Ja habe ich. Ich lasse sie zu, dann werden sie nämlich nicht so groß.
Stimmt, das mache ich auch so, indem ich sie
aufschreibe. Ich habe mal den Vergleich gehört,
dass der Versuch, Ängste klein zu machen, sie
nur "komprimiert", ähnlich wie wenn man ver-
sucht, Wasser oder Luft zu komprimieren – sie
werden dann zu einer ungeheuren Kraft.
Es ist wirklich sehr viel angenehmer, die Angst nicht als Todfeind zu sehen. Angst haben ist erlaubt.
Dein zweiter Satz wäre ein schöner Buchtitel
Ich war mal Buchhändler, ich sehe das Buch
schon im Schaufenster liegen ...
Für mich ist die Angst durchaus ein wichtiger
Freund, wenn auch einer der Sorte, die man
nicht ständig um sich haben will. Aber wenn
sie "anklopft", weiß ich, dass es gut ist, ihr die
Tür zu öffnen und ihr zuzuhören. Ich biete aber
nur einen kleinen Imbiss an, kein Drei-Gänge-
Menü ... außerdem muss sie meist bald weiter,
weil da noch andere ihren Besuch brauchen.
Außerdem ist ein Knackpunkt meiner Sorgen, dass ich mir Schwäche vor anderen eingestehen muss.
Stimmt, ich wähle auch sehr genau aus, vor
wem ich welche Schwäche eingestehe. Und
wann. Ich will ja niemand zusätzlich ängstigen.
Mir zu sagen, dass mir meine Mitmenschen wohlgesonnen sind, und ich nichts verstecken muss, hilft oft.
Hier würde ich widersprechen aus Erfahrung. Nicht
alle Mitmenschen sind uns wohlgesonnen, wenn wir
uns so zeigen, wie wir (auch) sind. Aber es gibt tat-
sächlich für jede Art von Angst jemand, der sie auch
kennt und da ist es dann wirklich hilfreich, sich aus-
zutauschen, wie man mit ihr umgeht.
Vermutlich kennst du dann auch den Trick, die Ängste
absichtlich zu vergrößern und sie dadurch zu beherr-
schen? So bin ich nicht mehr "ausgeliefert" und das
Opfer meiner Angst, sondern sie wird zu einem nütz-
lichen Werkzeug, das mir zu überleben hilft.
Es ist ja offenbar von der Evolution her sinnvoll, dass
wir auch starke Ängste erleben. Wären alle Menschen,
denen es ähnlich erging, ausgestorben, wäre auch die
Angst ausgestorben. Aber da wir zu den Überlebenden
gehören, scheint sie auch überlebenswichtig zu sein.
Stell' dir mal vor, jemand hätte gar keine Angst mehr.
Wie furchtbar.