Es klingt so einfach: setze eine Grenze und gut ist´s! Aber das ist es oft nicht.
Gerade solche Menschen, die einen emotional verhungern lassen, in dem sie ständig offen oder versteckt mit "Liebesentzug" drohen, bewirken damit eine tief verwurzelte Abhängigkeit in einem und nähren die Angst, auch noch das wenige zu verlieren, wenn man nicht "spurt". Und natürlich ist immer das Kind schuld, denn das "spurt" ja nicht. Der Vater meint es nur gut.
@needhelpplease: Auch ich halte einen sofortigen Kontaktabbruch nicht gerade für sinnvoll. Der Grund dafür bist Du. Wie Du selbst immer wieder schreibst, schaffst Du das nicht. Die drohenden Konsequenzen hast Du erwähnt: Du wirst an allem Schuld sein und ein "Aufwachen" oder ein geändertes Verhältnis wird aus Deiner Sicht unwahrscheinlicher. Vertraue da Deinem Bauch. Da dürfte was dran sein.
Meine Empfehlung ist: kümmere Dich um Dich selbst und halte den aktuellen "Schein" noch eine Weile aufrecht. Der Unterschied ist: nicht er darf schon wieder Deine Schritte bestimmen, was geht und was nicht, sondern Du solltest zuerst für Dich "aufarbeiten", durch welche "Mechanismen" er es bisher geschafft hat, bei Dir die entsprechenden Knöpfe zu drücken.
Ihn wirst Du höchstwahrscheinlich nicht ändern können, aber wie DU reagierst, welche "Knöpfe" bei Dir ungeschützt sind, darauf hast Du Einfluss. Und glaube mir, das Gegenteil von "Kontaktabbruch" sind bestimmt keine endlosen Diskussionen. Aber Du wirst vielleicht erkennen (ich bin kein Hellseher), dass Du Dir Verhaltens- und Denkweisen "angewöhnt" hast, die diese ungesunden Strukturen begünstigen. Nein und nochmal NEIN! Das bedeutet NICHT und in keinem Fall, dass Du selbst schuld bist oder Du dafür die Verantwortung trägst! Das habe ich damit nicht angedeutet und nicht gemeint. Aber menschliche Beziehungen sind bis zu einem gewissen Grad auf "Anpassung" angewiesen: Narzissten finden Menschen, die sie gewähren lassen, Choleriker haben oft Menschen um sich, die sich davon beeindrucken lassen, um endlosen Streitereien aus dem Weg zu gehen.
Auch Du hast Dich in einigen Punkten und aus verständlichen Gründen "verbogen", bist Konfrontationen aus dem Weg gegangen. Angesichts der fatalen Konsequenzen eine durchaus sinnvolle Strategie für ein Kind. Aber nun passt diese Strategie nicht mehr zu Deinen heutigen Möglichkeiten und zu Deiner inneren Kraft. Aber Deine "inneren Wege", Deine Denkstrukturen sind noch immer dieselben und da kannst Du ansetzen.
Ein erster Schritt könnte sein, wenn er etwas von Dir will, dass Du erst einmal einige Sekunden mit einer Antwort wartest. Nicht um ihn zu ärgern (was natürlich der Fall sein könnte), sondern um zu erspüren, was es für Dich bedeutet, erst einmal einen "zeitlichen Abstand" entstehen zu lassen und aushalten zu lernen. Diese "Spannung" gilt es für Dich als das zu erkennen, was es ist: sein Druckmittel. Aber was für ein Druckmittel?! Du bist nicht sein Sklave, schuldest ihm keinen Gehorsam. Also: lass Dir immer wieder einige Sekunden Zeit und lerne das aushalten.
