Anzeige(1)

  • Liebe Forenteilnehmer,

    Im Sinne einer respektvollen Forenkultur, werden die Moderatoren künftig noch stärker darauf achten, dass ein freundlicher Umgangston untereinander eingehalten wird. Unpassende Off-Topic Beiträge, Verunglimpfungen oder subtile bzw. direkte Provokationen und Unterstellungen oder abwertende Aussagen gegenüber Nutzern haben hier keinen Platz und werden nicht toleriert.

Familie am Ende, ich auch

grande

Mitglied
Ich bin 15 und gehe in die neunte Klasse eines Gymnasiums.

Mein Vater ist seit 16 Jahren Alkoholiker, der noch nie wirklich für mich da war und vor ein paar Wochen von selbst darauf kam, dass es so nicht weitergehen kann. Deshalb hat er dann eine Entgiftung im Krankenhaus gemacht, doch bis er einen Therapieplatz bekommt, dauert es noch Wochen. Er hat auch schon wieder getrunken und verheimlicht es aber vor uns.

Mein Bruder hat Depressionen, nimmt deshalb Antidepressiva, hat jedoch komische Schnittwunden in der Armbeuge und hat auch mehrere Zigaretten auf seinem Arm ausgedrückt. Er war noch nie einfach, hat von klein auf oft rumgeschrien und mit Sachen um sich geworfen. Das macht er heute immer noch, regt sich über Kleinigkeiten sehr schnell auf und ich kenne viele, die dehalb Angst vor ihm haben. In der Grundschule hat er z.B. das Waschbecken aus der Wand gerissen. Er ist 5 Jahre älter als ich und will im Sommer ausziehen, um an eine Technikerschule zu gehen. Sein Kumpel, mit dem er zusammenzieht, ist mir suspekt, ich sehe ihn ständig mit einer Bierflasche in der Hand oder rauchen. Sonst ist er sehr verpeilt und vergesslich. Ach und außerdem ist mein Bruder schwul, was ihn, so glaube ich, zusätzlich runterzieht.

Großeltern habe ich keine mehr und zu meiner Tante und deren Tochter, also meiner Cousine, haben wir keinen Kontakt mehr, seitdem sie sich von meinem Onkel getrennt hat. Als meine Oma vor 2 Jahren dann aber verstarb, brach auch der Kontakt zu meinem Onkel ab. Er und mein Vater haben sich irgendwie noch nie so gut verstanden und dann ging es um die Erbschaft. Der Erbschaftsstreit hat sich die ganzen 2 Jahre hingezogen und Anwälte mussten vermitteln, was zu derschlechten Gesamtstimmung beitrug. Jetzt hat das ein Ende gefunden und mein Vater versucht, das Grundstück, das er bekommen hat, bisher erfolglos loszuwerden, was ihn belastet.
All seine schlechte Stimmung lässt er immer an uns aus.

In der Verwandschaft bleibt jetzt nur noch mein anderer Onkel, der seit letztem Jahr im Herbst Krebs hat. Lungen- und Prostatakrebs. Dazu hat er jetzt noch eine Lungenembulie bekommen, aber der Krebs geht angeblich zurück, wenn man den Erwachsenen glauben schenken kann. Er muss anfang 50 oder ende 40 sein und war Postbote. Hatte nie eine Frau und lebt seit dem Tod seiner Eltern immer noch in dem Haus. Aufräumen tut er so gut wie nie, dafür sammelt er Zeitungen. Er ist zwar lieb und nett, aber manchmal schämt man sich für ihn und ich gehe auch nicht ins Haus, allein wegen dem Gestank. Trotzdem habe ich ihn lieb und habe Angst, dass er nicht wieder richtig gesund wird oder sogar stirbt.

Meine Mutter lebt immer noch in der Hoffnung, dass mein Vater irgendwann zur Vernunft kommt und alles besser wird, weil sie zu feige ist, etwas zu ändern. Eigentlich ist auch sie fertig mit den Nerven. Seit ich denken kann, erzählt sie mir, dass sie meinen Vater umbringen will, damit Ruhe ist und wie sehr sie ihn hasst. Ich hasse ihn auch. Sie tut nie etwas für sich und arbeitet den ganzen Tag nur, vormittags auf der Arbeit und den restlichen Tag zu Hause.
Außer von mir bekommt sie ja auch keinerlei Unterstützung im Haushalt und muss alles alleine machen:aufräumen, kochen,Wäsche waschen.. Sie war vor einiger Zeit beim Arzt und er meinte, sie bräuchte dringend mehr Ruhe, da sie völlig fertig ist. Freunde haben meine Eltern auch kaum welche und aufgrund der sehr kleinen Familie kann sich meine Mutter auch nur sehr selten mit anderen austauschen, weshalb ich immer herhalten muss.
Täglich schimpft sie und wenn sie richtig sauer ist, was leider öfter vorkommt, sagt sie, sie hasst uns alle, wir sind alle Memmen und wir sollen bleiben, wo der Pfeffer wächst. Das tut weh, vor allem, weil ich ja versuche, sie zu entlasten und weil sie die Einzige halbwegs Vernünftige in unserer Familie ist.
Wenn sie sich wieder beruhigt hat, und ich sie drauf anspreche, meint sie auch immer, dass sie das so nicht meint, aber es verletzt mich trotzdem.

