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Zwiegespalten...

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ZwiespaltinPerson

Gast
Hallo zusammen!

Ich bin zufällig auf dieses Forum gestoßen und was ich bisher quer gelesen hab, lässt mich noch schwerer das ausdrücken, was mich bewegt...

Ich versuche so kurz wie möglich zusammenzutragen um was es geht: Ich bin seit zwei Jahren verheiratet. Ich hab nach über 9 Jahren den Antrag gemacht, weil ich irgendwie ein Zugeständnis seinerseits wollte, oder weil das eben so dazu gehörte mit fast 30 Jahren. Ich war mir absolut sicher, dass ich meinen Mann liebe und wir gemeinsam alt werden. Wir haben zwar nicht die gleichen Interessen, aber dennoch einen ähnlichen Humor und auch ungefähr dieselben Erwartungen, wie unser Leben die nächsten Jahre verlaufen soll. Mein Mann war noch nie ein großer Redner und ich hab es und ihn die ganzen Jahre so toleriert wie er ist. Dennoch gab es ein paar Punkte in unserer mittlerweile 11-jährigen Beziehung, die mich das Vertrauen auf und in ihn haben verlieren lassen.

Nun ist das passiert, was ich von mir nie persönlich gedacht hätte: Ich hab mich verliebt, in einen Kollegen, der mir vorher fast ein Jahr nicht weiter aufgefallen ist. Dazu muss ich erwähnen, dass mein Mann und ich seit fast 2 Jahren vergeblich versuchen ein Kind zu zeugen. Wir sind auch in entsprechender Behandlung, aber angeblich sei organisch alles in Ordnung? Aber zurück zum Kollegen. Wie das so ist, habe ich nicht bewusst nach einer Affäre oder Abwechslung gesucht. So doof wie es klingen mag und früher hätte ich auch niemanden Glauben geschenkt, wenn er oder sie das behauptet hätte, es ist einfach passiert!

Wir schrieben und begeistert Mails, tauschten uns über das und jenes aus, gingen regelmäßig zur Mittagspause. Mit der Zeit merkte ich, dass ich mehr als freundschaftliche Gefühle meinem Kollegen gegenüber hab und versuchte sie zwei Monate lang zu unterdrücken. Ich merkte, dass es meinem Kollegen ähnlich zu gehen schien. Er (damals noch Single) sagte, dass ich eine attraktive Frau sei, ein toller Mensch und mein Mann sich glücklich schätzen könne. Er gab mir die Aufmerksamkeit, die ich daheim vermisste. Ich versuchte das, was mir meiner Meinung nach fehlte in meine Ehe wiederzubeleben und animierte meinen Mann zum Reden usw. Er merkte, dass ich mich in letzter Zeit verändert hab und als ich versuchte offen mit ihm zu reden, dass ich Zweifel habe, was unsere Beziehung angeht war er enttäuscht, aber versuchte nichts von sich aus zu ändern.

Mit dem Kollegen passierte das offensichtliche: Wir konnten der sexuellen Anziehung nicht widerstehen und begannen eine Affäre! Mit dem Unterschied, dass er nicht verliebt war! Er merkte zu Beginn öfters an, dass er gegenüber meinem Mann ein schlechtes Gewissen hätte, er aber auch verstehen könne, dass man nach über 11 Jahren Beziehung sich zu jemand anderen sexuell hingezogen fühlt. In seinen Augen waren wir Freunde, die momentan etwas mehr sind und einander geben, was wir brauchen. Nach meiner Ansicht entwickelte sich sowas wie eine Beziehung. Wir schrieben uns weiter täglich, wussten was der andere wann mit wem unternimmt, trafen uns nach der Arbeit zum Essen o. ä. und verabredeten uns einige Male zum Sex.

Ich weiß, dass einige angewidert sind und sich fragen, was ich denn rumjammere, dass ich doch schuld an meiner Misere bin und wie es meinem armen Mann wohl ginge, wenn er davon wüsste. Aber halt, meine Geschichte ist ja noch nicht zu Ende, obwohl danach vermutlich das Gleiche über mich gedacht wird.

