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Einmal ein Loser, immer ein Loser?

  • Starter*in Starter*in unlucky guy
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Natürlich gibt es in der Hinsicht keine allgemeinen Daten und keine Grundsätze, die sich auf jeden übertragen lassen.
Dennoch hat man jeden Tag die Chance, neu anzufangen.
Laut den Grundsätzen jeder Verhaltenstherapie will jeder gesunde Mensch leben.
Das heißt, wenn sich die Lebenssituation dieses Menschen auf ein Niveau gesenkt hat, das für ihn nicht mehr tragbar ist, fängt jeder gesunde Mensch an zu kämpfen.
Ängste hat jeder und in Maßen sind sie gesund und natürlich. Aber wenn sie genau diesen "Überlebenskampf" behindern, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem bei einem geistig gesunden Menschen eben diese Überlebensinstinkte als höhere Instanz die Ängste überwinden, zumindest für den Moment, in dem das absolut notwendig ist.
Wie diese Ängste, ihre Auslöser und die Lebensweise des Individuums selbst sich entwickeln, ist in der Tat eine Frage der Gesellschaft.
Nach dieser Definition sage ich also nach wie vor, wenn jemand sich von anderen in eine Schublade stecken lässt, weil er irgendwann Mist gebaut hat und wenn jemand in einer Lebenssituation ist, die so schlecht ist, dass man sich selbst als Loser sieht, dann bleibt ihm nichts anderes übrig, als genau das zu sein. Denn so wird er nie wieder einen Weg finden, sich und sein Leben zu verbessern. Der Überlebenswille wird behindert und gestört, wenn nicht sogar erstickt, das Ergebnis ist ein Leben, das immer weiter aus den Fugen gerät, und wenn man dann nicht aufwacht, ist der geistig gesunde Mensch, der leben will, irgendwie nicht mehr da. Da verschieben sich dann die Attribute.
 
Okay, ich hol jetzt mal mein Paket raus.
Ich bin mit einer Mutter aufgewachsen, die mich bis ins intimste Detail kontrolliert hat. Sie hat mir meine Hobbies verboten, nichts, was ich gemacht habe, war gut genug. Sie war drogenabhängig und machte mich dafür verantwortlich. Mein Vater wurde herzkrank, sie machte mich dafür verantwortlich. Ich bin mit einem Schuldempfinden groß geworden, das die meisten Menschen in meinem Umfeld sich nicht vorstellen konnten. Ich habe meinen zwölf Jahre jüngeren Bruder so lange versorgt wie meine Mutter mich nicht davon abhielt.Ich hatte bis vor einem Jahr nicht mal eigene Unterwäsche, weil ich von meiner Mutter nur ihre abgetragene Kleidung bekam.
Sie hat mein Tagebuch in der Küche laut vorgelesen und einzelne Auszüge auch an Familienangehörige weitergeleitet und breitgetreten. Als ich anfing, mich selbst zu verletzen, musste ich mich jeden Abend vor ihr ausziehen, komplett, und sie meinen Körper auf neue Verletzungen kontrollieren lassen. Ich war damals dreizehn.
Sie hat mich zu hause eingesperrt und mich enteignet, mir meine Papiere weggenommen, und mich gezwungen, knapp vier Wochen in einem leeren Zimmer zu sitzen, ich durfte nicht mal zur Schule.
In der Stadt wusste und weiß bis heute fast jeder, dass ich zu hause geschlagen und erniedrigt wurde. Meine Eltern haben eine Arztpraxis im Haus, die Geräuschkulisse war schwer zu ignorieren. Mittlerweile wohne ich nicht mehr bei meinen Eltern, ich kann immer noch keine verschlossene Tür ertragen, habe immer noch Probleme im Umgang mit Menschen. Meine Mutter hat mich und meine Tante mittlerweile mehrfach verklagt, ich prozessiere gegen meine Eltern wegen Unterhalt. Durch meine dramatische Flucht musste ich dreimal die Schule wechseln, habe viel gefehlt, weil ich es in der Schule kaum aushielt und kein Dach über dem Kopf hatte, und wiederhole das vorletzte Schuljahr deshalb.
Wenn man danach geht, wie einen das Umfeld erzieht, bin ich wohl ein Loser, wie er im Buche steht. Oder nicht?
Trotzdem habe ich es irgendwie geschafft, ins Jetzt und Hier zurückzukehren.
Mein Vater hat sich alles gefallen lassen, was meine Mutter getan hat. Meine Mutter erkrankte im Alter von 15 Jahren an einer Angststörung und nimmt seitdem Angstlöser mit hohem Abhängigkeitspotential und noch so ziemlich alles andere, was einen in einen Rausch versetzt.
Mag sein, dass das jetzt ganz böse aussieht, aber ich frage dich jetzt ganz ernsthaft: Welche Gene haben mir da bitte erlaubt, da wegzukommen und mein Leben auf die Reihe zu kriegen?
Aber gut, vielleicht steht mir jetzt die Rolle des Losers für immer auf den Leib geschrieben, mag sein. Ich seh das mittlerweile aber doch anders.
 