Man kann schon sagen, dass mein Vater die ganze Familie terrorisiert und rumscheucht und trotzdem denkt, wie toll und großartig er doch ist. Meine Mutter und ich denken auch, dass er psychisch krank ist, was nach über 16 Jahren Alkohol auch kein Wunder ist. Vorher hat er ja auch schon immer regelmäßig recht viel getrunken. Er redet mit sich selbst, wenn er denkt, alleine zu sein macht komische Geräusche. Manchmal steht er mitten im Raum, guckt die ganze Zeit auf eine Stelle und flüstert was vor sich hin. Ich hab Angst vor ihm, außerdem werde ich diese Bilder, wenn er stockbesoffen ist, nicht aus dem Kopf los.

Mir geht es überhaupt nicht gut, mir ist ständig schwindelig, übel, habe Kopfschmerzen, Angstzustände, fühle mich schlapp und träge. Ich weine oft und bin am Ende.
Die ganze Situation belastet mich so sehr, in der Schule versuche ich, mich anzustrengen, kann mich aber nicht konzentieren, bin übermüdet und dann geht es mir wieder so schlecht, dass ich gar nichts mehr kann. Nachmittags schaffe ich meine Hausaufgaben auch nur mit Mühe und Not und wenn Arbeiten anstehen, raste ich regelmäßig aus, weil ich einfach nicht in der Lage bin, etwas auszunehmen. Mein Notendurchnitt liegt bei 3,1. Dabei bin ich eingentlich sher fleißig und will was aus meiner Zukunft machen. Einzig meine Freunde lenken mich in der Schule etwas ab, weshalb ich ihnen sehr dankbar bin.
So kann das nicht weitergehen, ich möchte auf ein Internat, um mich schulisch verbessern zu können und mich in einer guten Atmopsphäre bewegen zu können. Ich glaube, dass mir die Distanz gut tun wird und wir vielleicht die Wochenenden und Ferien nutzen können, um aufzuarbeiten, was nie verarbeitet wurde. Ich kann nicht mehr.

Ein Internat ist aber teuer und bezeifle, dass wir uns das leisten können, habe mich darüber jedoch informiert und gelesen, dass das Jugendamt den Aufenthalt in einigen Fällen bezahlt, außerdem gibt es BaFög?? Hab ich aber nicht ganz verstanden. Für Stipendien müsste ich mich schulisch erstmal wieder verbessern.

Was sagt ihr dazu? Denkt ihr auch, dass ein Internat eine gute Lösung ist und das Jungendamt dafür aukommen würde? Oder kennt ihr euch mit BaFög aus? Könnt ihr mir was anderes raten?

Bin für jede Antwort dankbar, ein Internat ist meine letzte und größte Hoffnung.

LG
 

marut

Aktives Mitglied
Hi, und herzlich Willkommen im Forum :)
mein erster Tipp für dich wäre, wende dich wirklich mal ans Jugendamt, sprich mit den Leuten dort und frage sie nach Möglichkeiten für dich. Desweiteren würde ich mich einem Vertrauenslehrer in der Schule anvertrauen, das Ganze ist doch sehr komplex, da werden einige Leute zusammen arbeiten müssen.

ansonsten viel Kraft, schreib mal was bei den Gesprächen heraus gekommen ist...

liebe Grüße
marut
 

diabolo

Aktives Mitglied
Frag mal beim Jugendamt nach, ob sie dich bei einem betreuten Wohnen aufnehmen würden. Da ist zwar auch nicht alles das Gelbe vom Ei, aber zumindest kämst du mal raus aus deiner Familiensituation.
Eventuell können sie dir helfen.
Alles Gute!
 
G

Ginga

Gast
Ich kann Dir eigentlich auch nur empfehlen Dich ans Jugendamt zu wenden. Und zwar mit dem deutlichen Plan die Familie zu verlassen. Denn das sind keine Verhältnisse für ein so junges Mädchen wie Dich.

Wir haben hier immer wieder Postings von Menschen, die exakt aus solchen Verhältnissen kommen. Und viele kriegen das eben nie aufgearbeitet und leiden zeitlebens unter den Konsequenzen. Je eher Du also aus der Situation kommst und Dir Hilfe (auch therapeutische) suchst, umso besser!