Die Affäre lief ca. 5 Monate. Mein Kollege machte nie einen Hehl daraus, dass er sich ab und an mit anderen Mädels aus dem Internet zum Date traf. Er suchte nach einer Beziehung, aber nicht mit mir! Vor kurzem kamen wir beide aus unseren jeweiligen Urlauben zurück und er erzählte mir freudig, dass er sich schwer verguckt hätte in eine seiner Internetbekanntschaften. Sie sind nun seit 2 Wochen ein Paar. Und diese Tatsache lässt mich wie zu Schulzeiten Pubertär reagieren, vor allem, weil er in mir wirklich eine gute Freundin sieht und wir uns weiterhin schreiben/austauschen!

Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Das eine ist froh darüber, dass ich meinen Mann nicht weiter verletze, ist dankbar über die paar schönen Stunden und wünscht dem Kollegen mit seiner neuen Freundin von Herzen alles Gute. Aber dann ist da noch dieses andere Herz, mit dem ich mich nicht identifizieren kann, das voller Neid und Egoismus steckt, heult, sich selbst bemitleidet usw. Ich bin wahrlich Zwiegespalten!

Ich habe schon zu Beginn festgestellt, dass ich meinem Kollegen gegenüber ein anderer Mensch bin. Voller Selbstzweifel, Unzufriedenheit und Unsicherheit. Ganz anders, als bei meinem Mann und meinen Freunden. Ist es die Tatsache, dass mir was fehlt in meiner Ehe. Mein Kollege ist auch das komplette Gegenteil zu meinem Mann – in allen Punkten! Sollte ich diese Ehe beenden, auch wenn ich meinem Mann damit das Herz breche? Ist es der Umstand, dass unser Kinderwunsch unerfüllt bleibt – wir haben uns beide gegen künstliche Befruchtung und Adoption ausgesprochen, so von wegen, wenn es nicht sein soll, werden wir ohne Kinder glücklich... aber das ist es gerade, ich empfinde kein Glück! Was stimmt nicht mit mir? Wieso kann ich nicht auf das Blicken, was ich habe, sondern nur auf das was ich nicht habe?

Ich war schon immer ein pessimistischer Mensch. Ich gehe lieber immer vom Schlimmsten aus, um dann überrascht zu werden, als umgekehrt.

Kann mir jemand einen Rat geben, wie ich Klarheit in mein Gefühlschaos bringen kann? Ich bin einerseits rational und dann wieder sehr emotional, so dass die Argumente, die ich mir vorher aufgebaut habe, mit einem Wimpernschlag wieder verworfen sind.
 
Zunächst: ich bin von dir weder angewidert noch finde ich dein Verhalten unverständlich.


Dennoch gab es ein paar Punkte in unserer mittlerweile 11-jährigen Beziehung, die mich das Vertrauen auf und in ihn haben verlieren lassen.

Ich möchte gerne noch wissen, worin der Vertrauensverlust gegenüber deinem Mann besteht.


Ich möchte von dir auch gerne wissen, ob sich die Gefühle, die du für deinen Mann hegtest, grundlegend geändert haben - oder ob dir deine Wünsche und Sehnsüchte, die du mit dem Kollegen zu stillen versucht hast, hinzugekommen sind.

Wir lesen uns später wieder, wenn ich weniger unter Zeitdruck stehe, ok?
 
Hallo ZwiespaltinPerson,



Dein Kollege hat Dir von Anfang an reinen Wein eingeschenkt,indem er sagte,
nicht in Dich verliebt zu sein und sich mit weiteren Frauen zu treffen.Eine reine Sexgeschichte also,auch wenn Du Dir insgeheim mehr erhofft hast.Dir bleibt nur,diese Tatsache zu
akzeptieren.
Was die Frage der Aufrechterhaltung Deiner Ehe anbelangt,so kann ich Dir schwer raten,da
mußt Du tatsächlich tief in Dich hineinhorchen.Den Kinderwunsch würde ich allerdings,
so lange Du Dir nicht im Klaren bist,aussetzen.
 
Hallo!
Erstmal: Angewidert sein? Jeder muß erstmal vor seiner eigenen Türe kehren.

