Ein guter Hinweis. Da der Ausdruck Liebe für alles Mögliche verwendet wird, ganz unterschiedliche und auch widersprüchliche Bedeutungen möglich macht, ist es tatsächlich hilfreich, wenn wir über den Begriff nachdenken.
Dem stimme ich 100%ig zu.
Liebe - wie ich den Ausdruck verstehe
In meinen Augen [...]
Deine Antwort, auf die von dir gestellte Frage, muss für dich also 'Ja' lauten. Nach deiner Definition von Liebe und Mut, existiert Liebe ohne Mut bei 'guten' Menschen, die an dem "point of no return" angekommen sind. Sie können 'lieben' ohne gegenläufige Impulse zu empfinden, die es zu überwinden gilt.
Dein gesamter Text ist mehr oder weniger die Konstruktion einer Moralethik, als das, was die meisten Menschen unter dem Thema Liebe verstehen. Es ist die Frage nach dem guten Handeln, weiter gefasst vielleicht auch die Frage nach dem richtigen Leben. Bedarf es Mut richtig zu leben? Ich glaube, in deinem Eröffnungstext hast du auch eine ähnliche Fragestellung sogar aufgeworfen.
Wie dem auch sei, all das hat, zumindestens für mich, eine ziemlich geringe Schnittmenge mit dem, was man im allgemeinen Sprachgebrauch unter dem Begriff Liebe denkt. Allerdings stimme ich dir in dem Ansatz zu, das Wort Liebe im allgemeinen Sprachgebrauch als chaotisches Sammelsurium von verschiedenartigen Ideen und Konzepten zu sehen, das sich nicht exakt kohärent definieren lässt. Dein Schritt ist, die Liebe zu definieren. Mein Schritt ist, sie zu negieren. Ich denke, dass es eine Vorstellung von Liebe gibt, aber nicht die Liebe an sich.
Es gibt sicher so etwas wie Brut- oder Nestliebe, d.h. die Liebe zu den Eltern, respektive zu den Kindern, die in einem evolutionären Sinne sinnvoll ist. Auch so etwas wie die Nächstenliebe, d.h. einen starken Hang Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung helfen zu wollen, gibt es (bei einigen Menschen). Dann bliebe noch so etwas wie die romantische Liebe, also die (physische und psychische) Liebe zwischen zwei (oder mehr) Individuuen, aber da wird's schon schwammig. Das Gefühl des Verliebtseins ist unumstreitbar existent, aber für viele geht die Liebe über diesen, ich nenne es mal Trieb, hinaus und beginnt vielleicht gar erst nach dem Abflauen der anfänglichen Affektion.
Liebe, also die romantische Liebe, geht also einher mit einer komplexen Vorstellungswelt und, für mich, ist sie genau das - eine Vorstellung, eine Fiktion, eine fiktive Norm, der wir gerecht zu werden trachten. Ich glaube nicht, dass 'Liebe' Sinn macht. Ich glaube sogar, dass diese Vorstellung, die wir Liebe nennen, uns limitiert und einschränkt, in dem sie unrealistische Erwartungen weckt oder uns zweifeln lässt. Sie fördert und fordert die Einsortierung in solche Kategorien, wie richtig und falsch, gut und schlecht, die, wenn es nach mir geht, keinen absolutistischen Charakter haben, sondern allenfalls einen relativistischen und sind somit genauso irreal, wie
die Liebe selbst.
Ich bin jetzt ein wenig abgeschweift von dem, was du geschrieben hast, jedoch ging es in deinem Text auch nicht um die Liebe, sondern um den Entwurf einer Moralethik, wie ich bereits weiter oben geschrieben habe. Diese Art der Moralethik erinnert mich, im Übrigen, entfernt an den Utilitarismus. Ich glaube kaum, dass sich Moral und Ethik in ein strenges formales Konzept pressen lassen, das real gelebt werden kann, ohne dass es sich falsch (ich meine den Begriff hier nicht im Sinne einer absolutistischen Kategorie) oder grausam anfühlt. Dennoch respektiere ich den Versuch...