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Wie helfe ich einem Bekannten bei systematischem Rassismus?

Origami86

Mitglied
Hallo Ihr Lieben :) !

Folgendes Problem: Vor einer Weile traf ich einen Bekannten zufällig in der Stadt und kam mit ihm ins Gespräch über seine derzeitige, schon Jahre andauernde Jobsuche. Er stammt ursprünglich aus dem Irak, lebt jetzt seit acht Jahren hier - fester Aufenthaltstitel in Aussicht - und spricht gutes, leicht verständliches Deutsch (mit etwas Akzent).

Ich habe seit Corona leider selber zumindest indirekt Erfahrung mit dem Zweiten und Dritten Arbeitsmarkt hier in Deutschland machen müssen; insofern war ich nicht überrascht von den standardisierten Absagen, die er sogar bei einfachsten Stellen erhielt. Und er gibt sich viel Mühe und verwendet Zeit. Nachdenklich machte mich dann aber die folgende Geschichte:

Bei einem deutschlandweit bekannten Unternehmen (den Namen wird hier jeder kennen) hatte er eine Umschulung gemacht, aber als Einziger weder Zeugnis noch Prüfungsergebnis ausgehändigt bekommen. Auch die notwendige Dienstkleidung - für den Rest am zweiten Tag verfügbar - war bei ihm angeblich bis einschließlich nach der Schulung noch "in Bearbeitung" (als Einzigem) und Personen, die - laut seiner Aussage - deutlich weniger engagiert waren als er, weniger gut Deutsch sprachen (es ist ein Serviceberuf) und denen er bei der Prüfungsvorbereitung massiv helfen musste, schafften es dann angeblich fast als Klassenbeste.

Ich kann mich natürlich nun nur nach seiner eigenen Aussage richten, vertraue ihm aber eigentlich sehr. Und er ist kein schlechter Mensch, ganz im Gegenteil. Was aber definitiv ist, ist gläubiger Muslim, der sich auch dazu bekennt, mit einem Namen, dem man den Ursprung anhört. Auch ist sein Aussehen natürlich leicht südländisch. Er hat mir auch Fotos gezeigt: Die angeblich Klassnebeste war eine junge, attraktive Inderin mit für deutsche Ohren recht wohlklingendem Namen - den habe ich aber vergessen, sorry.

Ich vermute hier jetzt rassistische Hintergründe. Und das, wohlgemerkt, obwohl fragliches Unternehmen medial und bundesweit bekannt nicht gerade an Personalüberschuss leidet. Und ich fürchte, das könnte in anderen Bereichen ähnlich sein. Problem ist natürlich, dies nachzuweisen.

Kann man da irgendetwas tun? Und sei es auch nur indirekt? Er ist natürlich, zu Recht, ziemlich wütend und überlegt, Deutschland zeitnah wieder zu verlassen, wenn er es denn finanziell irgendwie kann. Auch ist er ein kluger Kopf, der eh schon tiefer stapelt, als es sein müsste.

Danke für Antworten :)!
 

Binchy

Sehr aktives Mitglied
Hallo,

bist Du Dir sicher, dass er Dir wirklich die Wahrheit sagt? Natürlich gibt es genügend Rassismus, aber es gibt auch genügend Ausländer, die Stellen finden. Wenn er in diesem Unternehmen keine Prüfungsergebnisse bekam: gab es da keinen Betriebsrat, der ihm helfen konnte?

es gibt ja in vielen Bereichen Fachkräftemangel: kann er sich da nicht erkundigen beim Jobcenter bzw. in Branchen, wo händeringend Leute gesucht werden, gucken? Ob das stimmt mit der Inderin oder ob das nun seine Interpretation ist, können wir nicht wissen, Du sicherlich auch nicht.
 

Portion Control

Urgestein
Warum sollte der Iraker rassistisch diskriminiert werden und die Inderin nicht
Vor allem: wenn ich keine Ausländer einstellen oder ausbilden möchte, würde ich ja bereits beim anbieten von Umschulungsplätzen filtern. Und nicht erst die Leute die komplette Umschulung durchlaufen lassen. Dann würde ich einfach keinen nehmen.

