Hallo, ich bin neu hier im Forum, durch Zufall darauf gestossen. Kann mit niemandem darüber reden aber irgendwann zerbricht man dabei, vielleicht ist das ein Weg für mich, meine Situation zu teilen.
Als Einzelkind hatte ich eine sehr starke Bindung zu meinen Eltern, sie waren immer für mich da, es war für mich der Ort, wo ich mich zuhause fühlte und einfach sein konnte. Es war nicht alles perfekt, meine Mutter war Alkoholikerin während meiner gesamten Kindheit. Sie hatte aufgehört zu trinken, als ich 18 Jahre alt wurde. Häufig war ich ihr böse, wenn sie betrunken war, liess sie das auch spüren. Und doch habe ich sie immer geliebt. Sie hatte mich auch sehr gern und gab mir alles, was sie konnte. Vor 10 Jahren bin ich in die Schweiz ausgewandert, konnte meine Eltern dann nur noch selten sehen, anfangs bin ich 2-3 x im Jahr zu ihnen gefahren, nachdem mein Vater in Rente ging, kamen sie häufiger zu mir in die Schweiz. Wir konnten zusammen viele schöne Ausflüge machen und waren auch immer an Weihnachten zusammen. Es war schön, mit meiner Mutter telefonierte ich fast täglich. 2014 entschieden sich meine Eltern umzuziehen, näher zu mir, sie verliessen ihre Heimat, wir suchten eine Wohnung in Deutschland, etwa eine Stunde von mir entfernt. So würde es einfacher mit den Besuchen und wenn mal was ist, wären wir schnell beieinander. Wie schnell dies eintreten sollte, hätten wir alle nicht erwartet. Im Dezember 2014 bekam meine Mutter Atemprobleme, mein Vater brachte sie zur Sicherheit ins Spital. Am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf von ihm, meine Mutter wäre im Koma an der Beatmungsmaschine, ich solle schnell kommen. So fuhr ich direkt von meiner Arbeitsstelle aus ins Spital, es war ein schlimmer Anblick meine Mutter so zu sehen. Die Prognose der Ärzte war Besorgnis erregend, sie wüssten nicht, ob meine Mutter nochmals das Bewusstsein erlangt und falls ja, könnte sie evtl. geistige Behinderungen davon tragen. Ich bin dann jeden Tag nach der Arbeit oder zwischen den Arbeitsblöcken zu meiner Mutter ins Spital gefahren, habe versucht mit ihr zu reden, auch wenn sie nicht reagieren konnte. Vor Weihnachten erlangte meine Mutter das Bewusstsein langsam wieder, konnte zwar noch nicht reden aber reagierte und konnte nonverbal auf Fragen antworten. Das machte mich sehr glücklich, sie machte Fortschritte und konnte Anfang 2015 wieder nach Hause, es schien so, das alles wieder gut wurde. Zwei Monate war sie dann mehr oder weniger gesund, sie besuchten mich sogar nochmals in der Schweiz. Ende März 2015 begannen die Atemprobleme erneut. Meine Mutter wollte nicht ins Spital, ich redete lange mit ihr, wollte sie überzeugen, dass man ihr im Spital helfen könne und schliesslich willigte sie ein, dass der Krankenwagen kommen solle. Ich winkte ihr noch zu, als sie in den Krankenwagen gebracht wurde. Am nächsten Tag erhielt ich bei der Arbeit wieder einen Anruf von meinem Vater. Meine Mutter läge im Sterben, sie könnten nichts mehr tun, ich sollte schnell kommen. So fuhr ich wieder ins Spital, sah meine Mutter nach Luft ringen mit aufgerissenen Augen, nicht mehr ansprechbar. Sie lag in einem leeren Mehrbettzimmer, wurde wohl dorthin gebracht, dass sie dort sterben könnte. Ich konnte es nicht ertragen sie so zu sehen, rief den zuständigen Arzt herbei und forderte ihn auf etwas zu tun. Meine Mutter bekommt keine Luft, sie muss wieder an die Beatmungsmaschine! Der Arzt sagte mir, meine Mutter