Liebe Zitronentorte,
nein für mich wär das keine Chance. Verreisen können wir auch zusammen, da muss er nicht vorher ausziehen.
Die sozialen Kontakte sind mittlerweile sehr eingeschränkt. Bei mir gab es eigentlich nie welche. Also, keine guten Freundinnen - bis auf 2 oder 3x im Jahr ein Essen mit den Kollegen und den jährlichen Betriebsausflug verbringe ich meine Zeit zuhause.
Viele Kontakte hat mein Sohn auch nicht. Ein paar Kumpels. Das hat sich aber sehr "zerlaufen", die haben Freundinnen oder sind mittlerweile verheiratet mit Kindern.
Hiermit bestätigst du die Gründe für dein Verhalten.
Aus ganz egoistischen Gründen hast du deinen Sohn von klein auf an dich gebunden und nicht mehr losgelassen.
Du willst, dass er dich braucht, von dir abhängig ist.
Weil du ihn brauchst. Vielmehr glaubst, ihn zu brauchen. Weil er eine bequeme Lösung für dich ist.
Du nutzt ihn als Lebenspartner, als Reisepartner, als Alleinunterhalter.
Weil du einsam bist.
Und zwingst ihn aller Wahrscheinlichkeit nach so ebenfalls in dieses Schicksal.
Du hast Angst vor deinem Leben. Statt es in die Hand zu nehmen, aktiv zu werden, in einen Verein einzutreten, dir ein Hobby zu suchen und Gleichgesinnte kennenzulernen, klammerst du dich an deinen Sohn. Ungesund.
Er ist durch deine Erziehung und seine Gene geprägt. Zu schwach, um sich aus diesen allmächtigen, ihn fest umklammernden Klauen zu lösen. Dazu wurde er gemacht, geformt. Zum schwach sein. Abhängig sein. Sich unterordnen.
Wachsen, erwachsen werden, Stärke entwickeln, durfte er nie.
Schon seit sehr langer Zeit sollte er ein eigenständiges Leben führen, woran du ihn gehindert hast.
Schon seit sehr langer Zeit sollte er sich abgenabelt haben, was du zu unterbinden wusstest.
99 % sagen hier:
Ja, du hast ein Muttersöhnchen geformt, dein Kind dazu erzogen.
Sicher sind nicht 99 % Geisterfahrer und du alleine in die richtige Richtung unterwegs. Und im Grunde, tief in dir drin, wusstest du längst, dass da etwas nicht richtig läuft. Du gehst nicht blind durchs Leben.
Was fängst du damit jetzt an?
Kannst du endlich fie Stärke zeigen, Entscheidungen im Sinne deines Sohnes zu treffen?
Was letztlich - auch wenn es dich ängstigt - auch in deinem Sinne wäre.
Du könntest - trotz aller Angst - anfangen, erste Schritte zu gehen. In ein selbständiges Leben für jeden von euch.
Er wäscht und kocht ab sofort selbst. Gemeinsame Urlaube werden ersetzt durch deutlich weniger gemeinsame Tage, 1 x im Jahr ein verlängertes Wochenende zum Beispiel. Das kann ja eine neue Tradition werden.
Du kannst für dich Städtereisen buchen, dich einem Seniorenclub anschließen und mit dem verreisen, eine nette Frauengruppe finden (Strickstammtisch o. ä.) usw.
Google mal nach "beste Freundin gesucht", suche nach Kontaktmöglichkeiten in deiner Nähe, vielleicht auch Sport wie Walking, eine Wandergruppe, und fülle dein eigenes, restliches Leben mit: Leben.
Und hockt um Himmels Willen nicht dauernd abends gemeinsam vor der Glotze! Ihr seid kein altes Ehepaar! Also verhaltet euch auch nicht so.
Dein Sohn braucht vorerst ein eigenes Gerät in seinem Zimmer, bis ihr es Schritt für Schritt geschafft habt, eure ungesunde Symbiose aufzulösen und er auszieht.
Und du evtl. in eine kleinere Wohnung umziehst? Das könnte nochmal ein Symbol für diesen Neuanfang sein.
Ich wünsche dir, dass du den Mut, die Kraft und den gesunden Menschenverstand für diese neue Aufgabe findest.