Ich denke für die nicht erhaltenen Papiere gibt es eine andere Erklärung.
Vielleicht ist hier wirklich ein technischer Fehler verlaufen. Ich würde auch nicht nur 1x nachhören, sondern häufiger.
Offensichtlich gab es ja weitaus mehr Ausländer die diese Umschulung durchliefen. Dazu gibt es jetzt aber keine Idee, weshalb die alle ihre Zeugnisse bekommen haben wenn das Unternehmen doch rassistisch filtert?
 

Origami86

Mitglied
Danke erstmal für Eure Antworten.

Vielleicht ein paar Klarstellungen, die ich zu Beginn hätte machen sollen, damit der Hintergrund geklärt ist:

Was meine ich mit "Rassismus":
Ich glaube explizit nicht, dass das fragliche Unternehmen oder die dortigen Mitarbeiter - egal, welcher Abteilung - irgendeine Form von "Ideologie" o.ä. verfolgen, die sich explizit gegen Ausländer richtet. Anderenfalls würden sie natürlich keine Inderin einstellen. Ich vermute eher, dass besagte Inderin (und übrigens nicht nur die, es gab auch Gruppenfotos) aufgrund ihres attraktiven Aussehens und ihres Namens - in Kombination - eingestellt wurde. Es ist, wie gesagt, ein Serviceberuf, mit andauerndem Kundenkontakt, was auf die Reputation des Unternehmens zurückfällt. So gesehen ist Marketing und die dahinter stehende Logik hier womöglich die treibende Kraft.
Das heißt jetzt nicht, dass ich der Inderin den job nicht auch gönnen würde. Ich kenne sie ja nicht mal und wünsche Menschen per se eigentlich erst mal das Gute, soweit möglich. Ich meine das rein beschreibend.

Betriebsrat:
Doch, das wäre vermutlich möglich gewesen. Ich rede da auch nochmal mit ihm. Die ganze Sache ist allerdings auch schon ein ganzes Jahr her. Ich kenne mich nicht aus, wie etwaige Fristen etc. da liegen, würde es meinem Naturell nach aber noch versuchen. Er selbst ist da vorsichtiger und weiß leider gar nicht um die Möglichkeit, da bin ich sicher. Ich habe in meinem früheren Job viel mit Migranten zu tun gehabt und bemerkt, dass auch die intelligentesten und engagiertesten oft nach Jahren nicht wussten, welche Rechte und Anlaufstellen sie im Zweifel so haben. Wenn wir mal ehrlich sind, ist da ja selbst der Durchschnittsdeutsche leider ganz gern mnal überfordert und tut sich damit eher keinen Gefallen.

Zum Rest kann ich nur sagen, dass er bereits seit Jahren nach einer dauerhaften Stelle sucht, von der er allein und eigenständig (er ist kinderlos und Single) sein Leben hier in Deutschland bestreiten kann. Mehr muss man in Tagen, wo auch 40% Deutscher Mittelstand keinen Cent mehr auf die Seite bekommen, ja eigentlich nicht schreiben. Mit dem Jobcenter hatte er sicher mehr als genug zu tun. Ich vor jahren übrigens auch; da ist nichts zu erwarten. Wer glaubt, da habe sich viel geändert seit Jahresbeginn, irrt leider. Schuld der Mitarbeiter ist das nicht, das geht tiefer.

Ob er "die Wahrheit" sagt, weiß ich natürlich nicht. Aber ganz sicher denkt er, dass er das tut. Und das ohne böse Absicht. Die Idee, dass hier bewusst gegen ihn entschieden worden sein könnte, stammt auch eher von mir, ehrlich gesagt. Und ja: Vielleicht spinne ich mir da was zusammen. Es sind nur Indizien. Aber auch hier habe ich, leider, schon viel sehen müssen.

Last but not least interessiert mich eigentlich eher, wie man für die zukunft vorbauen könnte. Der Fall hier ist vermutlich gelaufen, auch, wenn ich das Thema "Betriebsrat" sicher nochmal anspreche.

