Hallo ihr Lieben,
eigentlich wollte ich mich in nächster Zeit nicht mehr melden, da ich schon das Gefühl habe, dass ich zu oft hier schreibe. Ich weiß auch nicht, ob dieses Unterforum das richtige ist. Aber ich bin gerade echt am Boden und könnte Hilfe gebrauchen. Hätte ich mich direkt hier gemeldet, wäre der Beitrag noch ein etwas anderer gewesen, aber jetzt habe ich zwei Baustellen. Bitte verzeiht mir, falls Informationen fehlen – ich bin etwas durch den Wind und schreibe jetzt einfach mal frei heraus.
Ich hatte mir schon vor einiger Zeit überlegt, einen Beitrag zu verfassen, da es in letzter Zeit oft vorkommt, dass Männer sich mir gegenüber nicht in Ordnung verhalten (mindestens zwei Mal im Monat ein Übergriff). Dass das etwas mit mir zu tun haben könnte, kam mir das erste Mal in den Sinn, als ich an Karneval mit einem Kumpel eines Kumpels geredet habe und ihn nach der Inspiration für sein Tattoo gefragt habe. Seine Begleitung nannte mich daraufhin gegenüber meinem Kumpel "die, die mit seinem Freund geflirtet hat". Am ersten Mai waren wir auf einem Feuerwehrfest. Ich stand in der Getränkeschlange. Der Typ hinter mir hat dann gefragt, ob ich den Gin Tonic denn schon trinken darf. Ich meinte daraufhin "Ja, ich bin 22". Er sagte dann "Oh, da tickt aber die biologische Uhr, schnell Kinder machen" und hat mir die Zunge in den Hals gesteckt (und sich dafür eine Backpfeife eingefangen).
Der neueste Fall der Grenzüberschreitung ist gestern passiert. Ich habe Gläser in meiner Stammkneipe gespült – manchmal helfe ich da aus, wenn mir die Eindrücke im Gastraum zu viel werden (ich bin hochsensibel und habe ADHS). Der Barkeeper hat mich plötzlich unterbrochen, hinter eine Ecke gezogen, mich geküsst und mir in den Intimbereich gefasst. Er meinte, ich hätte gestern einfach unfassbar gut ausgesehen. Ich bin natürlich ausgetickt, habe mich gewehrt und deutlich klargemacht, dass das nicht okay ist. Irgendwie bin ich trotzdem fertig und weiß gerade nicht mehr weiter.
Meine Freunde meinten, der sei halt einfach so, und das sei nicht schlimm. Meine Mama, mit der ich heute geredet habe, meinte, ich müsste etwas an meiner Ausstrahlung ändern. Mein Partner, der sich bei sowas nie einmischt (ich erwarte nicht, dass mein Freund anderen an die Gurgel geht, die mir zu nahe kommen, aber er handelt in solchen Fällen eben gar nicht), ist der Meinung, ich sollte weniger mit Leuten sprechen. Aber das kann es ja auch nicht sein. Ich weiß nicht, wieso Männer selbst normale Konversationen (oder gar keine Konversationen!) als Anlass nehmen, mir an die Wäsche zu gehen – und was genau ich mache oder ausstrahle, dass Leute denken, ich würde das wollen.
Um besser mit meiner Erfahrung umgehen zu können und um zu fragen, was ich jetzt für mich selbst tun kann, habe ich mich erst an den Weißen Ring gewandt. Die haben mir dann die Nummer von der Hotline „Gewalt gegen Frauen“ gegeben. Dort hatte ich gerade ein ziemlich verstörendes Gespräch. Ich habe meinen Fall geschildert und auch gesagt, dass ich vermute, dass es an mir liegt und was ich tun kann. Erste Antwort: Es gibt sehr viele grenzüberschreitende Männer, das Patriarchat ist doof. Daraufhin habe ich gemeint, dass ich das weiß, aber dass ich trotzdem gerne wüsste, wie ich damit besser umgehen kann. Darauf kam dann: Warnsignale wahrnehmen, nicht mit so vielen Männern reden, aber ich könne solche Situationen nicht verhindern.
Ich habe dann nochmal verdeutlicht, dass ich noch sehr fertig bin von gestern. Dann kam: Ja, vielleicht Anzeige erstatten. Ich habe gesagt, dass das keine Option ist – dafür habe ich zu viele schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht – und dass ich gerne eher persönliche Schritte einleiten würde, da man ja bestimmt etwas dafür tun kann, damit man selbst besser damit umgehen kann. Daraufhin hieß es, dass man nicht lernen kann, das besser auszuhalten, da es übergriffiges Verhalten bleibt. Dass seelische Verletzungen nicht heilen können. Dass ich ja auch ein Hämatom hätte, wenn man mir gegen das Schienbein treten würde – und so sei es nicht weniger verletzend, immer wieder sexuelle Übergriffe zu erleben (sie hat ja recht, aber ich habe ja explizit gefragt, was ich tun kann, und darauf wollte sie gar nicht eingehen). Ich solle mit Menschen reden, von denen ich keine Übergriffe erwarten muss – mit Frauen kann man ja auch tolle Gespräche führen.
Ich habe daraufhin einfach offen und ehrlich gesagt, dass ich es schade finde, dass man sowas wohl einfach akzeptieren muss – und dass die Antworten für mich sehr danach klangen, dass ich Pech gehabt habe. Ich habe auch gesagt, dass ich mir etwas mehr Hilfe zum Thema Umgang erhofft hatte, mich aber dennoch für die Zeit und Mühe bedankt, da ich ihre Punkte durchaus verstehen kann und auch weiß, dass sie recht hat. Aber ich finde es halt trotzdem schade, dass man wohl gar nichts ändern kann, auch nicht daran, wie man sich fühlt. Der Chat wurde von ihr beendet mit den Worten: „Das sind jetzt unnötige Unterstellungen, Sie haben meine Antworten nicht gelesen und wollen sie nicht verstehen. Mit so etwas Unverschämtem muss ich mich nicht abgeben. Ich lasse mich hier jetzt nicht länger von Ihnen angehen. Und tschüss!“
Das saß. Klar will man nicht hören, dass einem die Beratung nicht weiterhilft. Aber ich habe niemanden angegangen und nichts unterstellt – sondern nur ehrliches Feedback gegeben.
Joa, und jetzt schreibe ich in einem Forum meinen Frust von der Seele – mit meiner selbst gemischten Erdbeerlimo (erster verzweifelter Versuch, mich besser fühlen zu lassen), eine halbe Stunde bevor ich mich eigentlich mit Freunden treffen sollte, mache mir immer noch Gedanken und jetzt sogar noch mehr Gedanken, da die Person, die mir eigentlich weiterhelfen sollte, die Situation noch schlimmer gemacht hat.