Schwierig, in der Tat. Da es im Forum "Gesellschaft" gepostet wurde, würde ich wahrscheinlich von den Fallbeispielen wegkommen wollen und fragen, wie werden diejenigen, die anders sind, von der Gesellschaft aufgenommen? Hat der klassische Loser eine Chance? Was bedeutet der Begriff hier und heute? Und kann man dieses Bild auch wieder loswerden?
 
Kulturell sind die typisch "verpeilten" Loser ja am Aufsteigen.
Immer öfter sind die Protagonisten in Büchern und Filmen Verlierertypen, die ihr Leben nicht im Griff haben und dadurch erst so richtig charmant werden. Beispiele: "Der Kleinkünstler" aus Klings "Känguru-Chroniken", Paul Pokriefke aus Grass' "Krebsgang".
Ich glaube nicht, dass dieses Bild vom "Loser" immer noch so verfahren ist wie vor zehn Jahren.
Auch wenn man in der Schule und am Arbeitsplatz vielleicht in einem separaten Raum ist, in dem andere Regeln gelten.
 
Und die Loser im wahren Leben nicht? Bist du sicher? Eigentlich müsste es in der Natur der Dinge liegen, dass jeder irgendwas kann.
 
Ich glaube, die "volkstümliche" Definition von Loser ist jemand, der es "zu nichts" gebracht hat, einer, der wirtschaftlich und sozial absteigt, keinen Job hat, sich selbst in eine Sackgasse gebracht hat. Nach der "volkstümlichen" Definition müssten ungefähr 40% der Nutzer dieses Forums Loser sein.
Das Problem bei volkstümlichen Angelegenheiten ist, dass sie auf Stereotypen basieren, die in der modernen Gesellschaft schon längst überholt sind. Es gibt nicht mehr "die Norm" in der europäischen Gesellschaft dieses Jahrhunderts, die Muster beschränken sich auf kleine Räume wie Arbeitsgruppen, Schulklassen und andere "Mikrogesellschaften". Diese "Loser"-Definition ändert sich also unter mehreren Faktoren, die mit Kultur, Geographie, Politik, Wirtschaft und Ambitionen der Beteiligten zu tun haben.
Von solchen Einzelgruppierungen wird man dann schnell in eine Schublade gesteckt, aus der man nur mit ganz viel Kraftaufwand und Arbeit herauskommt. Aber die Wertung, die in dem Wort "Loser" drinsteckt, hängt von der Perspektive ab. So muss jeder, der ein "Loser" genannt wird, selbst entscheiden, ob er sich selbst auch als einer versteht.
Für mich ist der wahre Loser derjenige, der das nicht weiß. Der, der nicht weiß, dass der, der am lautesten über andere redet, eigentlich von sich selbst spricht. Der Loser ist der, der urteilt, obwohl er die Wahrheit nicht kennt und der, der sich anmaßt, über andere zu bestimmen, während er sich und sein Leben nicht im Griff hat.
Ein Loser will anderen Böses, um sich selbst zu gefallen. Und ich glaube, kaum einer in diesem Forum ist ein Loser.
Solange einem die Dinge nicht egal sind, gibt es noch einen Ausweg, solange es einen Ausweg gibt ist noch nichts verloren, wer nichts verliert ist kein Loser. Vielleicht mache ich es mir zu einfach.
Aber für mich ist das die Wahrheit.
Wenn es wirklich dramatisch wird und alles um uns herum ins Wanken gerät, werden die Individualisten, die von allen belächelt werden, die Träumer, die lieber Umwege gehen, als in Lichtgeschwindigkeit ins Ziel zu preschen, vielleicht die letzten sein, die auf dem Schlachtfeld noch stehen. Diejenigen, die die Scherben der "Gewinner" aufkehren und dafür sorgen, dass das Leben weitergehen kann, die können keine Verlierer sein. Diejenigen, die in dem, was sie tun, einen Gewinn sehen und für sich oder andere Nutzen ziehen, können keine Verlierer sein.
Danke für die lange Antwort! Schöner Text!
 