Nach einer vieljährigen Beziehung kann so etwas leider passieren. Ich persönlich allerdings bin gläubig und
finde, BEVOR man eine Affäre anfängt, sollte man überlegen, was man zerstört. Aber ich verurteile Dich nicht.
Ich weiß, es kann ganz schnell gehen, daß man sich verliebt.
Du solltest Dir gut überlegen, ob Du Deinen Mann eigentlich noch lieb hast - wie ich lese, hast Du ja selber Zweifel an Eurer Bindung. Ob die Gefühle füreinander ausreichen. Und sei gewiß: Eine Affäre kommt IMMER irgendwann ans Licht. Überleg also gut, ob Du Dich mit ihm
hinsetzt und beichtest. Das mag für viele der falsche Weg sein - manche sagen "laß es ruhen, Du machst nur
alles kaputt".
Aber ehrlich... wie dick ist der Wurm, der in eurer Ehe ist???
Alleine das ist aber noch nicht das Ende. Man muß miteinander sprechen. Eine Chance hat man immer.
Ich gehe davon aus, daß ein Baby deswegen nicht geklappt hat, weil bei euch nichts stimmt momentan. Stell Dir bitte vor, Du hast ein Baby, daß Dich 24 Stunden beschäftigt, und eure Beziehung steht auf wackligen Beinen. Wie soll das gehen?? Wie oft hört man von Frauen, die dann alleine mit einem Baby dastehen. Darüber mußt Du noch den Trennungsschmerz verkraften (der immer da ist - auch, wenn man selber das Ende setzt), das Baby versorgen und vielleicht auch noch drüber nachdenken, daß Du eigentlich in Deinem Leben schon gerne noch jemanden treffen würdest, mit dem ein gutes Leben funktioniert - was mit Baby schwerer ist.
ICH würde mit meinem Mann sprechen. Du denkst eh schon drüber nach zu gehen. Das kannst Du danach immernoch. Vielleicht käme eine Eheberatung in Frage?? Evtl. erhältst Du die Antwort schon spontan, während Du das hier liest. Interpretiere Deine Gefühle. Das ist nicht leicht. Weiß ich selber.
Ach ja: Von sich aus ändern die wenigsten Männer etwas - selbst wenn Du es angesprochen hast. Beispiel: ICH bin extrem unordentlich. Als mein Mann mir sagte, wie sehr ihn das nervt, bekam ich sofort einen Aufräumanfall. Zwei Stunden später blinkte die Wohnung. Ich konnte es zwar nicht auf dem Standard halten, besorgte mir aber ein Buch und arbeite fleissig an mir....
Mein Mann hingegen nervt mich extrem mit seinem zeitaufwendigen Hobby. Unzählige Male bat ich ihn, es zu reduzieren. Die Reaktion war meist Genervtheit und Aggressivität. Zwischendrin versprach er Besserung ... rate mal, wie lange die hielt....
Ich wünsch Dir Klarheit und Mut. Mehr, als ich ihn habe. Glaub mir, Du bist nicht die einzige zwiegespaltene Person!
 
Zunächst: ich bin von dir weder angewidert noch finde ich dein Verhalten unverständlich.

Das ist beruhigend zu lesen und lässt mich nicht ganz an meinem Verstand und meinem Verhalten zweifeln 😱

Ich möchte gerne noch wissen, worin der Vertrauensverlust gegenüber deinem Mann besteht.

*Uff* Da haben sich viele Kleinigkeiten über die Jahre summiert, so dass ich das Gefühl habe, von ihm eh keine Unterstützung zu bekommen, wenn ich sie brauche.

Die "schlimmste" Erfahrung war wohl, als mein Vater 2002 nach vier monatigem Krankenhausaufenthalt verstorben ist und mein Mann mich und meine Mutter damals nicht mit dem Auto (wir wollten in unserem Gemütszustand nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren) abholen wollte, weil er zu der Zeit in seinem 1-jährigen Fachabbi steckte und lernen müsste 😕

Daheim angekommen, kam er gleich und "kümmerte" sich seiner Meinung nach um mich. Er wollte mir Baldriankapseln in den Tee schütten, weil er meinte, ich müsste mich beruhigen? Er hätte nicht gewusst, dass es soooo schlecht um meinen Vater stand - hat er mir die vier Monate nicht zugehört? Er hatte doch einmal, als er mit mir meinen Vater im Krankenhaus besucht hat, selbst gesehen, dass er immer weiter abbaute!? Bei mir hat dieser Vorfall einen tiefen Knacks hinterlassen, der zwei Jahre später durch den Umstand, dass seine Mutter verstarb etwas gemildert wurde, weil ich wusste, dass er nun nachvollziehen kann, wie ich mich damals gefühlt habe.