Danke!
 

Portion Control

Urgestein
Also keine Papiere zu erhalten ist halt merkwürdig. Und ich würde halt auch gerne mal wissen was man ihm nach 1 Jahr dazu erklären würde. Sie werden ja nicht behaupten können das die noch kommen.
Ich würde halt auch mal antworten das die nächste Erinnerung schriftlich von meinem Anwalt käme.

Vielleicht bewegt sich ja dann etwas.
 

lilli40

Mitglied
Kommt mir komisch vor, wenn das Unternehmenen andere Ausländer einstellt. Man kann nicht alles auf Rassismus schieben, vielleicht hatte der Bekannte ja Unstimmigkeiten mit den Vorgestzen oder sich sonst nicht angemessen verhalten.Im Servicebeich kann es natürlich sein, dass man eine hübsche Frau bevorzugt.Diesen Nachteil hätten dann aber auch deutsche Männer. Vielleicht war die Frau auch freundlicher im Umgang mit den Kundern , ist alles nur Spekulation. Ich wäre da vorsichtig, wenn ich nur sine Sicht kennen. Es gibt sicher Rassismus aber genauso oft gibt es Ausländer die auf Schiene reiten, wenn sie eine Wohnung oder einen Job nicht bekommen.
 

Origami86

Mitglied
Also keine Papiere zu erhalten ist halt merkwürdig. Und ich würde halt auch gerne mal wissen was man ihm nach 1 Jahr dazu erklären würde. Sie werden ja nicht behaupten können das die noch kommen.
Ich würde halt auch mal antworten das die nächste Erinnerung schriftlich von meinem Anwalt käme.

Vielleicht bewegt sich ja dann etwas.
Sehe ich auch so, danke. Das wird dann wohl tatsächlich der nächste Schritt sein müssen. Ich rede zeitnah nochmal mit ihm diesbezüglich.

vielleicht hatte der Bekannte ja Unstimmigkeiten mit den Vorgestzen oder sich sonst nicht angemessen verhalten.
Kann schon sein. Er hat tatsächlich mal erwähnt, dass er, als seine Dienstkleidung nicht kam, ein recht langes und recht hartes Gespräch mit der (zugekauften) Dame hatte, die die Umschulung leitete. Wer sich da jetzt wie weit möglicherweise im Ton vergriffen hat oder auch nicht oder wie oder wo oder was... keine Ahnung 🤷‍♂️. Da kann alles oder nichts passiert sein; aber er ist schon eher der "direkte" Typ.

Ich wäre da vorsichtig, wenn ich nur sine Sicht kennen. Es gibt sicher Rassismus aber genauso oft gibt es Ausländer die auf Schiene reiten, wenn sie eine Wohnung oder einen Job nicht bekommen.
Sehe ich nicht per se anders; zumal wir wirklich nur Bekannte - keine Freunde - sind. Wir sehen uns bestenfalls sporadisch. Sicher bin ich da auch im Bias durch meine eigene Biographie. Ich würde gern das Schlimmste vorbeugend verhindern, sagen wir mal so.
 
G

Gelöscht 120756

Gast
Wie genau äußert sich das von dir angesprochene Bekenntnis zu seiner Religion?
Welche Qualifikation hat er (grob) und was für eine Art Job sucht er?
Hat er schon mal überdacht, ob ihm seine Herkunft (beispielshalber interkulturelle Kenntnisse) bei manchen Jobs auch helfen könnte und nach entsprechenden Angeboten gesucht?
 
M

Meinung123

Gast
Hallo Ihr Lieben :) !

Folgendes Problem: Vor einer Weile traf ich einen Bekannten zufällig in der Stadt und kam mit ihm ins Gespräch über seine derzeitige, schon Jahre andauernde Jobsuche. Er stammt ursprünglich aus dem Irak, lebt jetzt seit acht Jahren hier - fester Aufenthaltstitel in Aussicht - und spricht gutes, leicht verständliches Deutsch (mit etwas Akzent).