Als Loser wird man von gewissen Menschen schon angesehen, wenn man in Teilbereichen des Lebens Erfolg hat, in anderen die üblichen Erfolgsmaßstäbe aber nicht erfüllt. Ich bin 51, habe trotz schwieriger Rahmenbedingungen ein Jurastudium erfolgreich abgeschlossen und einen sicheren Posten als Volljuristin im höheren Verwaltungsdienst. Habe zwar keine Spitzenkarriere gemacht und werde diese aufgrund meiner zurückhaltenden Art auch nicht mehr machen. Habe aber mein Auskommen, bin finanziell völlig unabhängig, muss nicht jeden Cent umdrehen und kann mir alles leisten, was mir persönlich wichtig ist. Riesenansprüche an Luxus habe ich ohnehin nie gestellt, sondern bin zur Bescheidenheit und nicht zum Angeben erzogen worden.
Dennoch bin ich davon überzeugt, dass die meisten Verwandten (überwiegend Cousinen, meine Eltern leben nicht mehr) mich als Loserin betrachten und sich mir überlegen fühlen, weil sie im Gegensatz zu mir zwar keine höhere Schul- oder gar Universitätsausbildung haben, dafür aber verheiratet sind oder wenigstens waren, Kinder (wenn auch nur jeweils eines) und teilweise Enkelkinder haben.
Ich habe statt dessen eine psychisch kranke Schwester (habe ja schon mehrfach hier im Forum darüber und über die nervenaufreibende Erbauseinandersetzung berichtet), mit der natürlich aus Sicht der entfernteren Verwandten nicht viel Staat zu machen ist.
Ob man etwas für dieses Schicksal kann, ob man sich jahrelang psychisch aufgerieben hat, damit die psychisch kranke Schwester und, als sie noch lebte, auch die Mutter professionelle Hilfe bekommen sollten, ob man als junge Frau durch zuviel Rücksichtnahme auf alte und kranke Familienangehörige seine Chancen auf privates Glück in Form von Heirat/Familiengründung beträchtlich minimiert hat - das interessiert solche Leute nicht. Das wird geflissentlich ausgeblendet.
Hauptsache, ihnen geht's gut, sie haben ein erfülltes Leben und vor allem ihre materiellen Statussymbole, auch wenn sie sich ihren Wohlstand zum größten Teil erheiratet und nur zum geringeren Teil selbst erarbeitet haben.
Ändern kann man die Einstellung solcher Leute nicht, jeder Versuch ist zwecklos und endet nur in einer Enttäuschung. Man kann ihnen nur aus dem Weg gehen, sein Leben leben und sie ihr Leben leben lassen. Wertschätzung und Respekt kann man sich weder verdienen noch gar erzwingen. Taktgefühl ist auch nicht jedem gegeben, damit muss man sich einfach abfinden.
 
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Nein die Natur macht was sie will
Aber deine Stärken können auch in deiner Persönlichkeit liegen.
Nicht alles ist genetisch bedingt. Intelligenz zum Beispiel wird nur zur Hälfte durch die Gene bestimmt, die andere Hälfte ist random.
Du kannst dich nur bedingt auf das verlassen, was die "Natur" dir mitgibt. Ich bin auch nicht fünf Sprachen sprechend auf die Welt gekommen. Das hat sich entwickelt, ich habe es gelernt. Meine größte Stärke ist Entschlossenheit, denn wenn ich was lerne, ist das keine Frage von Jahren, es ist eine Frage von Wochen. Das kann nicht erblich bedingt sein.
Ein Mensch ist vielleicht zu 50% das, als was er geboren wird, zu 20% das, was er erlebt. Aber zu 30% (und die können nicht unerheblich sein) ist er das, was er will und sein will.
Jeder Mensch kann irgendwas, jeder hat Stärken, und jeder muss in seinem Leben lernen, wie er diese Stärken für sich nutzen kann. Basta. Is nix Natur.
 