Dann gab es in der Anfangszeit unserer Beziehung fast regelmäßig das Szenario, dass er zugesagt hatte, zu einer Feier/zu einem Geburtstag o. ä. mitzukommen... nur um ein paar Minuten, bevor wir los musste, abzusagen.

Es klingt sicherlich kleinlich, aber irgendwie haben mich diese und vermutlich andere Ereignisse abgestumpft und mich nichts mehr von ihm erwarten lassen.

Ich möchte von dir auch gerne wissen, ob sich die Gefühle, die du für deinen Mann hegtest, grundlegend geändert haben - oder ob dir deine Wünsche und Sehnsüchte, die du mit dem Kollegen zu stillen versucht hast, hinzugekommen sind.

Ich lüge nicht, wenn ich sage, ich liebe meinen Mann, einfach aufgrund dessen, was wir alles schon zusammen erlebt haben. Aber es ist eine andere Liebe, als die ich zu meinem Kollegen empfinde, wobei ich dabei lieber von verliebt sein sprechen möchte, denn Liebe entwickelt sich meiner Meinung erst mit der Zeit. Ich hab meinem Mann, als ich das Gespräch mit ihm gesucht habe - was wie so oft in einem Monolog endet, da er nicht über seine Gefühle oder Gedanken redet, sondern alles tot schweigt! - gesagt, dass ich derzeit das Gefühl habe, wir hätten uns auseinandergelebt. Wären mehr Freunde bzw. Bruder und Schwester, die ab und an Sex haben, vor allem, wenn der Eisprung mal wieder fällig wird. Der Sex verkommt zur Arbeit und ich finde ihn nicht derzeit nicht wirklich anziehend. Ganz anders meinen Kollegen. Da reicht mir der Duft, sein Blick, sein Lachen und ich fühle mich wie 16... und das auch jetzt noch, wo er doch eine Freundin hat und offensichtlich verliebt ist!?

Wir lesen uns später wieder, wenn ich weniger unter Zeitdruck stehe, ok?

Klingt gut 🙂 Ich trage diesen Balast über ein halbes Jahr mit mir herum, da kommt es auf ein paar Tage auch nicht mehr an 😉
 
Zuletzt bearbeitet:
Dein Kollege hat Dir von Anfang an reinen Wein eingeschenkt,indem er sagte,
nicht in Dich verliebt zu sein und sich mit weiteren Frauen zu treffen.Eine reine Sexgeschichte also,auch wenn Du Dir insgeheim mehr erhofft hast.Dir bleibt nur,diese Tatsache zu
akzeptieren.
Was die Frage der Aufrechterhaltung Deiner Ehe anbelangt,so kann ich Dir schwer raten,da
mußt Du tatsächlich tief in Dich hineinhorchen.Den Kinderwunsch würde ich allerdings,
so lange Du Dir nicht im Klaren bist,aussetzen.

Hallo LaFamille,

ich gebe Dir Recht, mein Kollege war mir immer fair gegenüber, was ich sehr an ihm schätze. Und richtig ist, dass ich mir insgeheim wohl mehr erhofft habe... wobei ich rational weiß, dass er kein Mann wäre, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte, dafür haben wir andere Vorstellungen vom Leben.

Eine reine Sexbeziehung war es für meinen Kollegen wohl nicht, darüber haben wir bereits oft während der laufenden Affäre diskutiert, weil ich auch meinte, dass es für ihn nicht mehr als eine solche ist. Er bestand/besteht jedoch darauf, dass es mehr war. Er auch Gefühle hat, aber eben nicht verliebt ist. Er mich als Person schätzt, sich gern mit mir unterhält, mich glücklich sehen will, als Kollege, Freund, was auch immer die Zeit zeigen wird. Er könne sich nicht erinnern, auf der sexuellen Ebene mit jemanden so auf einer Linie gelegen zu haben.

