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Ein Leben ohne Depressionen - was/wie ist das?

Mel97

Mitglied
Hallo liebe Community,

ich weiß nicht, wie ich genau starten soll. Vielleicht mit einigen Infos zu mir?

Ich bin eine 22 Jahre junge Studentin und auch in einer Partnerschaft. Seit einem Jahr wohne ich alleine in einer 1-Zimmer-Studierendenwohnung.
Nicht zu vergessen: ca. 5-6 Jahre in psychologischer Therapie gewesen (ca. seit meinem 14. Lebensjahr) und eigentlich schon seit meiner frühen Kindheit depressiv, tief traurig.
Meine Diagnose während meines Aufenthaltes in einer KJP: Depression und Essstörung.
Es ist schwierig zu sagen, was als "erstes" da war: Depression oder Essstörung?
Mit großer Wahrscheinlich jedoch erst schon immer die Depressivität, welche allerdings erst durch die Entwicklung einer Essstörung "sichtbar" geworden ist, dadurch auch verstärkt. Die Essstörung ist mittlerweile echt nicht mehr vorhanden. Aber die Depression ist immer noch da. Mal sehr stark, mal weniger.
Im Studium läuft alles sehr gut, in meiner Partnerschaft größtenteils auch. Ich denke nicht, dass mich irgendetwas in diesen Bereichen massivst belastet.

Aber meine Gedanken darum, weshalb ich immer noch sehr häufig depressiv bin, lassen mich nicht in Ruhe. Wie oben beschrieben: ich war bereits in meiner frühen Kindheit "anders" als die anderen Kids in meinem Alter. Immer reifer, sehr reflektiert, selbstkritisch, sozial intelligent usw. Außerdem war ich immer recht traurig, einsam, usw. und hatte Verhaltensweisen wie Nägelkauen, Bettnässen (bis ins 12. Lebensjahr - ohne organische Ursachen), Gesicht kratzen, wenn wütend, sauer...
Naja. Nun kurz worum es mir eigentlich geht: Wie ist es "nicht depressiv" zu sein? Was heißt es, nicht depressiv zu sein? Wie ist das? Ich weiß es nicht.
Wer wäre ich ohne Depressivität geworden? Ich weiß es nicht.
Ich weiß nur, dass ich keinen Bock mehr darauf habe.
Ich habe keinerlei Anhaltspunkte darüber, wie es ist, nicht "auffälig" (in der Kindheit) und bis heute nicht depressiv zu sein. Das macht es mir sehr schwierig einzuschätzen, wo ich überhaupt hin will. Ich kenne es doch auch nicht mal anders als wie bisher. Depression.

Ich freue mich über jede Antwort und wünsche euch eine gute Nacht.
 
G

Gelöscht 58773

Gast
Wird dir ziemlich wenig bringen, wenn dir jemand von etwas erzählt, was du nie gefühlt hast. Ich hatte auch schon seit ich denken kann eine Angststörung mit Depressionen. Es war für mich normal und deswegen hatte ich keine Orientierung. Menschen die mit 30 an Depressionen erkranken, wissen oft was sich verändert hat und wo sie wieder hinwollen. Menschen, die es nie anders kannten, haben keine Ahnung und haben es schwer zwischen Normalität und Krankheit zu unterscheiden. Stelle ich mich da gerade nur an oder ist es wirklich schlimm?

In einem Satz kann man zusammenfassen, dass der Unterschied zwischen Depressionen und der Normalität ist, dass du das alles, was du von deiner Krankheit kennst auch in einem normalen Leben hast - nur nicht in dieser Intensität und dem Umfang.

Jeder Mensch hat mal keine Lust auf irgendwas, kommt morgens nicht aus dem Bett, ist grundlos erschöpft, ist traurig, wütend, fühlt nichts mehr, betrinkt sich mal weil einem alles über den Kopf wächst, ist überfordert, kann nachts mal vor lauter Problemen nicht einschlafen und muss daher müde zur Arbeit, etc. Aber im Idealfall steht man da drüber und zwingt sich zu was und dann ist auch wieder gut. Denn man kann an anderer Stelle wieder Energie sammeln.