Aber deine Stärken können auch in deiner Persönlichkeit liegen.
Nicht alles ist genetisch bedingt. Intelligenz zum Beispiel wird nur zur Hälfte durch die Gene bestimmt, die andere Hälfte ist random.
Du kannst dich nur bedingt auf das verlassen, was die "Natur" dir mitgibt. Ich bin auch nicht fünf Sprachen sprechend auf die Welt gekommen. Das hat sich entwickelt, ich habe es gelernt. Meine größte Stärke ist Entschlossenheit, denn wenn ich was lerne, ist das keine Frage von Jahren, es ist eine Frage von Wochen. Das kann nicht erblich bedingt sein.
Ein Mensch ist vielleicht zu 50% das, als was er geboren wird, zu 20% das, was er erlebt. Aber zu 30% (und die können nicht unerheblich sein) ist er das, was er will und sein will.
Jeder Mensch kann irgendwas, jeder hat Stärken, und jeder muss in seinem Leben lernen, wie er diese Stärken für sich nutzen kann. Basta. Is nix Natur.
Sagen wir zu 30% wie man geboren wird. Und zu 70% was er erlebt und wie er sein will, da das "sein wollen" in zusammenhang mit den erfahrungen steht, die man gemacht hat.
 
Warum hängt ihr euch eigentlich alle so an den Zahlen auf? Ich hab nur versucht, das ein wenig zu veranschaulichen. Ein Mensch als ganzheitliches Wesen kann diese Bereiche natürlich nicht trennen, eine Abhängigkeit ist immer da. Aber jedes Individuum hat Einfluss auf das, was es aus seinem Leben macht.
Okay, dann gehen wir davon aus, dass wir keinen eigenen Willen haben.
Aber wenn du mit dir selbst unzufrieden bist, dann ändere was. Das hat nichts mit dem Freien Willen zu tun, sondern ist ein Instinkt, den jedes Lebewesen in seinem Unterbewusstsein trägt.
Jedes gesunde Wesen strebt nach Glück und vermeidet Schmerz.
Und die meisten Verluste sind meines Erachtens ohnehin eine Frage der Sichtweise.
Das heißt, selbst aus deiner Sichtweise kann man nicht wirklich ein "Loser" sein, sondern allerhöchstens als solcher missurteilt werden. Und selbst dann wird es immer irgendwo jemanden geben, der eine andere Sichtweise hat und das, was du kannst und tust und bist nicht als Verliererdasein ansieht.
Übrigens, an welchem Faktor machen wir gerade im Wesentlichen den Loser fest? An seinem Können oder seinem Wesen?
Insgesamt muss man auf sein Handeln achten, denn das Handeln wird zur Gewohnheit. Und die Gewohnheit wird zum Charakter. Auch das ist keine Willensfrage, sondern eine Frage der Ethik. Die Ethik selbst wiederum schlüsselt sich in Lebenseinstellung und gesellschaftlicher Norm auf. Wer dagegen handelt, also gegen die gesellschaftliche Norm, mag von anderen so lange ein Loser genannt werden, wie er so handelt. Kann er dies aber mit sich selbst vereinbaren, müssen die anderen noch lange nicht im Recht sein. Wenn er weder mit sich noch mit der Gesellschaft sein Handeln vereinbaren kann, wird er immer mehr zum Verlierer, weil er an diesem inneren Konflikt zerbricht. Genauso, wenn er zwar von der Gesellschaft in Ruhe gelassen wird, aber sich selbst gegenüber nicht rechtfertigen kann, was er tut. Wenn man sich nicht mehr selbst im Spiegel anschauen kann, dann wird man zum Versager. Keine Willensfrage. Eine Frage der Perspektive.
 
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