Ich möchte es akzeptieren, wie es ist und nicht jammern. Ich kann mich derzeit selbst nicht leiden. Ich versuche mich aus der Sichtweise einer außenstehenden Person zu betrachten, damit ich diese Gefühle, die ich noch habe, besser abstellen kann - bisher nur leider vergeblich.

Bezüglich des Kinderwunsches bin ich mir nicht sicher, was gut wäre und was nicht. Einerseits denke ich, dass ich durch den Kinderwunsch erst in diese Situation geraten bin und ein Erfolg mir wieder Boden unter den Füßen gibt, andererseits kann ich den Aspekt, den Du vermutlich vor Augen hast, wenn Du vom Aussetzen sprichst, dass ein Kind keine Beziehung kitten kann, auch nicht von der Hand weisen...

Von außen betrachtet bin ich eine selbstbewusste, unabhängige Frau. Habe Freunde, die mich schätzen und lieben. Ich hab in meinem Leben so vieles selbst in die Hand genommen, geplant usw. aber Dinge, die ich nicht planen kann, werfen mich völlig aus der Bahn. Es geht mir wohl am Meisten darum, dass ich versuche zu begreifen, was schief gelaufen ist, wo ich falsch abgebogen bin, was mich und meine Moralvorstellungen so verändern konnte!
 
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Hallo du Zwiespältige 🙂

Ich habe mir deine Beiträge nun noch einmal in aller Ruhe durchgelesen. Mir gehen mehrere Dinge durch den Kopf dabei.

Zunächst: du schreibst, daß diese Brüche - sein Unverständnis, als dein Vater starb, seine kurzfristigen Absagen vor eigentlich ausgemachten Familienfeiern u.ä. bereits vor eurer Eheschließung stattgefunden haben. Dennoch hast du ihm einen Antrag gemacht, wolltest Verbindlichkeit. Und du liebst ihn, weil ihr schon viel miteinander erlebt habt, Humor und Alltag teilt. Ja, ich glaube, daß man das Liebe nennen kann.

Je länger man mit einem Partner zusammen lebt, umso besser lernt man sich kennen. Auch die Seiten, die unschön sind und die scheinbar das Vertrauen erschüttern, richtig?

Man kann es aber auch anders herum sehen. Mal sehen, ob ich das richtig formuliert kriege... ein Beispiel, das ich vor vielen Jahren mit meinem besten Freund erlebt habe - der einzige Mensch, dem ich damals überhaupt vertraut habe. Als er ausgewandert ist, wurde seine Stelle in einer Verwaltung frei, ich habe sie von ihm übernommen. Ich mochte den Job und war darin gut. Aber ich war damals in einer ziemlich brisanten psychischen Lage - wie genau, spielt jetzt keine Rolle, nur so viel: es 'fehlten' mir immer wieder Stunden und Tage in meinem Gedächtnis, es kam vor, daß ich mitten in einem Gespräch wieder 'zu mir kam' und nicht wußte, welcher Tag gerade war, worum es im Gespräch gerade gegangen war usw. So eben auch im Büro einmal, ich kam mitten während eines Gesprächs mit meiner Chefin zu mir. Sie hat nichts davon bemerkt, aber ich war in großer Angst und habe meinem Freund davon erzählt, natürlich im Vertrauen darauf, daß er darüber nicht mit anderen sprechen würde. Er rief daraufhin bei meiner Chefin an und hat ihr das erzählt. Aus Besorgnis natürlich, es hat aber dazu beigetragen, daß ich dadurch die Stelle verlor. Vertrauensbruch, nicht?

Er ist nach wie vor mein bester Freund, seit vielen Jahren schon, es gibt kaum einen Menschen, der mich so durch und durch kennt wie er. Und ich denke, daß es umgekehrt genauso ist. Man könnte sagen, daß wir uns lieben. Mein Vertrauen in ihn war durch diese Geschichte schwer erschüttert, aber es ist nicht zerbrochen, im Gegenteil: es ist im Lauf der Jahre gewachsen. Weil ich weiß, wann er sich anders verhalten wird, als ich es tun würde oder anders, als ich es mir vielleicht wünschen würde - aber wie gesagt: ich kenne ihn. Vertrauen heißt eben auch: jemanden kennen - und genau so anzunehmen, wie er ist.

