aktiv verändert, sondern eben nur an der von mir selbst. Ich hab Selbstvertrauen gewonnen, und je mehr ich mich insofern aus mir heraus entwickelt habe, desto besser wurde mein Blick auf andere. Ich hab gemerkt, dass die meisten Menschen mir ähnlicher sind, als ich es gerne hätte...
Ich hab auch immer gedacht, dass der Spruch, man müsste sich selbst lieben, um andere zu lieben, schwachsinnig ist, das hat ja nix miteinander zu tun. Aber ich selbst hab die Erfahrung gemacht und es hat funktioniert. Es erfordert schon Courage und Selbstvertrauen, jemanden mit all seinen Fehlern und Unzulänglichkeiten zu akzeptieren, ohne ihn oder sie für in irgend einer Weise minderwertig sondern ebenbürtig zu halten.
@ Invader und Hexe:
Kurz bevor Jesus gekreuzigt wurde, hat er zu seinen Jüngern gesagt:
"Ich gebe euch noch dieses eine Gebot: Liebet euren Nächsten, wie euch selbst."
Insofern ist es schon ein Gebot, wenn auch keins der zehn auf den Steintafeln.