Ich danke dir für deinen schönen Beitrag. Da stecken viele Parallelen zu meiner Situation drin. Du vermittelst mir ein Bild, das ich mir vorstellen kann - also kein abstraktes und hypothetisches.
Ursprünglich ging es mir in diesem Thread einmal einen Einblick in die Denk- und Handungsweisen von Frauen zu bekommen, wenn sie einen Mann als Sexobjekt sehen. Dabei galt mein Interesse insbesondere der eigenartigen Diskrepanz von moralischen, kulturellen und religiösen Vorstellungen zur gelebten Realität von Frauen. Wenn ein junger Mann über Jahre hinweg immer mal wieder als Sexobjekt gesehen wird, dann muss das auch an meiner Ausstrahlung liegen. Und auch dem wollte ich hier mal auf die Spur kommen, um zu wissen, was ich an meiner Ausstrahlung ändern müsste.
Und damit gelange ich auch wieder an mein eigenes Problem, dem äußerst dürftigen Selbstbild. Dazu gehört auch das geringe Wahr- und Annehmen meines Körpers.
Hinzu kommt auch mit mir ein sexueller Missbrauch im Kindesalter, was sich wohl auch so extrem negativ auf mein Frauenbild auswirkt. Ich habe gar nicht gewusst, dass es einen Missbrauch gab bis mir das in einer Therapie mal vor Augen geführt worden ist. Doch auch wenn mir das nun bekannt ist, weiß ich noch nicht, wie ich dazu stehe. Es ist ja alles so lange her. Auch Abgrenzung war in der Therapie ein Thema. Es ist zwar besser geworden, aber so richtig verinnerlicht habe ich das noch nicht
Mir wurde schon empfohlen, dass mir eine Freundin gut tun würde. Dann ändert sich wohl auch mein eher gleichgültiges Verhältnis zu Sex. Aber, so meine ich, bis ich mich in dieser Hinsicht wirklich mal wieder zeigen kann und will, muss ich erst noch ein bisschen über mich wissen.
Hallo Seefahrer,
oh, du stellst dir also, so zu sagen plastisch vor, wie ich bin? Darf ich fragen, was du da für ein Bild/ eine Vorstellung hast?
Das durchleuchten sexistischer Denk- und Handlungsweisen kenne ich auch sehr gut. Ich selbst habe ähnlich wie du immer wieder Threads in verschiedene Foren zu diesem Thema aufgemacht und ähnlich wie du sehr viel Spott erhalten.
Ich kann nach wie vor nicht verstehen, wie Frau oder Mann andere auf das Körperliche reduzieren können. Wie diese Menschen es mit ihrem Gewissen vereinbaren können? Hmm, ich denke, sie haben kein Gewissen oder eben nur bendingt ausgebaut. Aber eins ist gewiss: sie reduzieren sich auch selbst auf das Sexuelle. Weißt du, was ich meine?
Auch die Frage, was an meiner Austrahlung falsch ist, dass ich diese Menschen anziehe und wie ich sie verändern kann, habe ich mir erfolglos zicht Mal gestellt. Ich glaube, eben darin besteht das Annehmen seines Körpers, sich diese Frage nicht mehr zu stellen. Wenn man oder Frau anziehend auf andere wirkt, wird es ganz bestimmt ein schöner Mensch sein. Und das sollte man auch schätzen, aber natürlich auch schützen!
Ich habe mir noch vor Kurzem überlegt, wie mein Leben wohl wäre, wenn ich nicht diesen Körper hätte. Ich hätte gewiss weniger Aufträge (bin selbstständige Musikerin und Pädagogin), weil Menschen nun Mal eher oberflächlich sind, zumindestens ist der Anteil der Oberflächlichen größer als der, der Tiefsinnigen. Ich könnte wo möglich gar nicht erst selbststänig sein und meine Arbeit so gestalten, wie ich es tue. Da sehe ich also eindeutig Vorteile, attraktiv zu sein. Der Nachteil der Belästigung fällt mit zunehmnder Kompetenz zur Abgrenzung weg. Also in jedem Fall besser, als das andere Extrema.
Welche Vorteile sieht du bei dir durch deinen Körper?
Ja, sexuelle Übergriffe in der Kindheit werden meistens, je jünger das Kind, um so eher, verdrängt. Ist vllt auch gut so. Die Bilder, die Erinnerungen sind grauenvoll. Dennoch wirkt der MB, auch ohne Erinnerungen.
Ich habe auch in Foren für Opfer vom sexellem MB viel gelesen. Ich kann sagen, dass es mir heute ganz bestimmt besser als vielen geht. Und dafür bin ich dankbar! Man kann alles heilen! Und auch das Abgrenzen kann man lernen.
Immer wieder üben "Nein" zu sagen, auf sich selbst und seine Bedürfnisse achten. Ich habe mir z,B., wenn es mir schlecht ging, die Frage gestellt "was gerade mein Bedürfnis ist". Und mir dieses Bedürfniss auch erfüllt. Überlebende des MBs haben ja schon ganz früh gelernt, ihre Bedrüfnisse zugunsten anderer zurückzustellen, zu unterdrücken. Und das verhindert auch das Abgrenzen automatisch. Denn die Programmierung, dass die Bedürfnisse anderer wichtiger sind, sitzt ganz tief im Unterbewustsein, auch ohne konkrete Erinnerungen an den MB.
Was mir auch noch gut zum Abgrenzen oder zumindestens zum Schützen geholfen hat, war, mir eine Riesenglocke aus Glas über mir vorzustellen. Das war mein geschützter Raum, den niemand durchdringen konnte. Zu anzüglichen Blicken kann ich berichten, dass genau der gleiche Blick zurück echt Wunder bewirkt. Das hätte ich NIEMAlS für wahr gehalten, bis ich es ausprobiert habe. Sie schauten entweder beschämt zu Boden oder drehten sich sogar plötzlich ganz von mir weg!
Die Empfehlung, dir eine Freundin zuzulegen, finde ich absurd. Ein(e) Partner/in ist doch kein Gegestand, den man sich Mal eben besorgt, um sie/ihn für seine "Heilung" oder andere Zwecke zu benutzen. Im Vordergrund sollte nach wie vor die emotionale Seite stehen, dass man verliebt ist und da eine tiefere Verbindung der beiden ist. Übrigens wird Frauen mit MB- Hintegrund in der Therapie von Männern (als Partnern erst Recht) zunächst eher abgeraten und nahe gelegt, Abstand zu suchen, bis der MB einigermaßen verarbeitet ist und das Abgrenzen gut funktioniert. Überrascht mich schon sehr, dass dir zu einer Freundin geraten wurde.
Es eilt doch auch nicht mit der Sexualität. Zuerst würde ich andere Baustellen angehen. Und darüber "noramilisiert" sich das Verhältnis zu Sex ganz automatisch!
Ich drücke dir die Daumen! Und lass dich nicht ärgern!
LG