Guten Nachmittag!
Je mehr ich durch eure Beiträge über "mich und die Liebe" nachdenke, desto mehr spielt für mich mit rein. Ich werde euch daher noch ein bisschen mehr von mir erzählen. Ich glaube inzwischen nicht mehr, dass mein großes Problem die fehlenden guten Jungs sind, sondern eher ich selber. Gut, die meisten Männer gefallen mir nicht, aber ich habe auch einige (allerdings sind sie an einer Hand abzuzählen) Männer kennen gelernt, die mir gefallen haben. Nur hat das dann entweder zufällig nicht geklappt oder das lag daran, dass ich mich in den entscheidenden Momenten doof verhalten habe. Denn wenn mir einer gefällt, dann bin ich leider so sehr verliebt, dass ich mich selbst verliere, ein dummes Gefühl, dass ich nicht noch einmal spüren will. Und keiner dieser tollen Männer, in die ich mich verliebe, würde sich in eine Frau verlieben, die nicht selbstbewusst ist.
Mein Selbstbewusstsein, das ich jetzt habe, habe ich mir hart erarbeitet. Aber es schrumpft auch von Zeit zu Zeit wieder. Das irgendwelche mir unsympathischen Männer auf mich abfahren, gibt mir kein gutes Gefühl und hilft auch meinem Selbstbewusstsein nicht weiter. Für mich ist körperliche Attraktivität absolut naturgegeben und keine Leistung. Da versuche ich mit Leistungen an der Uni und auf Arbeit schon eher mir mehr Selbstwert zu verschaffen. Allerdings übernehme ich mich da regelmäßig, sodass das für mich eigentlich nur frustrierend ist. Nein, schlechte Noten habe ich nicht, aber eine 2,3 reicht mir anscheinend nicht, ich muss immer die Beste sein. Wenn ich rational nachdenke, dann bin ich sogar sehr gut, wenn ich bedenke, wieviel ich gleichzeitig mache.
Immer öfter denke ich, dass es nicht das ist, wozu ich lebe. Ich will Journalistin werden. Das ist ein Beruf ohne feste Arbeitszeiten (die sich am selben Tag erst ergebenden) und mit nur einer geringen Aussicht auf Festanstellung. Das ist zwar ein absolut spannender Beruf, aber eben auch ein stressiger. Und jetzt stellt euch mich vor, eine Person, die nicht selektieren kann, die es allen Recht machen will, die ihre Gefühle nicht ausdrücken kann. Wie seht ihr mich in 20 Jahren? Ich denke, ich wäre abgewrackt, gekränkt, verbittert, einsam. Meine Ideale werde ich wahrscheinlich nie loslassen, weil ich sehr sie ausdauernd erstrebe. Ich verlasse sinkende Schiffe nicht, bevor ich mich nicht knapp über der Wasseroberfläche an der obersten Spitze des Mastes geklammert habe. Das habe ich nie anders gemacht. Das ist mein Problem, ich bin regelrecht verbissen, dass ich etwas schaffen kann und ich suche mir immer die schwierigsten Ziele.
Das ist nicht schlecht, ich habe dadurch auch sehr viel Energie. Aber es macht mich nicht glücklich!
Ich leide an Stress. Mein Rücken tut weh (zur Erinnerung, ich bin 21, ich dürfte noch kein einziges Wehwehchen haben), mein Kiefer ist total verspannt, knackt und tut beim öffnen weh, ich habe Verdauungsprobleme, Sodbrennen, bin ständig Müde, kann mich schwer Konzentrieren und mir macht nichts mehr Spaß. Was tue ich, wenn ich das Haus verlasse? Ich tue so, als sei alles ok, denn ich suche ja Freunde und vor allem einen lieben Freund. Ich kann sehr wohl auf Lachen und Freundlichsein umschalten, aber das ist nur äußerlich und dringt nicht in mich hinein. Ich pendle zwischen zu Hause, Uni, Bibliotheken, Arbeit. Manchmal mach ich auch was schönes, aber selten, weil ich immer unter Zeitdruck stehe. Meine wenige Freizeit verbringe ich meist mit Leuten, an denen mir nichts liegt, aber die ich eben mal wieder treffen „muss“ weil sie schon wieder trampeln. Das ist dann Freizeitstress und macht keinen Spaß.
Ich habe jetzt Semesterferien, aber die sind schon wieder restlos ausgeplant für Arbeiten und Uni-Hausarbeiten. Nein, ich freue mich nicht über die Ferien, sie sind nur ein Zeitraum, mit ein bisschen weniger Stress als sonst. Ich weiß auch nicht, was ich allein anstellen sollte, ich dachte, ich gucke mir mal ein paar Städte hier in der Umgebung an. Werde ich bestimmt auch machen, aber ich denke immer, was für einen Sinn hat das schon allein? Ich werde bestimmt wieder in Leistungsdruck verfallen und mir vornehmen jede Straße der Innenstadt einmal abzulaufen, oder ich gehe in ein Museum und lese mir jede Tafel durch oder ich nehme mir ein Buch für die Uni mit, finde eine Bank oder einen Park und versuche eine bestimmte Seitenzahl zu lesen. Entspannen kann ich einfach nicht.