Ich habe seit Corona leider selber zumindest indirekt Erfahrung mit dem Zweiten und Dritten Arbeitsmarkt hier in Deutschland machen müssen; insofern war ich nicht überrascht von den standardisierten Absagen, die er sogar bei einfachsten Stellen erhielt. Und er gibt sich viel Mühe und verwendet Zeit. Nachdenklich machte mich dann aber die folgende Geschichte:

Bei einem deutschlandweit bekannten Unternehmen (den Namen wird hier jeder kennen) hatte er eine Umschulung gemacht, aber als Einziger weder Zeugnis noch Prüfungsergebnis ausgehändigt bekommen. Auch die notwendige Dienstkleidung - für den Rest am zweiten Tag verfügbar - war bei ihm angeblich bis einschließlich nach der Schulung noch "in Bearbeitung" (als Einzigem) und Personen, die - laut seiner Aussage - deutlich weniger engagiert waren als er, weniger gut Deutsch sprachen (es ist ein Serviceberuf) und denen er bei der Prüfungsvorbereitung massiv helfen musste, schafften es dann angeblich fast als Klassenbeste.

Ich kann mich natürlich nun nur nach seiner eigenen Aussage richten, vertraue ihm aber eigentlich sehr. Und er ist kein schlechter Mensch, ganz im Gegenteil. Was aber definitiv ist, ist gläubiger Muslim, der sich auch dazu bekennt, mit einem Namen, dem man den Ursprung anhört. Auch ist sein Aussehen natürlich leicht südländisch. Er hat mir auch Fotos gezeigt: Die angeblich Klassnebeste war eine junge, attraktive Inderin mit für deutsche Ohren recht wohlklingendem Namen - den habe ich aber vergessen, sorry.

Ich vermute hier jetzt rassistische Hintergründe. Und das, wohlgemerkt, obwohl fragliches Unternehmen medial und bundesweit bekannt nicht gerade an Personalüberschuss leidet. Und ich fürchte, das könnte in anderen Bereichen ähnlich sein. Problem ist natürlich, dies nachzuweisen.

Kann man da irgendetwas tun? Und sei es auch nur indirekt? Er ist natürlich, zu Recht, ziemlich wütend und überlegt, Deutschland zeitnah wieder zu verlassen, wenn er es denn finanziell irgendwie kann. Auch ist er ein kluger Kopf, der eh schon tiefer stapelt, als es sein müsste.

Danke für Antworten :)!
Recht auf ein Zeugnis hat er, denke ich. Wenn er bisher keines bekommen hat, dann kann er das einfordern (am besten per Post, Einwurfeinschreiben).

Wenn es ein Serviceberuf in der Gastronomie war und er gläubiger Moslem ist, gab es da in irgendeiner Form Konflikte? Hat er da etwas erwähnt?

Sowas würde die Probleme eventuell erklären. Ich komme auf die Frage, weil ich mal in der Zeitung einen Bericht gelesen habe über einen muslimischen Taxifahrer in London, der sich weigerte, einen bestimmten Fahrgast zu transportieren, weil er Alkohol dabei hatte. Könnte mir vorstellen, dass eine derartige strikte Einstellung gegen Alkohol als Servicekraft in der Gastronomie schwierig wäre.

Habe auch mal gelesen, dass manche Kinderpflegerinnen Arbeit in einem Kindergarten abgelehnt haben, weil sie es nicht mit ihrem muslimischen Glauben vereinbaren konnten, Kinder mit Essen zu füttern, das nicht rein war (z B Schweinefleisch).

Wenn es keine derartigen Konflikte gab, dann ist das Verhalten des Arbeitgebers ziemlich unerklärlich. Natürlich kann es theoretisch sein, dass da jemand rassistisch eingestellt war und ihn benachteiligt hat.

Dann würde es mich aber wundern, warum er die Chance und den Ausbildungsplatz überhaupt bekommen hat. Nur um jemanden zu diskriminieren, wäre das doch ziemlich viel Aufwand.

Hat er damals mal mit dem Vorgesetzten des Ausbilder gesprochen?
 

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