Hallo liebe tropenstrand,
ich will (als Mann) mal versuchen Dir hier etwas nützliches zu schreiben ohne Dir "auf die Zehen zu treten".
Da wäre zuerst Dein Pseudonym:
es ist nicht falsch dem Leben positiv gegenüber zu stehen;
es ist auch nicht falsch Wünsche und Träume zu haben. Sie treiben uns an sie zu verwirklichen soweit wir können;
es ist ebenso nicht falsch positiv in die Zukunft zu schauen.
Welchen Namen Du Dir auf den Dating-Apps gegeben hast, weiß ich nicht, hier nennst Du Dich "tropenstrand". Und auch wenn man dem Nick nicht allzu viel Bedeutung beimessen sollte, suggeriert Dein Nick aber doch schon, daß Du durchaus auch große - im Sinne von "teure" - Wünsche hast. Du wirst zugeben, daß Du damit schon viele Kandidaten von vornherein ausschließt, weil sie sich das schlicht nicht leisten können (oder wollen). Schnell kommt da der Verdacht auf, daß Du einen "Finanzier" für Deine Vergnügungen suchst. Das muß nicht zutreffen, aber es entsteht bei manchen vermutlich eben dieser Eindruck.
Dann fielen mir Deine Kategorien auf:
es gibt Sex-Dates, Uninteressante und Desinteressierte.
Wenn's nur zwischen den großen Zehen juckt, reicht ersteres. Sucht man mehr, gar Liebe, schaut man genauer hin, liest weiter.
Das Problem mit online-Dating ist jedoch: alle sind plötzlich Wissenschaftler, Psychologen und wissen genau, was der/die andere will bzw. wie er/sie zu sein hat. Jede/r stellt sich im besten Licht dar um nicht von vornherein auszuscheiden. Selbst ehrliche User werden negative Seiten an sich selbst verschweigen oder zumindest verharmlosen. Und schon ist man geblendet von einer Welt voller schöner, fehlerloser Kandidaten, die es in Wirklichkeit aber gar nicht gibt und woran man dann auch nicht glaubt. Jede/r hat Macken, "Ecken und Kanten" - auch Du. Da sich aber alle mehr oder weniger perfekt darstellen, ist dieses "machting-System" von vornherein zum Scheitern verurteilt. Es mag ein paar Ausnahmen geben, wo die Paare wirklich glücklich miteinander werden. Allgemein aber findet jede/r - weil sie ja plötzlich alle Wissenschaftler, Psychologen sind - bei jeder/-m anderen ein "Haar in der Suppe". Und ganz ehrlich: sich in ein paar schöne Worte und vielleicht ein Bild "verlieben" ist etwas anderes als einen Menschen real zu erleben und kennen zu lernen. Es gibt sicher Merkmale, die sich bei vielen ähneln. Aber es gibt nicht zwei wirklich gleiche Menschen auf der ganzen Welt. Selbst eineiige Zwillinge mögen zwar gleich aussehen, haben jedoch zwangsläufig verschiedene Charaktere, Vorlieben, Hobbies, Wünsche etc. pp. Online-Dating halte ich für sinnvoll um ins Gespräch zu kommen - mehr aber auch nicht. Die Absicht dahinter ist ja vor vornherein klar: man sucht eine/n Partner/in. Und gerade das halte ich für hinderlich ein zwangloses Kennenlernen ohne eben diesen stillschweigenden Druck: es muß...
Als junge Frau wirst Du die digitalen Medien jedoch bevorzugen. Diese Sucht greift immer mehr um sich. Reale Begegnungen werden seltener und die Menschen im direkten Umgang miteinander immer unbeholfener. Es fehlt die Erfahrung der direkten Interaktion. Man liebt oder haßt (hatet) digital. Und dann leidet man auch noch unter "ghosting", weil man plötzlich keine Reaktion mehr erhält. Das ist die "schöne neue Welt"? Der treueste und geliebteste Begleiter ist kein Mensch mehr sondern - das Handy. Und viele suchen fast zwanghaft nach schönen Erlebnissen und guten Nachrichten - auf dem Handy! Das Ding - es ist nur ein Stück Technik - mal liegen zu lassen und sich einfach mal dem Risiko menschlicher Begegnungen auszusetzen scheuen viele, denn: hinter dem Handy kann man sich wunderbar verstecken und es, sollten einem die Infos gar nicht passen, "wegwischen" oder im Zweifel ausschalten (was aber auch vielen bereits wieder unmöglich erscheint).
Nun schreibst Du selbst, daß Du keinen "Stubenhocker" willst, bist also scheinbar gern unterwegs, erlebst gern neues. Warum hälst Du da nicht die Augen offen? Erzwingen kann man sowieso nichts im zwischenmenschlichen Bereich, aber Du könntest doch z. B. einen freundlichen oder anerkennenden Blick freundlich erwidern? So haben sich die Leute früher kennen gelernt. Man kam ins Gespräch, gefiel sich oder auch nicht, bemerkte einen Ring am Finger oder dessen Fehlen usw. usw.
Warum soll unbedingt es "online" sein? Vielleicht übersiehst Du dadurch gerade jetzt einen vielversprechenden Bewerber? Es ist natürlich Dein Leben und Du entscheidest, was Du tust. Aber denke mal darüber nach, ob diese Profile, die Dir ein emotionsloses "machting-System" anzeigt, wirklich die Erfüllung sind. Erfolglos gesucht hast Du nun lange genug wie Du schreibst. Und um auf Deine Titelfrage zurück zu kommen: verlieben im eigentlichen Sinne kann man sich nur in Dich, nicht in Dein Bild oder Deine Texte.
Viele Grüße