Diese Geschichte erzähle ich dir, weil du dein Vertrauen in deinen Mann als angeknackst bezeichnet hast. Man hat ja so Erwartungen und Wünsche in eine Beziehung, besonders gegenüber den Menschen, die man liebt. Und da entstehen Brüche, wenn man feststellt, daß dieser Mensch einen in bestimmten Situationen enttäuscht. Sei es "Unzuverlässigkeit" (auf die man sich bei manchen Menschen immer verlassen kann 😉) oder eine scheinbare Gefühllosigkeit oder Unsensibilität. Ich bin sicher, wir alle haben so "blinde Flecken" und wir sind imstande, einen Menschen auch damit weiter zu lieben.

Nur: du erwähnst also solche Dinge, sie scheinen in dir zu arbeiten, für dich scheint der "Knacks" immer noch präsent zu sein. Er ist nicht mehr der fleckenlose Held?

Vielleicht guckst du hier mal in dich, warum das immer noch präsent in dir ist, fast wie ein Makel, den du an deinem Mann wahrnimmst? Nur so als Anregung.


Dann also jetzt deine Verliebtheit in den Kollegen. Du hast es selbst ja schon so genannt: Verliebtheit. Vielleicht kannst du für dich bei Gelegenheit nochmal ganz bewußt aufschreiben oder nachfühlen, worin der Unterschied zwischen Liebe und Verliebtheit liegt.

Ich weiß, man hat ja so hehre Ansprüche an die Liebe: sie soll ausschließlich sein, unerschütterlich, vor allem treu usw. Der Auffassung bin ich nicht. Ich bin auch nicht der Auffassung, daß in einer Beziehung der "Wurm" drin sein muß, wenn man sich neu verliebt trotz bestehender Beziehung. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, daß man sich die "Würmer" in der Beziehung mühsam zusammensucht, damit sie als Rechtfertigung für die neuen, verbotenen Gefühle dienen könnten, quasi als Entschuldigung. Mir ist noch keine langjährige Beziehung begegnet, die ohne Brüche, Konflikte, Flauten oder Alltagsgenerve verlaufen wäre. Und dann heißt es zu bereitwillig: Die Liebe sei unterwegs verloren gegangen. Das schreibst du zum Glück nicht, du liebst deinen Mann noch. Und hast dich trotzdem in diesen Kollegen verliebt: der war neu, unbefangen (klar, ihr teilt ja auch nicht den Alltag inkl. Schmutzwäsche, Kloputzen und Geschirr abwaschen miteinander, ne?) - mit ihm konntest du amüsante Mails und Gedanken austauschen, jemanden kennenlernen kann so inspirierend, flirtend, vielleicht auch frivol sein und - zack: da ist sie dann, die Verliebtheit, die sich in eine Nische setzt, die Erotik, Spannung, Begehrtsein verspricht. Du kennst sicher diesen Satz: "Allem Anfang wohnt ein Zauber inne", nicht? Ein sehr lieber Bekannter ergänzte vor einiger Zeit im Zusammenhang dazu, daß auch Freundschaften, gerade wenn sie im Entstehen sind, eine gewisse erotische Komponente enthalten. Ich stimme ihm da zu - ich nehme an, daß darin auch der Grund liegt, warum viele glauben, daß liebevolle Freundschaften zwischen Männern und Frauen nicht funktionieren. Na, wie auch immer: ihr seid weiter gegangen, es wurde also Verliebtheit und eine sexuelle Beziehung daraus. Und du begehrst diesen Mann, auch jetzt noch, nicht? Obwohl dir klar ist: das wäre kein Mann, mit dem du zusammen leben möchtest.

Wo ist die Erotik, das Begehren zwischen deinem Mann und dir hin? Es war mal da, oder? Erinnerst du dich daran noch? Läßt sich Erotik, sexuelle Anziehung, diese geheimnisvolle Spannung wieder herstellen, wenn man weiß, daß der Partner vor dem Liebespiel noch schnell eine Fernsehsendung zu Ende gucken will, daß er immer zur selben Zeit auf's Klo geht und dabei die Zeitung liest und manchmal einfach eine piefige Socke sein kann? Und man selbst? Es ist einfacher, für einen "Neuen" die aufregende, begehrte Frau zu sein - im Wissen, daß der die eigenen knautschig-bequemen Bequemlichkeiten noch nie gesehen hat, ne? 😉

Für heute genug, ich denke wir werden uns wieder lesen.
 