Da ich Geisteswissenschaften studiere, bin ich immer am pendeln und treffe verdammt viele Leute. Ich habe sehr viele Kontakte, die ich aber nicht als Freunde bezeichnen kann, eher als Bekannte. Also man quatscht irgendwelches oberflächliches Zeug, was möglichst witzig und cool klingen soll (ist so Mode bei uns) verabschiedet sich und sieht sich dann irgendwann wieder oder eben nicht. Unter diesen Bekannten sind auch Männer und einige scheinen eben anfällig zu sein für die unnahbare Aura, die mich umgibt. Aber sie interessieren mich meist nicht, weil sie viel zu unkritisch mit sich und der Gesellschaft umgehen. Ich mag das wirklich nicht, wenn sie nur vor dem Computer hocken oder von einer Party zur nächsten rennen. Das kommt meiner Lebenswelt kein bisschen nahe. Ich mag lieber Leute, mit denen man gute Gespräche führen kann und die sich für die Welt interessieren. Ich meinen guten Momenten interessiere auch ich mich für die Welt und zwar warm und ehrlich.
Ich hoffe, ihr habt genug Positives in euch, dass ich euch mit meinem Pessimismus nicht den Tag versaue, aber ich habe echt niemanden, mit dem ich offen reden kann. Halbfreunden kann man sich eben nicht anvertrauen. Meine Eltern sind da auch keine Anlaufstelle, denn auch sie können ihre Gefühle nicht ausdrücken und würden auch nicht damit umgehen können, wenn ich das täte. Bei uns im Haus (wohne noch bei meinen Eltern / im Oktober ziehe in ein Wohnheim) herrscht ein Klima des ständigen Kritisierens. So von der Art: Also wie sieht denn das aus, das kannst du aber nicht anziehen. Wenn ich ein Gerät nach Benutzen ganz ausschalte (statt auf standby) ist das so wie so falsch (ich tue das trotzdem). Überhaupt ist alles falsch, was ich tue, egal was. Auch kann etwas einmal falsch sein und wenn ich es das nächste Mal nicht mache, dann heißt es: „Warum hast du das denn nicht gemacht“? Zum Beispiel soll ich nicht in der Wohnstube abend essen, weil ja etwas trotz Unterlage auf den Holztisch fallen und einen Fleck hinterlassen könnte oder das Laminat etwas ausquillen lassen könnte (kleinbürgerlich sind sie). Wenn ich in er Küche esse heißt es aber mit vorwurfsvoller Mine: „Warum kommst du denn jetzt nicht in die Wohnstube?“ Kurz und gut: Diese Situation treibt mich in den Wahnsinn und deshalb glaube ich, dass es mir sehr gut tun wird, von Montag bis Freitag im Studentenwohnheim zu wohnen. Allerdings müsst ihr jetzt einen sehr negativen Eindruck von meinen Eltern haben. So ist es auch nicht. Sie lieben mich, davon bin ich überzeugt. Aber sie kommunizieren halt total falsch. Sie haben mich mit Vorwürfen erzogen und das war falsch. Und für mich ist es jetzt Zeit, mich von dieser Sache zu emanzipieren.
Eine Sache noch: ich glaube auch, dass andere (auch Männer) mich besser respektieren können, wenn ich innen und nach außen dieselbe bin. Wenn ich innerlich denke „Och nee, nicht der schon wieder!“ und äußerlich lächle und dann letztendlich sage: „Ja, am Freitag habe ich Zeit zum Swashspielen“, dann kann derjenige doch gar nicht wissen, was los ist. Andersherum kann ich ja auch nie wen kennen lernen, wenn ich frühzeitig abweisend bin. Aber ich bin auch nicht offen, ich bin ständig unter Stress und bin froh, wenn nicht nochwer dazukommt, der der ständig anruft und mich treffen will.
Das ist irgendwie ein Teufelskreis, den ich im Augenblick selbst nicht durchschaue. Natürlich kann man sagen: Entspann dich ein bisschen, konzentrier dich auf dich selbst und dann schau dich nach netten Männern um. Aber man kommt schwer aus diesem Kreis raus, vor allem, wenn man noch an seinen Idealen klammert: Sehr guter Uni-Abschluss in kurzer Zeit, viel Arbeiten gleichzeitig, damit ich dann oder überhaupt eine Volontariatsstelle bekomme, möglichst viel erleben und (kennen-)lernen, einen lieben Freund bekommen, persönliches Gleichgewicht finden, menschliche Liebe zu allen entwickeln, irgendwann ein Kind, immer Kämpfen müssen, damit man vorwärts kommt oder das Erreichte behält … das ist doch kein Leben, in dem man glücklich werden kann!
Nein, ich möchte nicht nach diesem Leistungsprinzip leben!
Alles gleichzeitig zu wollen, funktioniert halt nicht. Und wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich sagen, dass ich lieber lieben will als erfolgreich sein.
Manchmal denke, ich dass ich wohl alles einmal herunterfahren sollte und wieder von Neuem beginnen sollte, dass ich einen Bruch brauche. Aber seine Gewohnheiten kann man nicht einfachmal herunterdrehen. Man kann sich selbst nicht herunterfahren. Vielleicht muss ich das auch nicht. Dieser Wunsch nach Liebe ist schließlich auch jetzt schon in mir drin. Um geliebt zu werden muss man aber selbst lieben (und nicht zuletzt auch sich selbst). Das schaffe ich bisher nicht.
Ich habe sehr viel und auch quer durcheinander geschrieben, aber ich bin sicher, dass ihr die Knackpunkte versteht. Das musste ich mal schreiben.
Liebe Grüße,
Eure Steffi.