Anscheinend schafft es Deine Mutter nicht sich zu trennen und für den Rest der Familie eine Entscheidung zu treffen. Also musst Du wohl oder übel für Dich selbst Entscheidungen treffen.
 
G

Gast

Gast
Hallo :)

Ich wollte hier eigentlich erstmal nur lesen und nicht schreiben, aber hier bei Deiner Geschichte kann ich es nicht nur beim Lesen belassen....

Ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen. Suche Dir Hilfe beim Jugendamt, einer Jugendhilfe, Sozialarbeitern, Vertrauens-/oder Soziallehrern. Ich bin mir sicher das man Dir dort wirklich helfen kann in Deiner Situation und gemeinsam mit Dir nach einer machbaren Lösung suchen wird.

Ich finde diese Familiensituation in der Du Dich da befindest und mit der Du groß geworden bist wirklich alles andere als einfach.

Bewundernswert - und ich denke das muss man hier auch mal sagen - finde ich Deinen reifen und geradezu ruhigen und besonnen Umgang mit der ganzen Sache. Und ganz toll eben auch Deine eigene Suche nach Lösungen und den Mut den Du hast das alles anzugehen.
Ich wünsche Dir viel Kraft auf Deinem Weg.
Es wäre schön wenn man nach einem Gespräch mit Lehrer/Sozialarbeiter, Jugendamt usw. von Dir wieder lesen würde wie es weitergehen wird.

Hmmh. Was Deinen Vater angeht und den Kampf gegen den Alkohol. Ich finde es einen guten ersten Schritt den er da mit der Entgiftung in einer Klinik gemacht hat. Es ist nicht leicht sich als Alkoholiker selbst einzugestehen dieser Krankheit und Abhängigkeit machtlos gegenüber zu sein und Hilfe von aussen anzunehmen. Seine kleineren Rückfälle jetzt sind auch nur ein Teil der Sucht, die nun anschliessende stationäre Langzeittherapie in einer Suchtklinik wird ihm helfen es zu schaffen den Alkohol sein zu lassen, wenn er es wirklich will.
Ich spreche da aus eigener Erfahrung - ich bin selbst seit 5 Jahren glücklicher und zufriedener trockener Alkoholiker ohne Rückfälle. Es ist eine Krankheit, das sollte man nicht vergessen. Ein nasser Alkoholiker verhält sich nicht wie ein Mensch, er ist dann wie ferngesteuert. Das meiste an Familientragödien ist diesem Stoff zuzuschreiben. Vielleicht kann es Dir helfen wenn Du Deinen Vater als das siehst was er ist - ein kranker Mann, denn Alkoholismus ist eine Krankheit.

Es ist richtig das Du Dich selbst nun anfängst zu schützen. Eine Deiner Bedingungen für eine Rückkehr nach Hause sollte sein das Dein Vater nicht mehr trinkt, denn nur wenn er auch trocken bleibt wird sich das Leben von ihm und somit auch von der gesamten Familie auch zum positiven ändern können.

Tja und auch Dein Bruder - auch eine eigene Erfahrung von mir - die Homosexualität.
Es war für mich damals auch ziemlich schwer voll zu mir und meinem schwulsein zu stehen. Es geht dabei auch um Anerkennung, Verständnis und Respekt. Ein Mensch der sich irgendwann offen zu seiner Homosexualität bekennt hat schon viele Dinge mit sich selbst ausmachen müssen. Ein Coming -Out stößt bei manchen Freunden auf Unverständnis, man wird durch den Kakao gezogen, erfährt Ausgrenzung pur, weil man ja "nicht normal" ist. Wohnt man in einem kleineren Vorort, oder gar auf einem Dorf wirds noch "netter". Freunde schauen einen auf einmal komisch an, oder freundschaftliche Gesten wie eine Umarmung unter Freunden stößt plötzlich auf Ablehnung usw. Es ist wirklich nicht ganz einfach seine eigene "Andersartigkeit" bei sich selbst festzustellen und zu akzeptieren, denn dann fängt es eigentlich erst an - nämlich dann wenn man es auch leben will. Die sog. Toleranz wie sie heutzutage immer gegenüber Homosexuellen gepriesen wird, ist faktisch nicht wirklich vorhanden und das macht es alles nicht leicht. Wenn dann noch ein alkoholkranker Vater dazu kommt ist es wohl einfach noch schwerer für denjenigen. Ich weiss ja nicht wie die Eltern auf sein schwulsein reagiert haben.... Aber eins kann ich Dir sagen, seine Depressionen und sein offensichtlich selbstzerstörerisches Verhalten in Form von Ritzen und Zigaretten auf den Armen ausdrücken, ist ein Zeichen dafür das Dein Bruderherz unheimlich leidet und nur in der Form der Selbstverletzung diesen Druck loswerden kann. Es ist wohl denn auch weniger das schwulsein an und für sich das Deinen Bruder herunterzieht denn doch die Art und Weise wie sein Umfeld damit und somit mit ihm umgeht.