Vielen Dank für Deinen Beitrag fritzie. Vor allem, dass Du Dir die Mühe machst... das Thema scheint andere nicht zum Schreiben zu annimieren, vermutlich nach dem Motto, wenn ich nichts nettes zu sagen habe, lasse ich es lieber 😉

Ich glaube zu verstehen, was Du mir damit sagen willst. Ich habe mit meinem Mann bereits über den Knacks gesprochen, er wusste nicht, dass mich die Dinge immer noch beschäftigen. Und die Erotik versuche ich auch wieder hervorzukitzeln. Das, was mich an dem Kollegen reizt, auf meinen Mann zu übertragen, aber es fällt mir schwer, solange ich meinen Kollegen noch regelmäßig sehe. Ein gutes Beispiel sind die Wochenenden. Ich denke zwar ab und an an den Kollegen, aber er ist nicht so präsent, so dass ich mich voll und ganz auf meinen Mann bzw. uns konzentrieren kann. Aber von Mo.-Fr. ist der Kollege präsenter als mein Mann und dann hadere ich wieder mit mir, dass irgendwas in meiner Ehe doch nicht stimmen kann, wenn mich dieser andere Mann so durcheinander bringt!

Das ist es eigentlich, was mich an meiner Ehe zweifeln lässt: Ich habe 10 Jahre keinen anderen Mann angeguckt. Mir sind andere Männer nicht mal wirklich aufgefallen und dann von einem Tag auf den anderen ändert sich mein Blickwinkel - warum? Was ist passiert, dass ich auf einmal der Meinung bin, Erotik etc. woanders zu suchen, als daheim? Mein Mann hat sich die Jahre nicht verändert und wie Du es auch beschrieben hast, ich liebe ihn mit seinen "Makeln". Aber warum verliebt man sich dann in einen anderen? Ich gebe Dir Recht, das Verliebtheit was anderes ist als Liebe. Bei Verliebtheit gehen die Gefühle mit mir durch, es ist ein ständiges auf und ab. Die Schmetterlinge fliegen im Bauch und im nächsten Moment hat man Bedenken, dass der andere einen nicht so akzeptiert, wie man ist. Man ist eigentlich nicht man selbst und verbiegt sich für den anderen. Eigentlich eine sehr anstrengende und nervtötende Zeit, weil man diese Energie in was sinnvolleres investieren könnte 😛

Ich will diese Gefühle zu dem Kollegen abstellen und an meiner Ehe arbeiten. Mein Kopf sagt mir, dass ein klarer Schnitt am Besten wäre. Kein Kontakt mehr mit dem Kollegen außer beruflich. Aber dazu bin ich irgendwie nicht bereit, weil er mir eben ans Herz gewachsen ist, er sich auch bei mir meldet, aber eben nur freundschaftlich... ich weiß aber gar nicht, ob ich es schaffe würde, je mit ihm nur befreundet zu sein, ohne eine Anziehung zu verspüren 😕
 
Hallo Zwiespalt (ich hoffe, du erlaubst mir diese Abkürzung?) - schön, dich wieder zu lesen. 🙂

Ich glaube, daß dein Thema etliche Menschen bewegt, auf die eine oder andere Weise, und ich könnte mir vorstellen, daß sie manche irgendwie hilflos macht - mich in gewisser Weise auch. Es wäre ja leicht, einfach zu sagen: "Du betrügst, das ist falsch, entscheide dich!"

Damit ist's ja nicht getan, denke ich. Gefühle entstehen - auch wenn sie es nicht "sollten". Was soll man da schon tun, sie entsorgen? Sind Liebesgefühle falsch? Glaube ich nicht. Wenn wir dazu gemacht wären, lebenslang für einen Menschen exklusiv Liebe zu empfinden, dann wären wir als Baßtölpel auf die Welt gekommen.