Bei einer Depression ist dies aber ein Dauerzustand und man kann nur schwer Energie gewinnen, um sich auf Dauer überwinden zu können. Das ist denke ich der große Unterschied zwischen normal und krankhaft. Und der Prozess ist schleichend. Du wirst nicht morgens aufstehen und sagen "Ich bin glücklich". Irgendwann hast du mal eine Situation bei der du denkst "Hm, das hatte ich jetzt aber noch nicht gehabt. Das ist ungewohnt" und irgendwann wird es viel mehr Situationen davon geben und dann irgendwann kannst du sagen "Ja, ich bin anders als damals"
 

Apollina

Mitglied
Bei einer Depression ist dies aber ein Dauerzustand und man kann nur schwer Energie gewinnen, um sich auf Dauer überwinden zu können. Das ist denke ich der große Unterschied zwischen normal und krankhaft.
Dem würde ich absolut zustimmen. Ich bin jetzt seit ca. 6 Jahren depressiv und hatte vor der Depression vielleicht den Höhepunkt meines Lebens - im positiven Sinne. Danach ging es nur noch bergab. Ich habe also einen Vergleich - daher spaltet sich mein Leben in vor der Depression und nach der Depression (bzw. während der Depression). Vor der Depression habe ich mir keine Gedanken über meine Energie gemacht, sie war einfach da. Ich musste damit nicht "haushalten" und konnte durch Hobbies und ähnlichem neue Energie gewinnen. Ich habe mich z.B. abends nicht gefragt, wie ich am nächsten Morgen gut aus dem Bett komme, sondern bin einfach aufgestanden. Ich habe mir auch keine Gedanken darüber gemacht, ob ich eher die Bude putzen oder jemanden treffen soll. Heute muss ich zwischen solchen Dingen abwägen - für beides habe ich selten genug Energie. Alles, ja wirklich alles im Leben zieht die Energie aus einem heraus. Das ist ohne Depression definitiv nicht so. Das mag auch der Grund sein, warum gesunde Menschen oftmals nicht verstehen können, warum eine Person den ganzen Tag im Bett liegt und es nicht mal schafft etwas zu essen oder sich umzuziehen etc.

Im Grunde hat sich vieles in meinem Leben geändert, aber ich weiß nicht, ob dir eine Aufzählung etwas bringen könnte. Daher lasse ich das an dieser Stelle mal aus und möchte dir stattdessen ein paar Fragen stellen. Solltest du es dennoch erfahren wollen, kann ich ja noch einen weiteren Beitrag erstellen ;)

Nicht zu vergessen: ca. 5-6 Jahre in psychologischer Therapie gewesen (ca. seit meinem 14. Lebensjahr) und eigentlich schon seit meiner frühen Kindheit depressiv, tief traurig.
Hast du durch die Therapie Fortschritte - wenn auch nur kleine - erreichen können? Bist du zurzeit immer noch in Therapie? Hast du auch Medikamente eingenommen?
 

Mel97

Mitglied
Im Grunde hat sich vieles in meinem Leben geändert, aber ich weiß nicht, ob dir eine Aufzählung etwas bringen könnte. Daher lasse ich das an dieser Stelle mal aus und möchte dir stattdessen ein paar Fragen stellen. Solltest du es dennoch erfahren wollen, kann ich ja noch einen weiteren Beitrag erstellen ;)

> Gerne :)

Hast du durch die Therapie Fortschritte - wenn auch nur kleine - erreichen können?

Klar, auf jeden Fall.

Bist du zurzeit immer noch in Therapie?

Nein, seit ca. 2 Jahren nicht mehr.

Hast du auch Medikamente eingenommen?
Ja und ich nehme sie immer noch :)
 
G

Gelöscht 114478

Gast
Mir - inzwischen fast 70 - geht es ähnlich wie dir; ich kenne seit frühester Kindheit kaum ein Leben ohne Depressionen.
Und kannte und kenne es im Grunde nicht anders, da ich keine ADs vertrage.
(nur am Rande zu deiner Beruhigung: Man lernt, damit zu leben und ich hatte auch echt wunderschöne Zeiten!)

Doch es gab ein einziges Mal 4 kostbare Wochen, in denen ich erleben durfte, wie ein Leben ohne Depris sein kann: Als es zunächst so schien, als hätte ich mit dem MAO-A-Hemmer endlich ein AD gefunden, das ich doch mal vertragen würde.
Ich fühlte mich damals einfach - normal. Anders kann ichs nicht nennen, ich fühlte mich einfach nur normal.