hätte jede Behandlung abgelehnt. Allerdings war sie da schon sehr verwirrt wegen dem Sauerstoffmangel. Ich stritt mich mit dem Arzt und forderte ihn mehrmals auf etwas zu tun. Ich weiss nicht mehr, was wir alles redeten aber irgendwann wurde meine Mutter dann doch an die Beatmungsmaschine angeschlossen. Von da an machte ich mir immer wieder ein schlechtes Gewissen, falls meine Mutter wirklich nicht mehr wollte, dass etwas unternommen wird, dann hätte ich gegen ihren Willen gehandelt. Schneller als beim ersten Mal erholte sich meine Mutter, war nach 10 Tagen ansprechbar und freute sich uns zu sehen. Reden konnte sie zwar noch nicht aber ich hatte das Gefühl, dass es richtig war, was wir entschieden hatten. Allerdings war die Diagnose, schwere COPD, für die Zukunft sehr bedenklich. Nach einem Aufenthalt in einer Fachklinik war meine Mutter wieder in der Lage zu laufen, zu reden, es schien sich gut zu entwickeln. Sie bekam ein mobiles Beatmungsgerät für Zuhause und sollte das täglich mehrere Stunden benutzen, damit sie die Symptome der COPD im Griff behalten könne. So war sie tatsächlich wieder daheim. Wir waren froh, dass es ihr besser ging und dass wir so entschieden hatten. Durch das Beatmungsgerät bekam sie immer mehr Luft im Bauch, wirkte aufgebläht und konnte nicht mehr gut schlafen. Die Tage zuhause waren vor allem für meinen Vater schwierig, er konnte auch nicht mehr schlafen, musste meiner Mutter immer wieder helfen, sie beruhigen usw. Ohne Beatmungsgerät bekam meine Mutter Atemprobleme, mit dem Gerät Schmerzen im Bauch, es war ein hin und her aber sie hielt die Behandlung tapfer durch. Wir telefonierten jeden Tag und ich weiss noch, wie sie mir beim letzten Telefonat erzählte, dass sie Treppen steigen übt und es ganz gut ginge. Am folgenden Tag hatte ich einen Ausflug von der Arbeit aus und konnte sie nicht anrufen. Am nächsten Tag kam ich zur Arbeit und als ich ankam war ein Kollege schon aufgeregt, man hätte mich gesucht. Ich wunderte mich und schon klingelte wieder das Telefon. Ein Bekannter war am Telefon und begann mit meiner Kollegin zu reden, da sie das Telefon abgenommen hatte. Mir war dann sofort klar, was passiert sein muss, ich wollte gar nicht mehr mit ihm reden, sagte meiner Kollegin, ich wüsste was los ist, sie nahm mich in den Arm und ich bin zu meinen Eltern gefahren. Ich weiss noch, wie ich auf der Fahrt zu meinen Eltern mehrere Heissluftballone starten sah und stellt mir vor, dass meine Mutter jetzt in einem davon sitzt auf ihrer Reise zum Himmel. Als ich bei meinen Eltern ankam, sah ich meine Mutter auf dem Sofa liegen, wie wenn sie schlafen würde. Mein Vater hatte ein schlechtes Gewissen, er war gerade mit dem Hund draussen, als meine Mutter durch ein plötzliches Ereignis, vielleicht ein Herzinfarkt oder Lungenödem, verstorben ist. Ihre Beatmungsmaske hatte sie noch abnehmen können, lag auf dem Sofa, das Gerät hörte er schon von draussen piepen. Er machte sich Vorwürfe, dass er ihr nicht mehr helfen konnte. Wir redeten lange, später richteten wir meine Mutter, zogen ihr schöne Sachen an, haben sie nochmals gewaschen und frisiert, am Mittag kam das Bestattungsinstitut, holte sie ab, ich gab ihr einen Teddybär mit, damit sie nicht alleine war. Tags darauf musste wir und endgültig von meiner Mutter verabschieden, wir blieben lange bei ihr im Bestattungsinstitut. Ich war traurig aber begreifen konnte ich es da noch nicht, dass es jetzt ein Abschied für immer war.
