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Wie lange muss man stark sein?

beihempelsuntermsofa

Sehr aktives Mitglied
Was meinst du eigentlich mit "wie lange muss man stark sein?"?
Wie sähe das aus, wenn du "nicht mehr stark wärst"?
Hast du irgendeine form aktiver trauerbewältigung versucht? Und wenn es nur lektüre zu dem thema war...
Ansonsten vielleicht einfach mal googeln...nach trauerbewältigung, trauerseminar, selbsthilfegruppe...
Oder eine kur? Einfach mal raus aus dem alltag und am besten mit der möglichkeit mit jemandem über alles zu sprechen, was in dir vorgeht.
 
H

Holzrose

Gast
Freu dich doch, dass du 1. deinen Vater noch hast, 2. einen Partner, 3. ein gutes Einkommen somit keine Existenzängste haben musst. Seit meiner Jugend hatte ich nur noch meine eine Oma und meine Mutter, alle anderen waren schon vorher verstorben. Beruflich hatte ich es geschafft, Angestellte in Büros, Sekretariat aber es gab oft Mobbing und kein Verständnis für mich. Weder zuhause noch sonst wo.

Meine Mutter starb vor vielen Jahren und seitdem habe ich keine Menschen mehr, mit denen ich mal was unternehmen kann und die mir vertraut sind bzw. nur meinen Exmann, der aber ein Alkoholproblem hatte und mich ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter damals einmal misshandelte. Musste dabei um mein Leben fürchten.

Ich trennte mich und bin dadurch auf das Existenzminimum gekommen, Rente so niedrig wie Sozialhilfe. Kein Geld um mal auszugehen, nichts. Ich wurde immer allein gelassen. Hatte meinem Ex noch geholfen, von seinem Problem los zu kommen, aber er wollte nichts ändern. Für mich hat niemand Verständnis gehabt, weil man meine Sorgen als "Jammern" abtat und bei mir waren es echte Existenzängste, nachdem ich alle Menschen verloren hatte, versuchte ich wenigstens noch ein Leben haben zu können, dass nicht am Existenzminimum ist aber Pustekuchen, auch das ist mir nicht mehr möglich. Du fragst wie lange muss man stark sein? Ja, ein ganzes Leben lang.
 

Lonely76

Neues Mitglied
beihempelsuntermsofa - Danke Dir für Deine Antworten!

Für meinen Vater freue ich mich vor allem, dass er wieder glücklich ist. Er hätte wohl nicht mehr lange gelebt, wenn er allein geblieben wäre. Jetzt hat er wieder eine Perspektive und erlebt schöne Tage. Das beruhigt mich sehr. Und doch merke ich auch, dass die Bindung zu mir lockerer geworden ist. Wir telefonieren selten und Entscheidungen trifft er nun meistens ohne mich. Das macht mich vom Gefühl her noch einsamer aber ich akzeptiere es, auch dass er Weihnachten nun nicht bei mir ist, das hat mich schon enttäuscht aber ich würde ihm das nie so direkt sagen.

Das einzige, was mir im Leben wirklich Freude macht sind die Touren in den Bergen und das Fotografieren der Landschaften. Das gefällt mir sehr und ich bin auch viel unterwegs in der Freizeit. Obwohl es in letzter Zeit manchmal so war, dass ich mir den Wecker gestellt habe, damit ich früh los komme zum Wandern und dann doch liegen geblieben bin weil mir die Energie fehlte.
Ich würde gerne mehr Zeit investieren, meine Touren öfters durchführen, mehr Zeit haben für Berichte, Fotos sortieren, vielleicht auch Kalender erstellen usw. aber durch meinen Beruf fehlt mir dafür die Zeit. Nach der Arbeit bin ich k.o. und oft für nichts mehr zu gebrauchen. Freie Tage sind eher selten und dann muss auch das Wetter passen. Ich freue mich diesbezüglich auf die Zeit, wenn ich nicht mehr arbeiten muss, wenn ich in Rente bin und hoffe, dass ich dann noch gesund bin um schöne Touren zu machen.

Du hast schöne Ideen, ein Buch schreiben, einfach alles aufschreiben, was man erlebt hat, was man fühlt, ja das könnte vielleicht mal eine Möglichkeit sein, sich die Sachen von der Seele zu schreiben. Mal schauen.
Kurz nach ihrem Tod habe ich einen Brief an sie geschrieben. Es war mir wichtig aber hatte keinen besonderen Grund. Als wir dann eine Feier für sie hier in der Schweiz organisiert haben in Zusammenarbeit mit einem Pfarrer, da fiel mir der Brief wieder ein und ich habe ihn schliesslich vorgelesen, vor allen Gästen. Das war sehr schwierig aber hat mir geholfen. Meine Mutter wurde kremiert und ich habe ihre Urne bei mir zuhause. Das ist in der Schweiz möglich und war mit meiner Mutter abgesprochen. Sie wollte eigentlich anonym bestattet werden. Als ich ihr mal erzählte, dass es in der Schweiz möglich ist die Urne daheim zu haben, da gefiel ihr diese Vorstellung sehr.