Der zweite Schritt: trau Dich nach dem "Warum" zu fragen. Warum solltest Du tun, was er von Dir möchte. Ja, mir ist auch klar, dass Du das meistens schon wissen wirst, denn Du bist darauf trainiert, solche Dinge schon vorauszuahnen. Aber dies ist der nächste Schritt mit etwas Sand in seinem Getriebe, dass Du nicht nur Zeit hast für eine Antwort, sondern ihm Widerstand bietest. Nicht gleich durch ein "Nein", sondern dass er sich FÜR DICH ZEIT NEHMEN MUSS, er muss sich für Dich eine Antwort überlegen. Auch das erobert FÜR DICH etwas mehr Raum in eurer Art, wie ihr mit einander umgeht. Übe das ein bis zwei Wochen lang. Es könnte ihn wütend machen, mag sein, aber doch ist es für ihn schwerer, Dich zu "überrennen". Diskutiere nicht mit ihm, warum Du diese Frage stellst. Erbitte einfach eine Antwort.
Der dritte Schritt: wenn er "massiv" und "bedrohlich" wird, sage ihm (mit möglichst ruhigem Ton, auch wenn Du innerlich zitterst): "Ich fühle mich unter Druck gesetzt. Als erwachsener Mensch habe ich das Recht auf eine Wahl. Ich rede gerne wieder mit Dir, wenn Du mich nicht wieder unter Druck setzt. Sagen wir heute Mittag um xx:xx Uhr?" Und dann brichst Du das Gespräch ab. Wenn er "loslegt": "Ich setze dieses Gespräch erst fort, wenn wir wie vernünftige Menschen mit einander reden können. Bitte habe Verständnis dafür". Finde Deine eigenen Worte und bereite sie vor, damit Du in einem aufgeregten Moment nicht überlegen musst.
Es geht um kleine Schritte, die DIR es ermöglichen, Dein Tempo zu bestimmen!! Lass Dir nicht schon wieder vorschreiben, was Du zu tun hast und wie Du darüber denken sollst. Finden DEINEN WEG des Umgangs damit und festige dadurch Dein Selbstvertrauen. Konfrontation ist nicht immer die beste und einzige Lösung, vor allem, wenn DU Dich damit selbst überforderst.
Ein wichtiger Punkt ist: so, wie es gerade zwischen euch läuft hat sich das über Jahre "eingespielt". Für ihn hat es "funktioniert". Warum sollte er daran etwas ändern? Aber auch ein großer Fluß lässt sich umleiten und aufstauen. Nur muss man das vernünftig vorbereiten und erst recht vernünftig durchführen. Du wirst sehen, wenn Du von diesem "alles oder nichts" gedanklich abweichst, wenn Du schrittweise nicht mehr nach seinen Regeln spielst, wird Dir noch viel mehr auffallen, wo Du "ansetzen" kannst. Ob das gut gehen wird? Das kann wohl niemand sagen. Aber darf/soll es so weiter gehen? Schaffe für Dich Freiheit in DEINEM KOPF! Gestatte Dir selbst diese Freiheit, denn SIE ist der Schlüssel, dass sein Druck nicht mehr so wirken kann wie bisher. Lass zu, dass Dich Deine Angst schüttelt, dass Deine Wut brüllt und Deine Trauer am liebsten alles ungeschehen machen würde. Lerne Deine eigenen Gefühle erst einmal identifizieren und sie aushalten, dann bist Du über kurz oder lang nicht mehr der Spielball seiner Machtspielchen. Er manipuliert Deine Gefühle, setzt Dich ins vermeintliche Unrecht und profitiert davon, dass in Deinem Kopf Verwirrung und Unsicherheit herrschen. Ersetze sie durch DEINE Klarheit über Deine Gefühle und Deine Sicherheit, was Du tun möchtest und was nicht. Das bedarf einiger Übung und ist manchmal recht schmerzhaft, aber er kann diesen Weg nicht verhindern. Nur Du musst ihn gehen wollen, musst erwachsen werden wollen und das geht selten ohne eigene Schmerzen. Zum "Eltern sein" gehören sie dazu. Also: nicht zu viel Rücksicht nehmen