Ja, ich bin 25 und habe erst vor kurzem erfahren, dass ich hochbegabt bin. Meine Eltern wussten es seitdem ich noch sehr klein war, nachdem der Kinderarzt damals zu einem Test geraten hatte weil es bestimmte Indizien gab. Meine Mutter wollte das aber nicht weiter fördern, weil sie kein Fan von zu früher Förderung war und dachte damals, dass ich, wenn ich besonders schlau wäre, das in der Schulzeit schon selbst bemerken würde. Das ging aber nach hinten los. Als ich zur Schule kam hatte ich mir lesen, schreiben und rechnen schon selbst beigebracht und mich unglaublich gelangweilt. Es war eine eher konservative kleine Dorfschule und es wurde als Desinteresse und Unwille zum Lernen gewertet. Ich hatte immer nur mittlere Noten, habe nie auch nur eine Stunde gelernt in meiner Schulzeit und dachte immer, ich wäre dümmer als alle anderen. Habe das Gymnasium in der Oberstufe abgebrochen weil ich davon ausgegangen bin, dass ich das Abi sowieso nicht schaffen kann weil mein Gehirn einfach nicht so gearbeitet hat, dass es im normalen Schulsystem funktioniert hätte. Mir ist nie etwas schwer gefallen, dadurch war ich immer gelangweilt und habe mir die Dinge immer eher zusammengereimt weil ich im Unterricht nicht aufgepasst habe. In Mathe z B habe ich mir immer sehr schnelle Rechenwege überlegt und vieles konnte ich auch einfach im Kopf lösen. Das wurde nie als richtig gewertet und es gab nur Teilpunkte, weil es nicht der vorgeschriebene Weg war und gedacht wurde, dass ich schummele. Das hat zu so einer Frustration geführt, dass sich eine richtige Schulangst entwickelt hat. Nach dem Schulabbruch habe ich einen eher körperlichen Ausbildungsberuf gelernt, in dem ich nun arbeite. Ich liebe den Beruf sehr aber mir hat immer sehr die Kopfarbeit gefehlt. Vor einiger Zeit habe ich durch Zufall eine Beschreibung von ziemlich sicheren Anzeichen für Hochbegabung von der Autorin von ‘Kluge Köpfe krumme Wege’ gelesen und habe mich so wiedergefunden. Das erste mal habe ich mich verstanden gefühlt und vor allem gemerkt, dass ich nicht alleine bin damit. Das quere denken, das permanente Hintergrundrattern des Kopfes, die schnellen Lösungen für Probleme, die mir nie wie welche vorkamen und die kaum vorhandene Relation von einfach und schwierig und noch so viele andere Aspekte. Ein Test gab dann Gewissheit. Ich frage mich, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich das gewusst hätte und man mir nicht immer das Gefühl ein Freak und dumm zu sein hätte vermitteln können. Hätte ich und auch andere davon gewusst, wäre ich sicher anders behandelt und gefördert worden und mir wäre wahrscheinlich nie das eigentlich so geliebte Lernen und damit auch ein großes Stück Lebensfreude genommen worden.