Ist diese Einstellung nicht legitim oder pathologisch?
Das ist eine sehr spannende Frage, die ich mal nur aus meiner persönlichen Sicht (ganz ohne philosophischen, psychologischen usw. Einfluss) beantworten möchte.
Ein Suizidversuch (oder Suizidgedanken) ist für mich pathologisch, wenn bspw. eine Depression besteht und nach Heilung der Sterbewunsch auch weg ist. Es gibt ja schon einige depressive Personen, die einen Suizidversuch hinter sich haben und nach Behandlungen und Therapien sagen, dass sie froh darüber sind, noch am Leben zu sein.
Rückblickend würde ich dann sagen, das es pathologisch war.
Dann gibt es aus meiner Sicht noch Bilanzsuizide. Ich bin z.B. auch seit mehreren Jahren depressiv, wodurch meine Lebensplanung, meine sozialen Kontakte, mein beruflicher Werdegang u.v.m. sehr drunter gelitten haben. Das sind alles Dinge, die mich zusätzlich belasten. Ich führe ein Leben, das ich mir so nicht vorgestellt habe. Ich bin jetzt seit einiger Zeit in Behandlung und denke, dass ich trotzdem dadurch nicht alles wieder gut machen kann. Selbst wenn ich von der Depression befreit werden sollte, muss ich danach erst mal wieder ins "richtige" Leben finden. Wenn ich mir vorstelle, dass die Depression dauerhaft vorhanden ist oder immer wieder kommt, dann möchte ich bestimmt nicht mein Leben bis zu meinem natürlichen Tod künstlich in die Länge ziehen. Ich sage "künstlich in die Länge ziehen", weil man es nicht als Leben bezeichnen kann.
Ich habe mir deshalb auch schon viele Gedanken gemacht, ob und wie ich dann aus dem Leben scheiden werde. All diese Faktoren werden mich irgendwann zu einer Bilanz bringen: lohnt es sich für mich zu leben?
Ich bin z.B. auch für die aktive Sterbehilfe und das auch für psychisch kranke Menschen ohne Aussicht auf Besserung. Sollte sich bis zu meinem 40. Lebensjahr nichts an meiner Situation geändert haben, dann werde ich da einen Weg finden. Meinen Angehörigen werde ich es vorher erklären, sodass da keine große Überraschung auf sie zukommt. So denke ich zumindest momentan, vielleicht ändert sich das auch wieder.
Ich möchte nicht qualvoll sterben und auch niemanden sonst da mit reinziehen, daher kämen die harten Methoden für mich nicht infrage.
Die Frage ist halt immer, ob die Qual oder die Freude überwiegt. Natürlich hat jeder seine Probleme und nicht jeder nimmt sich deswegen das Leben. ABER wenn neben den Problemen nur wenig oder keine Freude/Lebenssinn vorhanden ist, ist die Frage nach dem Suizid mit Sicherheit nicht pathologisch. Es gibt unzählig viele Gründe, warum Menschen aus dem Leben scheiden möchten.