Das ist jetzt anderthalb Jahre her. Mein Vater hatte sehr grosse Mühe damit fertig zu werden, er zog in eine kleinere Wohnung, fühlte sich sehr einsam und hilflos. Ich habe ihm oft versucht Mut zu machen und machte mir Sorgen um ihn. Er wurde immer dünner und war eingefallen. Es war schlimm ihn so zu sehen. Wir waren an Weihnachten zusammen aber es war sehr traurig und mühsam. Im Sommer diesen Jahres wollte er unbedingt wieder zurück in seine alte Heimat umziehen. Ich fand das nicht gut, weil er dann ja wieder so weit weg ist aber er liess sich nicht davon abbringen. So machte er nochmals einen Umzug und kaum war er dort eingerichtet, lernte er eine Frau kennen. Mittlerweile sind die beiden fast 5 Monate liiert und planen zusammenzuziehen. Mein Vater wirkt wieder zufrieden, glücklich und wie ein neuer Mensch. Mich freut es für ihn und doch ist es auch schwierig für mich, wenn ich ihn mit seiner Freundin sehe, wie sie miteinander umgehen usw. Sie waren schon 2x bei mir zu Besuch. Ich habe mich immer offen gezeigt und habe mir nichts anmerken lassen.
Mir selber geht es nicht gut. Ich vermisse meine Mutter sehr, ich vermisse das frühere Leben, die Anrufe, die Besuche, die Vertrautheit. Es ist alles so anders geworden. Ich dachte, es wird besser, die Trauer ändert sich, wird schwächer. Das Gegenteil ist passiert. Jeden Tag denke ich an meine Mutter, kann es einfach nicht begreifen, dass sie nicht mehr da ist. Habe keine Möglichkeit darüber mit jemandem zu reden. Im Job muss ich volle Leistung bringen und will mir nichts anmerken lassen (bin Stationsleiter auf einer geschützten Demenzabteilung), versuche meine Mitarbeiter zu motivieren, lache viel und probiere ein gutes Arbeitsklima aufrecht zu erhalten, damit es unseren Bewohnern gut geht. Richtige Freunde, mit denen ich darüber reden könnte, habe ich nicht. Verbringe viel Zeit alleine, gehe gerne in die Berge, habe das Gefühl meiner Mutter dort näher zu sein. Da ich Vollzeit arbeite und dann auch entsprechend müde bin, schlafe ich meistens sehr gut und tief. Es gibt dann wenig Gelegenheit länger über alles nachzudenken. An freien Tagen oder in den Ferien ist das anders. Dann weine ich viel und bin sehr traurig, komme nicht auf einen grünen Zweig, keine Idee, wie es anders werden könnte. Habe das Gefühl, das Leben geht einfach an mir vorbei. Die Sehnsucht nach der früheren Zeit ist riesengross. Natürlich weiss ich rational, dass die Vergangenheit vorbei ist und nicht wiederkommt, natürlich weiss ich rational, dass meine Mutter nich plötzlich wieder vor der Türe stehen kann, natürlich weiss ich, dass es Psychologen gibt oder andere Stellen, an die ich mich wenden könnte. Das ist aber für mich keine Lösung, ich kann mir nicht vorstellen mit fremden Menschen über meine Probleme zu reden, ich kann mir auch nicht vorstellen, wie sie mir helfen sollen.
Vielleicht gibt es ja hier im Forum Menschen, die ähnliche Situationen erlebt haben und mir schreiben können, was ihnen geholfen hat, wie sie wieder positiver in die Zukunft sehen können. Das würde mich freuen. Ich komme da nicht weiter, kann mir momentan überhaupt nicht vorstellen, wie es wieder schöner werden könnte. Herzlichen Dank allen, die sich die Zeit genommen haben meinen Bericht zu lesen.