Ich lebe seit etwa 8 Jahren mit meinem Mann in einer Beziehung, die sehr vertraut, liebevoll, von Verständnis getragen ist - natürlich auch mit Knatsch, Reibereien, Zusammenraufen usw. - eine Beziehung, wie ich sie nie für möglich gehalten hätte, sie trägt mich in einer Weise, die ich als tief, vertraut und erfüllend empfinde. Und trotzdem habe ich mich vor einiger Zeit "fremd verliebt". Hat mich umgehauen. Hat mir gezeigt, wo Sehnsüchte schlummern, die ich bisher nicht wahrgenommen hatte. Ich habe mit meinem Mann darüber gesprochen, wir haben miteinander gesprochen. Das hat mir geholfen, mit meinen Gefühlen besser klar zu kommen. Ich habe mir auch Rat und Anregungen hier im Forum geholt - auch das hat mir gut getan.

"Aufgelöst" hat sich meine Verunsicherung, mein Liebeskummer. Aber die Sehnsucht ist nach wie vor da. Wie soll man damit umgehen? Ich erzähle das, weil ich denke, daß es wenig bringt, sich selbst lediglich dafür zu verurteilen, was man fühlt und tut. Man kann Entscheidungen treffen (ich habe sie getroffen), aber wenn man seine eigenen Gefühle verurteilt statt sie zu verstehen, dann gerät man in diese Zwiespälte, die man nicht auflösen kann.

Ich glaube dir, daß du deinen Mann noch liebst und ich glaube dir, daß du in der Lage sein wirst, deine Ehe neu zu beleben. Die Sehnsüchte aber sind nach wie vor da, wenn ich deine Zeilen richtig verstehe. Meine auch. Ich habe inzwischen erkannt, daß sie nicht an "den anderen" gebunden sind - er hat sie nur sozusagen aktiviert, ohne das zu wollen. Man könnte fast sagen, meine Sehnsucht ist eine Art "Verliebtheit" ohne Gesicht und ohne Ziel. Weiß nicht, wie sich das für dich entwickeln wird - du scheinst deine Sehnsüchte in diesem Kollegen erwidert zu sehen. Werden sie aber nicht mehr, oder? Es ist leichter vielleicht, sich einem anderen zuzuwenden, als sich dem, was in dir drin berührt werden will, zu nähern - vielleicht mit dem "Risiko" zu erkennen, daß nicht alles, was man sich erhofft, gestillt werden kann. Ich weiß nicht... sorry, bin heute ziemlich nachdenklich. Ob dir meine Gedanken dazu wirklich weiterhelfen?

Abstellen - ich glaube, das geht nicht so einfach, für mich hat das nicht funktioniert. Aber Annehmen und Akzeptieren, daß dieser sehnsüchtige Raum in mir frei bleibt, das geht. Irgendwie.
 
Hallo Fritzie 🙂

Auch für diesen Beitrag danke ich Dir und Deine Gedankengänge helfen mir, weil ich mich damit auseinandersetzen kann! So traurig es klingen mag, ich habe gute Freunde, aber darüber will ich mit ihnen nicht reden, vermutlich vor Scham und Angst vor Zurückweisung...

Ja, die Sehnsucht ist noch da, aber wenn Du mich fragen würdest, wonach, würde ich Dir heute nur sagen können, nach der Nähe zu meinem Kollegen und damit meine ich die körperliche, denn ansonsten stehen wir ja noch in Kontakt und reden... das andere wird nicht mehr passieren, denn er erwidert diese Sehnsucht nicht mehr, da er nun in einer festen Beziehung ist.

Aber ich denke auch, dass es bei mir ebenfalls so ist wie Du es beschrieben hast, dass der Kollege diese Sehnsucht nur wachgerüttelt hat, er als Person aber sicherlich austauschbar ist. Wie kann ich also diese Sehnsucht annehmen und akzeptieren und nicht weiter meine Gefühle verurteilen? Wie hast Du Dich bzw. Deine Gefühle akzeptiert und angenommen? Hattest Du ein Mantra o. ä. bzw. hat es Dir ausgereicht, Dich hier im Forum auszutauschen? Wäre ein Kontaktabbruch zum Kollegen das Beste/einfachste oder ist die Aufrechterhaltung eher förderlich und eine Chance auf eine echte, tiefe Freundschaft?
 

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