Dann killte dieses Medi meine Schilddrüse und aus wars damit, aber dennoch möchte ich diese 4 Wochen nicht missen. Denn ich kann allen, die Medikamente vertragen (ich hab da generell massive Probleme und vertrage so gut wie nichts mehr), es auszuprobieren, das für sie passende Antidepressivum zu finden.

Denn es lohnt sich echt - es ermöglicht einem wirklich ein fast normales Leben!
 
G

Goast

Gast
Ist ja eine Störung des Hirnstoffwechsel, was genau weiß die Wissenschaft nicht.
Bei Depressiven scheint das positive Antriebssystem im Gehirn vermindert zu arbeiten.
Das psychische Schmerzsystem dagegen arbeitet auf Hochtouren.
Medikamente gegen Depressionen wirken kaum, bei manchen gar nicht.
Sie wirken recht langsam, nicht bei jedem gleichermaßen, zum Teil können sie sogar Selbstmordgedanken fördern.
Und beseitigen ja nur die Symptome nicht die Ursache.
In den USA wurde eine neue Substanz im Tierversuch erfolgreich getestet, die mit vielen Nachteilen aufräumt.
 

Apollina

Mitglied
Hallo Mel97,

zunächst finde ich es sehr gut, dass du in der Therapie kleine Fortschritte erzielen konntest. Das ist doch schon mal ein Anfang und verdient dementsprechende Wertschätzung.
In deinem Eingangspost hast du ja gefragt, wie es ist nicht depressiv zu sein, damit du ein grobes Ziel hast. Ich hab das Problem mit der Energie ja schon in meinem vorherigen Post beschrieben. Das ist eines der größten Probleme, wie ich finde. An dieser Stelle werde ich es auslassen, da es ich es ja wie gesagt schon beschrieben habe. Dann mal los ;)
  • Ich konnte mich vor der Depression definitiv besser konzentrieren bzw. die Konzentration über einen viel längeren Zeitraum aufrechterhalten.
  • Ich hatte einige Hobbies und Interessen, bei denen ich abschalten und Abstand zum Alltag gewinnen konnte.
  • Ich habe mich gerne mit anderen Menschen getroffen und Dinge mit ihnen unternommen.
  • Ich hatte definitiv ein besseres Körpergefühl (keine Schwere oder Gelenkschmerzen oder sowas).
  • Meine Selbstzweifel waren geringer bzw. realistischer; ich habe mich zum damaligen Zeitpunkt nicht ständig selbst runtergemacht.
  • Ich habe einen Sinn in dem gesehen, was ich gemacht habe.
  • Ich konnte die Schönheit der Welt erkennen (z.B. in der Natur - jetzt wirkt alles irgendwie nur noch "verschwommen").
  • Das ist jetzt etwas schwer zu beschreiben, aber ich würde mal als "ich konnte genießen" beschreiben - d.h. einfach mal relaxen, mein Umfeld oder die Natur auf eine besondere Weise wahrnehmen; oder aber auch gefühlt frei von Sorgen zu sein etc.
Ich glaube, diese Punkte umschreiben es ganz gut, sollte mir noch was einfallen, dann werde ich es noch ergänzen. Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen.

Liebe Grüße
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Aber die Depression ist immer noch da. Mal sehr stark, mal weniger.
Hallo Mel97,
nach meiner Erfahrung könnte es sich lohnen,
wenn du dir die "Ausnahmezeiten" genauer
anschaust, also wenn die Depression weniger
stark ist. Egal, ob es nur Minuten sind oder
Tage/Wochen.

Eine Bekannte fand nach sieben Jahren De-
pressionen heraus, woran es lag, dass sie ein
ganzes Jahr dazwischen keine hatte: Sie hat
täglich Zinkpulver genommen (nicht wegen
der Depression). Als sie es erneut versucht hat,
ging es ihr wieder so gut wie damals.

Andere erzählen ähnliche Effekte, wenn sie
ihre Ernährung mit mehr Magnesium oder
Lithium (über Heilwässer) anreichern oder auf
ausreichend B-Vitamine achten.

Durch Essstörungen kann die Nährstoffversor-
gung massiv gestört werden und dadurch auch
Depressionen auslösen bzw. verstärken.

Die "besseren Zeiten" könnten also durchaus
damit zusammenhängen, dass du dich da anders/
besser ernährst bzw. die nötigen Nährstoffe zu
dir nimmst.
 

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