Als Einzelkind hatte ich eine sehr starke Bindung zu meinen Eltern, sie waren immer für mich da, es war für mich der Ort, wo ich mich zuhause fühlte und einfach sein konnte. Es war nicht alles perfekt, meine Mutter war Alkoholikerin während meiner gesamten Kindheit. Sie hatte aufgehört zu trinken, als ich 18 Jahre alt wurde. Häufig war ich ihr böse, wenn sie betrunken war, liess sie das auch spüren. Und doch habe ich sie immer geliebt. Sie hatte mich auch sehr gern und gab mir alles, was sie konnte. Vor 10 Jahren bin ich in die Schweiz ausgewandert, konnte meine Eltern dann nur noch selten sehen, anfangs bin ich 2-3 x im Jahr zu ihnen gefahren, nachdem mein Vater in Rente ging, kamen sie häufiger zu mir in die Schweiz. Wir konnten zusammen viele schöne Ausflüge machen und waren auch immer an Weihnachten zusammen. Es war schön, mit meiner Mutter telefonierte ich fast täglich. 2014 entschieden sich meine Eltern umzuziehen, näher zu mir, sie verliessen ihre Heimat, wir suchten eine Wohnung in Deutschland, etwa eine Stunde von mir entfernt. So würde es einfacher mit den Besuchen und wenn mal was ist, wären wir schnell beieinander. Wie schnell dies eintreten sollte, hätten wir alle nicht erwartet. Im Dezember 2014 bekam meine Mutter Atemprobleme, mein Vater brachte sie zur Sicherheit ins Spital. Am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf von ihm, meine Mutter wäre im Koma an der Beatmungsmaschine, ich solle schnell kommen. So fuhr ich direkt von meiner Arbeitsstelle aus ins Spital, es war ein schlimmer Anblick meine Mutter so zu sehen. Die Prognose der Ärzte war Besorgnis erregend, sie wüssten nicht, ob meine Mutter nochmals das Bewusstsein erlangt und falls ja, könnte sie evtl. geistige Behinderungen davon tragen. Ich bin dann jeden Tag nach der Arbeit oder zwischen den Arbeitsblöcken zu meiner Mutter ins Spital gefahren, habe versucht mit ihr zu reden, auch wenn sie nicht reagieren konnte. Vor Weihnachten erlangte meine Mutter das Bewusstsein langsam wieder, konnte zwar noch nicht reden aber reagierte und konnte nonverbal auf Fragen antworten. Das machte mich sehr glücklich, sie machte Fortschritte und konnte Anfang 2015 wieder nach Hause, es schien so, das alles wieder gut wurde. Zwei Monate war sie dann mehr oder weniger gesund, sie besuchten mich sogar nochmals in der Schweiz. Ende März 2015 begannen die Atemprobleme erneut. Meine Mutter wollte nicht ins Spital, ich redete lange mit ihr, wollte sie überzeugen, dass man ihr im Spital helfen könne und schliesslich willigte sie ein, dass der Krankenwagen kommen solle. Ich winkte ihr noch zu, als sie in den Krankenwagen gebracht wurde. Am nächsten Tag erhielt ich bei der Arbeit wieder einen Anruf von meinem Vater. Meine Mutter läge im Sterben, sie könnten nichts mehr tun, ich sollte schnell kommen. So fuhr ich wieder ins Spital, sah meine Mutter nach Luft ringen mit aufgerissenen Augen, nicht mehr ansprechbar. Sie lag in einem leeren Mehrbettzimmer, wurde wohl dorthin gebracht, dass sie dort sterben könnte. Ich konnte es nicht ertragen sie so zu sehen, rief den zuständigen Arzt herbei und forderte ihn auf etwas zu tun. Meine Mutter bekommt keine Luft, sie muss wieder an die Beatmungsmaschine! Der Arzt sagte mir, meine Mutter hätte jede Behandlung abgelehnt. Allerdings war sie da schon sehr verwirrt wegen dem Sauerstoffmangel. Ich