Leider begegnet man immer wieder solchen Menschen, aber nach meiner Erfahrung sind sie beiderlei Geschlechts. Sehr häufig kommt dieses Schweigen durch die Erfahrung, dass die eigene Meinung und das eigene Ziel weniger wert ist, als die Meinung anderer. Wenn man schon als Kind diese Erfahrungen machen muss, dass Widerstand und Aufbegehren nichts bringen, zieht man sich irgendwann in eine Verweigerungshaltung zurück.
Den anderen auflaufen lassen, sich hinter dem Rücken beschweren und tratschen, wichtige Infos nicht beisteuern und dann die tollen Ausreden: war doch nur Spaß. Habs nicht so gemeint. Ich weiß nicht, was Du von mir willst? Das hatte ich anders verstanden.
Wenn ich richtig informiert bin, nennt man das passiv-aggressives Verhalten. Derjenige traut sich nicht, seine Wut über einen Zustand auszudrücken, den er nicht mehr mit tragen will, aber die Konsequenzen seiner Ablehnung möchte er nicht aushalten müssen. Das klingt im ersten Moment nach klaren Schuldverhältnissen.
Ich hatte einen Partner, der keine Antwort gelten ließ, der jedes Argument relativierte und dem nicht beizukommen war. Auf Druck hat er nur noch mit mehr Druck reagiert und mit einer diebischen Freude von sich behauptet, dass er solche Dinge nicht vergessen werde. Eine Einigung war nicht mehr, als ein Waffenstillstand und jedes Widerwort wurde zur Kriegserklärung.
Irgendwann habe ich mich nicht mehr gewehrt oder meinen Kram für mich alleine geregelt. Und ich habe mehr geschwiegen. Mein Schweigen wurde als Zustimmung gewertet. Nach einigen Monaten habe ich mich getrennt.
Spax, ich will keine Schuld umkehren oder Dir etwas unterstellen. Das wäre eine weitere Verteidigungsstrategie der Schweiger: Du hast mich dazu gezwungen. Ich musste die letzten Jahre erkennen, dass die meisten Streitkulturen ein Anhäufung von Verletzungen, Verweigerungen, versteckten Angriffen und Rechtfertigungen sind und dem Wort Kultur nicht gerecht werden. Davon kann ich mich nicht ausschließen. Jeder trägt darüberhinaus noch seine Geschichte mit sich herum.
Ein Satz hat mich die letzten Tage viel beschäftigt: Frieden ist mehr, als die Abwesenheit von Krieg. Wenn ich meine Beziehungen überdenke, habe ich so oft Schlachten führen müssen: um meinen Standpunkt zu verteidigen, um nicht übergangen zu werden, um meine Meinung anerkannt zu bekommen, um anders sein zu dürfen und noch viel mehr. Aber es war leider wirklich selten, dass ich nicht für meine Taten geschätzt wurde, sondern weil ich bin, wie ich bin.
Wenn man in einer Beziehung ständig eine Waffe in der Nähe haben muss, und seien es auch nur der Sarkasmus und der Zynismus, dann ist das kein Friede. In einem Frieden KANN und DARF man sich einigen. In einem Krieg MUSS man Dinge akzeptieren.
Schweigen kann Manipulation und Druckmittel sein, aber es kann auch nur der Ausdruck von Hoffnungslosigkeit, Trauer und unterdrückter Wut sein. Deswegen würde ich ein Schweigen nicht verurteilen, sondern verstehen wollen. Doch es gibt natürlich ein zu spät.