Hallo,
ich habe von 1987 bis 1989 auf dem Osterhof gelebt und bin in die dortige alte Mühle als Heimschule gegangen. Der Grund warum ich dort war, war dass ich als Kind unter selektiven Mutismus gelitten habe. Ich konnte außerhalb der gewohnten Umgebung mit niemanden sprechen. Daher wurde ich dorthin geschickt. Da ich zudem introvertiert bin und sehr sensibel auf schreiende Menschen reagiere, wurde dieser Effekt bei mir noch verstärkt durch meinen Vater als Choleriker. Der war immer der Meinung, mit Schreien und Gewalt könnte man Kinder so erziehen wie er es für richtig hielt. Das hat bei mir das Gegenteil bewirkt, ich wurde noch ängstlicher. So bekam ich von zu Hause erst mal Abstand. Die ersten 3-4 Wochen war ich durch die Trennung sehr traurig. Ich redete außerdem nicht mit fremden Personen. Während einer Einzeltherapie fing ich das erste mal an zu reden mit der Therapeutin. Es wurde keine Gewalt oder so angewendet. Das ergab sich dann nach und nach z.B. beim Spielen mit einer Modelleisenbahn sollte ich "Stop" sagen wenn das Gleis aufhört. Irgendwann habe ich in der Schule auch das erste Mal etwas vorgelesen.
In der Wohngemeinschaft habe ich immer in einem 2-er Zimmer gewohnt. Über die Mitbewohner kann ich nur positives berichten, wir verstanden uns stets gut. Die letzten 4 Monate musste ich das Haus noch mal wechseln und in einer anderen Gruppe wohnen damit ich nicht zu starke Bindungen aufbaue. Ich bekam das erst nach der Anreise aus den Ferien mit und meine ganzen persönlichen Sachen lagen bereits im neuen Zimmer. Die Erzieher lebten auch in ihrer Freizeit auf dem Gelände und sollten so eine Art Familie darstellen. Wir sprachen alle mit Vornamen an, auch die Lehrer der Heimschule. Es gab regelmäßig Ausflüge in den Schwarzwald und in einem Haus gab es sogar einen männlichen Erzieher dessen Hobby Modellbau war. So nahm er regelmäßig uns mit, um mit seinem Modellflieger oder Modellschiff irgendwo im Schwarzwald zu spielen. Ansonsten konnten wir uns auf dem Gelände frei bewegen, z.B. in die Wildnis oder in das Bauernhäusel gehen.
Meine Eltern besuchten mich etwa alle 4 Wochen für ein Wochenende und wohnten in einem Apartment auf dem Osterhof. Kontakt hatten sie nur mit dem damaligen Leiter U.S.
Nach dieser Zeit kehrte ich in meine Familie zurück und auch mein Vater lernte sich anders mir gegenüber zu verhalten. Nachdem ich danach noch für ein paar Jahre auf einer Art Förderschule gegangen bin aber zu Hause lebte, habe ich später an einer allgemeinen Schule mein Abitur gemacht und studierte anschließend.
Ich hatte nach meiner Zeit dort noch das ein oder andere Mal ein Brief geschrieben, aber seitdem habe ich keinen Kontakt mehr zu anderen Kindern aus meiner Zeit.