stritt mich mit dem Arzt und forderte ihn mehrmals auf etwas zu tun. Ich weiss nicht mehr, was wir alles redeten aber irgendwann wurde meine Mutter dann doch an die Beatmungsmaschine angeschlossen. Von da an machte ich mir immer wieder ein schlechtes Gewissen, falls meine Mutter wirklich nicht mehr wollte, dass etwas unternommen wird, dann hätte ich gegen ihren Willen gehandelt. Schneller als beim ersten Mal erholte sich meine Mutter, war nach 10 Tagen ansprechbar und freute sich uns zu sehen. Reden konnte sie zwar noch nicht aber ich hatte das Gefühl, dass es richtig war, was wir entschieden hatten. Allerdings war die Diagnose, schwere COPD, für die Zukunft sehr bedenklich. Nach einem Aufenthalt in einer Fachklinik war meine Mutter wieder in der Lage zu laufen, zu reden, es schien sich gut zu entwickeln. Sie bekam ein mobiles Beatmungsgerät für Zuhause und sollte das täglich mehrere Stunden benutzen, damit sie die Symptome der COPD im Griff behalten könne. So war sie tatsächlich wieder daheim. Wir waren froh, dass es ihr besser ging und dass wir so entschieden hatten. Durch das Beatmungsgerät bekam sie immer mehr Luft im Bauch, wirkte aufgebläht und konnte nicht mehr gut schlafen. Die Tage zuhause waren vor allem für meinen Vater schwierig, er konnte auch nicht mehr schlafen, musste meiner Mutter immer wieder helfen, sie beruhigen usw. Ohne Beatmungsgerät bekam meine Mutter Atemprobleme, mit dem Gerät Schmerzen im Bauch, es war ein hin und her aber sie hielt die Behandlung tapfer durch. Wir telefonierten jeden Tag und ich weiss noch, wie sie mir beim letzten Telefonat erzählte, dass sie Treppen steigen übt und es ganz gut ginge. Am folgenden Tag hatte ich einen Ausflug von der Arbeit aus und konnte sie nicht anrufen. Am nächsten Tag kam ich zur Arbeit und als ich ankam war ein Kollege schon aufgeregt, man hätte mich gesucht. Ich wunderte mich und schon klingelte wieder das Telefon. Ein Bekannter war am Telefon und begann mit meiner Kollegin zu reden, da sie das Telefon abgenommen hatte. Mir war dann sofort klar, was passiert sein muss, ich wollte gar nicht mehr mit ihm reden, sagte meiner Kollegin, ich wüsste was los ist, sie nahm mich in den Arm und ich bin zu meinen Eltern gefahren. Ich weiss noch, wie ich auf der Fahrt zu meinen Eltern mehrere Heissluftballone starten sah und stellt mir vor, dass meine Mutter jetzt in einem davon sitzt auf ihrer Reise zum Himmel. Als ich bei meinen Eltern ankam, sah ich meine Mutter auf dem Sofa liegen, wie wenn sie schlafen würde. Mein Vater hatte ein schlechtes Gewissen, er war gerade mit dem Hund draussen, als meine Mutter durch ein plötzliches Ereignis, vielleicht ein Herzinfarkt oder Lungenödem, verstorben ist. Ihre Beatmungsmaske hatte sie noch abnehmen können, lag auf dem Sofa, das Gerät hörte er schon von draussen piepen. Er machte sich Vorwürfe, dass er ihr nicht mehr helfen konnte. Wir redeten lange, später richteten wir meine Mutter, zogen ihr schöne Sachen an, haben sie nochmals gewaschen und frisiert, am Mittag kam das Bestattungsinstitut, holte sie ab, ich gab ihr einen Teddybär mit, damit sie nicht alleine war. Tags darauf musste wir und endgültig von meiner Mutter verabschieden, wir blieben lange bei ihr im Bestattungsinstitut. Ich war traurig aber begreifen konnte ich es da noch nicht, dass es jetzt ein Abschied für immer war.
