Ich finde es schade, dass die Probleme von Leafa hier so heruntergeredet werden. Auch wenn es gut gemeint ist und manche Menschen sich tatsächlichmit Schönreden und Verdrängen zufrieden geben, für andere ist es zutiefst verletzend wenn das eigentliche Problem unter den Teppich gekehrt und die Verfehlungen der Ärzte damit relativiert werden.
Ich habe mich vor einigen Jahren intensiver mit Antidepressiva (SSRI) beschäftigt: Durch sie wird die Physiologie der Synapsen irreversibel verändert! Und führen auch sehr wohl bei relativ vielen Patienten zu einem irreversiblen Libidoverlust. Wenn die Gefühle bei manchen wie KaffeeKatze wieder zurückgekommen sind (hier frage ich mich auch ob sie tatsächlich die frühere Intensität erreicht haben), dann freut mich das natürlich für die betreffenden Personen. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Gefühlsverlust bei vielen auch irreversibel ist.
Und allein in der Tatsache, dass von vielen Ärzten heute ohne vorherige Aufklärung und oft sogar entgegen dem persönlichen Wunsch des Patienten Antidepressiva verschrieben werden, steckt bereits ein gewaltiges Maß an Gewalt und Verletzung der körperlichen Selbstbestimmung des Patienten. In der Fachsprache ist dann meist die Rede von einem "positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis", also dass der Patient mehr profitieren würde als Schaden nehmen. Wobei die subjektive Abwägung des Patienten jedoch komplett ausgeblendet wird. Und am Ende wird der Patient in eine Rolle gedrängt wo er sich dafür rechtfertigen muss (bzw. dafür stigmatisiert wird), dass für ihn selbst das Kosten-Nutzen-Verhältnis eben anders ausfällt. Um so schlimmer wird das ganze wenn man die ganzen Werbekampagnen betrachtet, mit der die Pharma-Industrie in der Gesellschaft eine positive Grundhaltung gegenüber Antidepressiva geschaffen hat, übrigens auch unter Ausblendung der negativen Nebenwirkungen. So denken heute viele, sie hätten Ahnung von der Thematik, und so Probleme wie die von Leafa können nicht sein, weil sie nicht sein dürfen... weil sie nicht mehr ins eigene Weltbild passen. Der Versuch, hier "Mut zu machen" und die Situation schön zu reden, ist daher weniger eine Hilfe für die Betroffenen, sondern mehr ein Versuch, sich das eigene Weltbild zu bestätigen und weiter zu verdrängen, dass hier massiv gelogen und manipuliert wird, um die Kassen der Pharmaindustrie weiter zu füllen. Und dass inzwischen auch etliche Ärzte, die ursprünglich keine bösen Absichten hatten, zum Teil des Problems geworden sind, ganz einfach weil die Gabe von Antidepressiva heute in vielen Fällen als "normal" gilt und sich die Ärzte daran orientieren.
Mir sind Aussagen von Psychatern bekannt, wie "entweder es geht Ihnen gar nicht so schlecht wie sie meinen, oder es MUSS mit Antidepressiva/Psychopharmaka behandelt werden"... wo dem Patienten also gar keine Wahl gelassen wird, nachdem er mal über seinen Schatten gesprungen ist und bei Ärzten nach Hilfe sucht. Das sagt auch viel über das tatsächliche Ausmaß des Problems aus.