Alles in allem find ich Dich echt ein supertaffes und mutiges Mädchen. Statt Dich selbst zu verletzen, weiter verletzen zu lassen oder gar in Depris zu verfallen hast Du begonnen zu kämpfen FÜR DICH.

Bleib bitte weiterhin so mutig und pass auf Dich auf!!!

Steff :)
 

grande

Mitglied
Danke für deine detailierte Antwort, Steff :)
Aber was haltet ihr von meiner Idee, auf ein Internat zu gehen, um mich auf die Schule und ein gutes Abi konzentrieren zu können?
 
Zuletzt bearbeitet:

diabolo

Aktives Mitglied

grande

Mitglied
Meine Eltern arbeiten beide und verdienen, so würde ich das einfach mal sagen, normal viel Geld. Wir sind der typische Mittelstand, doch für ein Internat das bis zu 2.500 Euro im Monat kostet, können wir bestimmt nicht aufkommen. Allerdings habe ich mich informiert und herausgefunden, dass man wohl irgendwie BaFög beantragen kann, in einigen Fällen Unterstützung vom Jugendamt erhält und man sich an Schulen für Stipendien bewerben kann. Doch ob das in meinem Fall hinhauen würde, weiß ich nicht.
 

marut

Aktives Mitglied
Hi,

prinzipiell ist deine Idee mit dem Internat sehr gut.

so, zunächst einmal müssen die Kosten für ein Internat nicht so hoch sein, nach kurzer Internetrecherche komme ich in der Summe auf etwa 1.000 Eur, die du vermutlich im Monat brauchen wirst (also nicht nur Internatskosten, sondern wie gesagt insgesamt). Hierzu muss man natürlich wissen, dass die Kosten sehr unterschiedlich sind, offenbar sind aber die kirchlichen Internate entschieden preiswerter. D.h. du müsstest z.B. mal in die Diakonie gehen, um dich beraten und insbesondere dir eine Liste mit Internaten geben zu lassen (gehörst du einer Konfession an? Dann sprich auch mit deinem Pfarrer, deiner Pfarrerin). Weiterhin ist es so, dass das Jugendamt sich bei den Kosten beteiligen wird, wenn hier, ich zitiere "pädagogische und therapeutische Notwendigkeiten vorliegen". Auch hier wieder, es wäre sinnvoll, da vorbei zu gehen.

also, mache einen Termin beim Jugendamt und bei einer Beratungsstelle (d)einer Kirche. Und dann melde dich wieder, ok?

viele Grüße
marut
 
G

Gast

Gast
Du könntest auch in einer betreuten WG oder mit Einverständnis Deiner Eltern auch in einer eigenen Wohnung wohnen und die Schule vor Ort beenden. Das Amt zahlt das für Dich, wenn Du erstens klar machst, das Du unter den gegeben Bedingungen nicht bei Deiner Familie leben kannst ("zerrüttetes Verhältnis zu den Eltern") und zweitens Deine Eltern ihre Einkünfte offenlegen und nachweislich nicht für Dich zahlen können.

Eine kleine Ein-bis-Zwei-Zimmer-Wohnung kann - je nach Wohnort - günstiger für Deine Eltern sein als ein Internat.

Zur Gesetzeslage: Deine Eltern haben das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Wenn sie es erlauben, kannst Du auch allein wohnen. Wenn sie es nicht erlauben, kannst Du beim Jugendamt verlangen, dass aufgrund der Familiensituation eine Lösung für Dich gefunden wird, z.B. eine betreute WG. Oder Du gehst den Internat-Weg, eigentlich auch eine gute Idee.

Allerdings sind Deine Eltern unterhaltspflichtig Dir gegenüber und egal, wohin Du gehst, Deine Eltern werden Deine höheren Wohn- und Unterhaltskosten tragen müssen, soweit sie dazu in der Lage sind. Was andererseits auch fair ist, denn sie kriegen es ja nicht auf die Kette, ein nicht-krankmachendes Familienleben für Euch zu gewährleisten.
 

Anzeige (6)

Autor Ähnliche Themen Forum Antworten Datum
S Darf meine Familie nicht mehr sehen Familie 87
A Meine Familie stellt mir Ultimatum Familie 35
D Meine Familie ist egoistisch und ignorant Familie 52

Ähnliche Themen

Anzeige (6)

Anzeige(8)

Regeln Hilfe Benutzer

Du bist keinem Raum beigetreten.

    Anzeige (2)

    Oben