Hallo Jim,
danke für deine Antwort.
Das Gefühl, dass wir nicht wirklich verbunden waren in der Partnerschaft, lag u. a. daran, dass er mir schon zu Anfang ganz klar gesagt hatte, dass ich nicht die Frau seiner Träume sei, es zwar ganz nett mit mir, aber könnte halt besser sein. Ich war damals noch sehr jung, er gab mir eine gewisse Stabilität und ich war es, die darum gebeten hat, bei ihm einziehen zu dürfen, als er einige Zeit von seiner ersten Frau getrennt war. Bzw. am liebsten hätte ich es gehabt, dass wir uns zusammen eine Wohnung oder so suchen, aber das stand für ihn überhaupt nicht zur Debatte.
Er besaß ein kleines Hexenhäuschen mit Garten, das war irgendwie auch seine Identität. Er stimmte dann zu, dass ich einziehe.Tja, und daraus wurden 20 Jahre. Er war 15 Jahre älter als ich. Wir hatten uns kennen gelernt, als er noch mit Frau und Kindern zusammen lebte, wobei die Beziehung zwischen ihm und seiner Frau anscheinend schon lange nicht mehr okay war. Und ihn hatte es nie gestört, ob er mit jemanden zusammen war oder nicht, um mit anderen Frauen anzubändeln.
Merkwürdigerweise gab es auch immer wieder Frauen, die es toll fanden mit ihm, obwohl er nicht dem "normalen" Bild eines sehr attraktiven Mannes entsprach. Aber er war irgendwie erstmal immer ein "Frauenversteher". Und er schien sehr individualistisch, was ihn irgendwie interessant machte.
Was wir gut konnten miteinander war reden, jedenfalls lange Zeit. Wir haben uns immer gegenseitig von unserem Tag erzählt usw. Wir haben viel geredet.
Es gab aber auch etliche Probleme. Er war sterilisiert nach seinen zwei Kindern. Eigentlich wollte ich immer Kinder, war aber hier nicht möglich. Wir arbeiteten beide im Schichtidenst. Wenn wir dann zusammen mal frei hatten, waren dann aber oft die Kinder da, sodass wir voneinander nicht soviel hatten. Und in dem Fall war ich natürlich keine "Mutter", denn eine Mutter hatten sie ja, die sie, glaube ich, sehr liebten.
Dann gab es das Problem der Sexualität. Er brauchte davon sehr viel, ich weniger.
Beide konnten allerdings auch ihr eigenes Ding machen freizeitmäßig. Es gab viele Dinge, die wir auch einzeln gemacht haben.
Ja, und es gab Vorwürfe, Streiereien, vielleicht auch den Versuch von emotionalen Erpressungen.
Ich wollte mich auch oft trennen, konnte es aber nicht, weil ich Angst vor dem Alleinsein hatte. Er nahm mich aber, glaube ich, auch nie ernst, wenn ich mich trennen wollte, er wusste, das mach ich sowieso nicht.
Ich hab ihm durch meine psychische Instabilität viel zugesetzt, er musste viel mit mir erleben. Deshalb war ich ihm eigentlich auch immer dankbar, dass er mich nicht rausschmiss. Andererseits war es auch so, dass er irgendwie immer klar gemacht hat, dass ich schon viele Defizite hatte, eben nicht ausreichend genug war, er hat niemals in unserer Zeit gesagt, dass er mich liebt. Wenn ich mal vorschlug, wir könnten eine Paartherapie machen oder so, war das für ihn keine Thema. Ich war ja diejenige, die ein Problem hat.
Naja und es gab etliche Seitensprünge und Beziehungen neben mir. Meistens waren die Frauen auch um etliches jünger und hatten etliche Probleme.
Als er selbst dann psychsich dekompisierte und selbst in der Klinik war, hatte er dort die Rolle übernommen, sich um die jungen Mädchen zu kümmern. An sich selbst kam er, glaube ich, kaum ran.
Trotzdem hat sich natürlich neben allen Problemen in den vielen Jahren eine absolute Vertrautheit entwickelt. Ich hatte das Gefühl, ich kenne ihn in und auswendig. In den letzten Jahren lebten wir wie Geschwister zusammen. Ich gestand ihm auch zu, dass er andere Frauen für die Sexualtität hatte, aber bei ihm waren es dann schon immer auch Beziehungen. Er beschränkte es nie auf die Sexualität.
Dann kam meine Krebserkrankung. Er distanzierte sich sehr bei diesen ganzen Problemen und Ängsten, die ich da hatte, gottseidank hatte ich Freunde, die mich unterstützen. Und ich ging merkwürdigerweise damit viel stabiler um als mit meiner psychsichen Erkrankung. So ein Krebs ist greifbarer.
Ein Jahr später allerdings merkte ich, dass er sich immer mehr distanzierte. Bei mir war dann wieder Alkohol im Spiel, den ich alleine trank. Dann sagte er, ich solle ausziehen. Zur gleichen Zeit hatte ich auch den Wunsch. Er war schon erstaunt, dass ich dann alles dafür tat, um eine Wohnung zu finden.
Als ich auszog, sagte er mir dann kurz nachher am Telefon, dass er weinen musste. Allerdings hatte sich am gleichen Abend noch eine Freundin, bzw. Bekannte von mir aus der Tagesklinik zu ihm ins Bett gelegt. Sie war öfter bei uns gewesen, um einiges jünger als ich, ich hatte nicht bemerkt, dass sich zwischen ihr und meinem Ex was anbahnt. Weil sie wirklich sehr viel jünger war, so alt wie sein jüngster Sohn, und psychisch auch sehr beeinträchtigt.
Eine Woche später zog sie bei ihm ein.
Er starb dann vor knapp 5 Jahren plötzlich. Wir hatten immer noch Kontakt, haben oft telefoniert und uns öfter gesehen. So war er, wenn die Freundinnen es wollten, hielt er zu allen Kontkat. Und da er immer wieder bei mir darüber klagte, wie schwierig es mit der Freundin sei, hatte ich schon insgeheim die Hoffnung, wir könnten vielleicht irgendwann wieder zusammen kommen.
Er war die einzige wirkliche Beziehung, die ich jeh hatte. Und ich habe ihn wirklich geliebt, glaube ich. Sein Tod war ein absoluter Schock für mich.
Und auch heute träume ich nachts ganz ganz oft von ihm. Ansonsten ist das Problem, abgesehen davon, dass es sowieso schwierig ist in meinem Alter als Frau, einen Mann kennen zu lernen, ist da noch das Problem der Sexualität.
Liebe Grüße
saminabi