Wie war denn das Behandlungskonzept bei dir?
Es gab bei uns damals einmal die Woche Einzeltherapie, das kam mir zu dem Zeitpunkt sehr wenig vor, aber da ich sehr instabil war, wäre ich in mehr Zeit auch nicht weiter gekommen. Auslegt war das ganze irgendwo zwischen Verhaltens- und Tiefenpsychologie würde ich sagen.
Die Gruppenangebote waren vor allem in die Richtung Ergotherapie. Es gab Handwerken (Körbe flechten, Specksteine schleifen, etc - lernen sich zu Beschäftigen, mit Frustration umzugehen, unter Menschen zu sein), gestalterische Ergotherapie (es wurde eine Aufgabe vorgegeben und man hat sie künstlerisch gestaltet) und die quasi eine Art Soziales Kompetenztraining (Wie nehmen andere mich wahr? Wie nehme ich mich wahr, wenn ich in einer Gruppe bin?)
Und dann gab es noch Bewegungsangebote und manchmal sowas wie kreatives Schreiben oder Entspanungsübungen.
Was ich auch als sehr hilfreich erlebt habe, war, dass mir aufgetragen wurde mich oft bei der Pflege zu melden, wenn es mir schlecht ging. Ich habe bis dahin immer in meinem Zustand des Leidens verharrt, bis ich es nicht mehr ausgehalten habe. Erst in der Klinik habe ich gelernt, mir schon Hilfe zu holen, bevor die Krise ihren Gipfel erreicht.
Dazu haben auch die Morgen- und Abendrunden beigetragen (Wie geht es mir morgens beim Aufstehen, wie verändert sich meine Stimmung über den Tag? Was ist heute mein Ziel? ) und auch in den Gruppentherapien hat man sehr viel reflektiert und gelernt, seine Bedürfnisse wahrzunehmen.
Du erzählst von Ängsten und Zwängen - wenn du stationär in eine Klinik gehst wird man vermutlich viel mit Expositionstraining arbeiten, das heißt: Sich seinen Ängsten stellen. Sich dem unangenehmen Gefühl stellen, wenn man die Zwänge nicht ausleben kann. Das heißt aber auch: Schritt für Schritt lernen, dass die Barrieren die einen von einem normalen Leben abhalten "nur" im Kopf sind. Und dass man sie überwinden kann. Hast du schon mal eine Therapie gemacht, abgesehen von den kurzen stationären Aufenthalten?
Insgesamt erlebe ich Therapie als weiterführend, man handelt ja ständig nach den Gedanken die man hat (ich habe Angst, also kann ich das nicht machen; ich muss das jetzt machen, sonst passiert etwas schlimmes) und hinterfragt das gar nicht. Wenn man das ganze mal mit professioneller Hilfe irgendwie aufschreibt und analysiert versteht man sich selbst viel besser.
Ich finde es auch recht wichtig, dass man sich nach der Klinik (falls du gehst - aber auch ansonsten wäre es meiner Meinung nach ratsam) zu einem ambulanten Therapeuten zu gehen. So schön es auch wäre, aber einmal ein paar Wochen in der Klinik heilen einen nicht für immer. Je mehr Handwerkzeug man noch an die Hand bekommt, desto besser.
Liebe Grüße und alles Gute. Ich hoffe, ich habe deine Frage richtig verstanden.