Das ist jetzt anderthalb Jahre her. Mein Vater hatte sehr grosse Mühe damit fertig zu werden, er zog in eine kleinere Wohnung, fühlte sich sehr einsam und hilflos. Ich habe ihm oft versucht Mut zu machen und machte mir Sorgen um ihn. Er wurde immer dünner und war eingefallen. Es war schlimm ihn so zu sehen. Wir waren an Weihnachten zusammen aber es war sehr traurig und mühsam. Im Sommer diesen Jahres wollte er unbedingt wieder zurück in seine alte Heimat umziehen. Ich fand das nicht gut, weil er dann ja wieder so weit weg ist aber er liess sich nicht davon abbringen. So machte er nochmals einen Umzug und kaum war er dort eingerichtet, lernte er eine Frau kennen. Mittlerweile sind die beiden fast 5 Monate liiert und planen zusammenzuziehen. Mein Vater wirkt wieder zufrieden, glücklich und wie ein neuer Mensch. Mich freut es für ihn und doch ist es auch schwierig für mich, wenn ich ihn mit seiner Freundin sehe, wie sie miteinander umgehen usw. Sie waren schon 2x bei mir zu Besuch. Ich habe mich immer offen gezeigt und habe mir nichts anmerken lassen.
Mir selber geht es nicht gut. Ich vermisse meine Mutter sehr, ich vermisse das frühere Leben, die Anrufe, die Besuche, die Vertrautheit. Es ist alles so anders geworden. Ich dachte, es wird besser, die Trauer ändert sich, wird schwächer. Das Gegenteil ist passiert. Jeden Tag denke ich an meine Mutter, kann es einfach nicht begreifen, dass sie nicht mehr da ist. Habe keine Möglichkeit darüber mit jemandem zu reden. Im Job muss ich volle Leistung bringen und will mir nichts anmerken lassen (bin Stationsleiter auf einer geschützten Demenzabteilung), versuche meine Mitarbeiter zu motivieren, lache viel und probiere ein gutes Arbeitsklima aufrecht zu erhalten, damit es unseren Bewohnern gut geht. Richtige Freunde, mit denen ich darüber reden könnte, habe ich nicht. Verbringe viel Zeit alleine, gehe gerne in die Berge, habe das Gefühl meiner Mutter dort näher zu sein. Da ich Vollzeit arbeite und dann auch entsprechend müde bin, schlafe ich meistens sehr gut und tief. Es gibt dann wenig Gelegenheit länger über alles nachzudenken. An freien Tagen oder in den Ferien ist das anders. Dann weine ich viel und bin sehr traurig, komme nicht auf einen grünen Zweig, keine Idee, wie es anders werden könnte. Habe das Gefühl, das Leben geht einfach an mir vorbei. Die Sehnsucht nach der früheren Zeit ist riesengross. Natürlich weiss ich rational, dass die Vergangenheit vorbei ist und nicht wiederkommt, natürlich weiss ich rational, dass meine Mutter nich plötzlich wieder vor der Türe stehen kann, natürlich weiss ich, dass es Psychologen gibt oder andere Stellen, an die ich mich wenden könnte. Das ist aber für mich keine Lösung, ich kann mir nicht vorstellen mit fremden Menschen über meine Probleme zu reden, ich kann mir auch nicht vorstellen, wie sie mir helfen sollen.
Vielleicht gibt es ja hier im Forum Menschen, die ähnliche Situationen erlebt haben und mir schreiben können, was ihnen geholfen hat, wie sie wieder positiver in die Zukunft sehen können. Das würde mich freuen. Ich komme da nicht weiter, kann mir momentan überhaupt nicht vorstellen, wie es wieder schöner werden könnte. Herzlichen Dank allen, die sich die Zeit genommen haben meinen Bericht zu lesen.