Für mich wird die Frage nach dem Sinn des Lebens immer unwichtiger, obwohl ich in den letzten Jahren irgendwie das Gefühl habe, immer mehr bei mir anzukommen.
Früher habe ich verzweifelt gesucht und gegrübelt und immer neue Antworten "gefunden" und erprobt und wieder verworfen, manchmal fieberhaft nach irgendwas Glaubwürdigem, irgend etwas, das mir das Gefühl geben könnte, ich und mein Dasein möchten nicht völlig nutzlos sein.
Keine Verwandten (zumindest keine, mit denen ich in Verbindung stehe), so ein Gefühl, völlig ohne Wurzeln und Bindungen dazustehen, völlig ohne Verantwortung (außer der für mich selbst, und ich fand mich überflüssig). Da hab ich mich oft geradezu verzweifelt nach "Sinn" gesehnt und mir manchmal vorgestellt, wenn ich "weg" wäre, dann möchte doch wenigstens meine Biografie oder ein paar meiner gemalten Bilder oder ein paar Zeilen von mir übrig bleiben und für irgend jemanden wichtig sein. Ob das "sinnhaft" gewesen wäre... ich weiß nicht. Dann fing ich an, mich weiterzubilden, jobbte, arbeitete wie bekloppt in mehreren Stellen parallel, manche sagten ich wäre wie eine Kerze, die an 5 Stellen zugleich brennt. Fing an, Menschen zu "konsumieren", arbeitete nebenher in der häuslichen Behindertenbetreuung, versuchte irgendwie Bodenhaftung zu kriegen. "Sinn" habe ich darin auch keinen gefunden, irgendwas in mir sagte: Irgendwann bist du nicht mehr da und es wird niemanden im Universum interessieren, ob es dich je gab oder nicht. Fühlte sich ziemlich einsam an.
Ich wollte gerne an irgend etwas glauben, aber das ging nicht. Manchmal dachte ich, wenn es Gott, Geistwesen oder von mir aus 'nen göttlichen Hosenknopf gibt, dann müßte mir das doch einen Sinn hinter dem Ganzen offenbaren, ich stellte mir vor, daß "es" irgendwie meine Seele anstupsen müßte, wenn "es" existiert, während mein Verstand sich damit beschäftigte, sich von allen Sinnfragen freizustrampeln.
Und jetzt denke ich manchmal, daß die Sinnfrage vielleicht die überflüssigste aller Fragen ist, die ein Mensch sich stellen kann. Kann ich schlecht beschreiben. "Sinn" macht es, seine Potentiale auszuschöpfen. "Sinn" macht es, die Lebensspanne, die uns zur Verfügung steht, möglichst so zu gestalten, daß wir uns am Ende wohlfühlen, so wie nach einem langen, beschwerlichen Arbeitstag, an dessen Feierabend wir uns müde, aber zufrieden zurücklehnen können. "Sinn" macht es, nicht zu sehr für andere zu leben, sondern den eigenen Bedürfnissen auf den Grund zu gehen und alles daran zu setzen, um ihnen gerecht zu werden (mag egoistisch klingen, ist es aber in letzer Konsequenz nicht). Es "macht Sinn", dieses Kartenspiel, mit dem uns das Leben ausgestattet hat, aufzunehmen und das Bestmögliche daraus zu machen.
Das Leben selbst aber hat keinen erkennbaren Sinn.