Das kommt mir doch alles sehr bekannt vor. Ich war damals 25, er 50. Ich fand ihn toll, ein ganz feiner Mensch, das sage ich auch heute noch. Er hatte schon eine gescheiterte Ehe hinter sich mit 2 Kindern - die beiden kannte ich noch aus der Schule, waren 1 und 2 Stufen unter mir.
Auch meine erzkonservativen Eltern liefen damals Sturm als sie von uns erfuhren. Ich hatte da schon meine eigene Wohnung. Das half sehr im Konflikt. Obwohl wir dann einige Jahre zusammen waren, haben meine Eltern ihn nie kennenlernen wollen und das auch durchgezogen. Das war teilweise für mich sehr unschön und schlimm, aber wir haben uns arrangiert.
Aus Vernunftsgründen haben wir uns dann irgendwann getrennt, weil ich einfach meine eigene Familie haben wollte. Nicht mit ihm. Er wollte nicht mehr wirklich, hatte ja schon die beiden Jungs, hätte es dann aber mir zuliebe doch gemacht. Das wollte ich aber nicht.
Unsere Jahre des Zusammenseins waren schön, ich fühlte mich geborgen und so gut verstanden wie noch nie, sie haben mich aber auch stark verändert. Ich habe mich ihm angepasst, wurde in vielerlei Hinsicht schlagartig älter. Meine Freunde konnten damit gar nicht ungehen, wandten sich ab.
Die Trennung habe ich trotz alledem nie bereut und nach ein paar Kurzbeziehungen meinen heutigen Mann kennengelernt. Tstsächlich haben wir dann mit unserer Tochter unsere kleine Familie komplettiert. (Nachtrag: Man spricht immer so böse von Altlasten, wenn Partner bereits Kinder aus ehemaligen Beziehungen haben und diese mit in die Partnerschaft einbringen. Das kann gut gehen, tut es aber eben oft genug auch nicht und birgt Konfliktpotenzial. Auch das solltest du im Hinterkopf behalten. Du wirst immer nur die 2. Geige spielen und womöglich von den Kids auch nicht auf Augenhöhe akzeptiert werden. Zoff, den man eigentlich nicht braucht, ist da häufig vorprogrammiert, vor allem, wenn die Lütten noch nicht durch die Pubertät sind.)
Mein alter Ex hat dann auch eine neue Partnerin grfunden, ist ein paar Jahre später an MS erkrankt und mittlerweile verstorben. In der Blüte meines Lebens hätte ich einen Pflegefall zu Hause gehabt und wäre mit noch nicht einmal 50 Jahren Witwe gewesen.
Das kann alles besser laufen, aber die Möglichkeit, dass du dein Leben in mittleren Jahren für einen alten Mann opferst, ist nicht zu unterschätzen.
Deine Eltern reagieren sehr unschön, wenig verständnisvoll und empathielos, ja, ich würde sogar sagen brutal. Sie versuchen dich unter Druck zu setzen, weil sie Sorge um dich haben. Ihre gewählten Mittel sind heftig und überzogen, vermutlich aber purer Rat- und Hilflosigeit geschuldet.
Früher hätte ich wie bei meinen Eltern den Kopf geschüttelt. Wäre meine Tochter heute in derselben Situation würde ich ihr sicherlich anders begegnen, ihr aber dennoch aufgrund meiner eigenen Erfahrung eindringlich von einem so viele Jahre älteren Partner abraten.
Immer wieder gibt es Menschen, die dir sagen, das Alter sei doch egal, Hauptsache man liebe einander, führen dann so Beispiele wie Macron und Gattin an. Ich behaupte, dass es tatsächlich eher selten funktioniert und die meisten Paare in fortgeschrittenem Alter eher still hadern. Denn gerade dann macht sich der Altersunterschied bemerkbar - bei 28 und 45 ist das noch weniger ein Thema. Bei 60 und 77 hingegen schon.
Meine eigene Wohnung habe ich übrigens über all die Jahre unseres Zusammenseins als Back-up beibehalten. Das erwies sich dann auch wirklich als sehr kluge Entscheidung.