Die Beziehung zu meiner Mutter war sehr intensiv, ich bereue, dass ich ihr nicht mehr gesagt habe, wie viel sie mir bedeutet hat und wie lieb ich sie habe. Aber ich habe immer darauf vertraut, dass sie das spürt. Und wie sie mit mir umgegangen ist, das war für mich ein Zeichen, dass sie das wusste.

Wie lange stark sein, damit meine ich, dass es mich belastet immer stark zu sein, immer zu funktionieren, immer wieder die Trauer zu verdrängen und weiter zu machen. Rational gibt es keinen anderen Weg, emotional würde ich manchmal am liebsten aufgeben, einfach daheim bleiben und mich völlig zurückziehen, einfach "abtauchen" und frei sein von allen Verpflichtungen. Das würde aber meine Arbeitsstelle gefährden und auch meine Beziehung, das will ich nicht riskieren.
 

Lonely76

Neues Mitglied
Holzrose - auch Dir danke für Deine Schilderung.

Mir tut es sehr leid, was Du erlebt hast und erlebst. Ich mag dagegen viel besser gestellt sein, gut möglich. Und doch lebt jeder sein Leben. Wenn Menschen ein schlimmeres Schicksal erleben müssen, als ich selber, dann fühle ich mit diesen Menschen, sie tun mir leid. Ganz klar.
Letztlich lebt jeder sein ganz eigenes Leben. Es hilft mir nicht weiter, wenn ich weiss, dass andere Menschen Schlimmeres erleben müssen. Dadurch wird meine eigene Trauer ja nicht weniger, was ich fühle, das kann ich nicht mildern, indem ich weiss, dass andere Menschen sich noch schlechter fühlen.

Dass meine ich damit, wie lange muss man stark sein - wenn ich mich gehen lasse, mich von meinen Gefühlen leiten lasse, dann würde ich Vieles verlieren, meine Arbeitsstelle riskieren, meine Beziehung gefährden, usw.

Daher rede ich nicht über meine Situation, bin nach aussen stark und lasse niemanden spüren, dass ich traurig bin. Aber kann man das wirklich ein Leben lang durchhalten? Darf man in unserer Welt wirklich nicht mehr schwach werden ohne alles zu gefährden?
 
H

Holzrose

Gast
Holzrose - auch Dir danke für Deine Schilderung.

Mir tut es sehr leid, was Du erlebt hast und erlebst. Ich mag dagegen viel besser gestellt sein, gut möglich. Und doch lebt jeder sein Leben. Wenn Menschen ein schlimmeres Schicksal erleben müssen, als ich selber, dann fühle ich mit diesen Menschen, sie tun mir leid. Ganz klar.
Letztlich lebt jeder sein ganz eigenes Leben. Es hilft mir nicht weiter, wenn ich weiss, dass andere Menschen Schlimmeres erleben müssen. Dadurch wird meine eigene Trauer ja nicht weniger, was ich fühle, das kann ich nicht mildern, indem ich weiss, dass andere Menschen sich noch schlechter fühlen.

Dass meine ich damit, wie lange muss man stark sein - wenn ich mich gehen lasse, mich von meinen Gefühlen leiten lasse, dann würde ich Vieles verlieren, meine Arbeitsstelle riskieren, meine Beziehung gefährden, usw.

Daher rede ich nicht über meine Situation, bin nach aussen stark und lasse niemanden spüren, dass ich traurig bin. Aber kann man das wirklich ein Leben lang durchhalten? Darf man in unserer Welt wirklich nicht mehr schwach werden ohne alles zu gefährden?
Es geht nicht darum, dass du Zeit verschwenden sollst, indem ich dir evtl. leid tue. Dadurch geht es mir auch nicht besser. Im Grunde wollte ich dir nur sagen, dass du mal dankbar sein solltest für das, was dir geblieben ist. Meine Trauer wird auch nicht weniger, wenn ich dir leid tue.
 

beihempelsuntermsofa

Sehr aktives Mitglied
meine mutter hat mir vor 40 jahren ins poesiealbum geschrieben:
"Das sind die starken im leben, die unter tränen lachen, trotz eigenem herzeleid die anderen glücklichmachen."
An den spruch denk ich in letzter zeit oft, denn erst jetzt weiss ich, was sie damit gemeint hat.
 

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